Das Verteidigungsministerium steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Kritik daran kommt von Rot und Blau. Die „verkaufte Effizienzsteigerung“ sei in Wahrheit türkiser Postenschacher.
Wien, 14. Juni 2021 | Die Heeresführung und das Verteidigungsministerium stehen vor einer großen Strukturreform. Zentraler Plan: Verschlankung und Effizienzsteigerung. So soll die Zentralstelle künftig nur mehr aus drei statt bisher fünf Sektionen bestehen, zwei davon sollen von Zivilisten geführt werden.
Generaldirektor-Posten geht an Tanner-Vertrauten
Der Generalstab soll als Generaldirektion für Landesverteidigung gleichzeitig Teil des Ministeriums und des Bundesheeres sein. Diese vom Generalstabschef geführte Generaldirektion für Landesverteidigung besteht aus acht weiteren Direktionen, in denen alle Bereiche des Heeres unterteilt sind, von Logistik über Nachrichtendienste, Luft- und Landstreitkräfte bis zur Beschaffung und Gesundheitswesen.
Ausgearbeitet wurde die Reform dem Vernehmen nach federführend vom Generalsekretär von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Dieter Kandlhofer. Er soll nach dem Umbau eine der beiden zivilen Direktionen leiten. Generalstabschef Robert Brieger behält seine Funktion, bis er als Leiter des Militärausschusses der Europäischen Union im Mai 2022 nach Brüssel wechselt. Alle anderen Führungsfunktionen werden neu ausgeschrieben. Für die Truppe ändert sich durch die neu Führungsstruktur nichts.
Kritik an türkisem Postenschacher
Kritik daran kam von SPÖ und FPÖ. Für den roten Wehrsprecher Robert Laimer ist die “verkaufte Effizienzsteigerung” in Wahrheit eine “türkise Postenbesetzung für den Kabinettschef und den Generalsekretär”. „Was als ‚Effizienzsteigerung‘ verkauft wird, ist in Wahrheit eine türkise Postenbesetzung für den Kabinettschef und den Generalsekretär. Die Blaupause dafür ist die ‚Polizeireform‘ von Ernst Strasser in den 2000er Jahren. Damals wurde der Grundstein gelegt, die Polizei und das mittlerweile kaputte BVT als ÖVP-Vorfeldorganisation zu instrumentalisieren“, meint Laimer.
Offenbar sollen durch die Ausgliederung des Generalstabs die Soldaten “mit aller Gewalt aus dem Ministerium hinausgedrängt werden”. Dass das höchste Personalvertretungsorgan, der Zentralausschuss des BMLV, bis dato nicht über die Reform informiert worden sei, sei unverständlich und ein “Zeichen von mangelnder Wertschätzung gegenüber den Heeresbediensteten”, hieß es.
Eine “unverschämte türkise Umfärbung” des Ministeriums ortet der freiheitliche Wehrsprecher Reinhard Bösch. Die von Tanner geplanten Strukturänderungen seien nicht auf sachliche Argumente zurückzuführen, sondern lediglich eine “Kopfgeburt” des Generalsekretärs der Ministerin, so Bösch. Die Gefahr, dass nach dem Innenministerium nun auch das Ministerium für Landesverteidigung zu einer türkisen Vorfeldorganisation umgestaltet werde, sei “gravierend”. Und auch SPÖ-Laimer meint: „Die politische Motivation, langgediente Sektionsleiter mit hoher Expertise zu entfernen, weil sie nicht Teil der türkisen Familie sind, lässt tief blicken.“
(red/apa)
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