Sonntag, November 3, 2024

SPÖ für Vier-Tage-Woche – Letzte Arbeitszeitverkürzung vor 45 Jahren

Letzte Arbeitszeitverkürzung vor 45 Jahren

Die SPÖ hat sich für die schrittweise Einführung der Vier-Tage-Woche ausgesprochen. Beispiele aus Island und Neuseeland würden die Vorteile der Arbeitszeitverkürzung zeigen. Die Wirtschaftskammer ist dagegen.

Wien, 09. Juli 2021 | Die SPÖ folgt einem Plädoyer der Gewerkschaft GPA und fordert die schrittweise Einführung der Vier-Tage-Woche. Eine Arbeitszeitverkürzung sei angesichts der herrschenden Arbeitsmarktkrise alternativlos, so die SPÖ. Vor den Sozialdemokraten hatte sich schon die Gewerkschaft GPA für die Vier-Tage-Woche stark gemacht. Zuletzt wurde die Regelarbeitszeit unter der Kreisky-Regierung 1975 auf 40 Stunden reduziert. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schlug eine geförderte Arbeitszeitverkürzung vor. 95 Prozent Gehalt bei 80 Prozent Arbeitszeit. In einer ersten Phase soll der Staat fördernd einspringen, bis sich das neue Modell etabliert habe.

Wirtschaftskammer gegen SPÖ-Muchitsch

Karl-Heinz Kopf von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) kann dem SPÖ-Vorstoß nichts abgewinnen. Er sieht die Möglichkeit der Vier-Tage-Woche durch die Arbeitszeitflexibilisierung von 2018 bereits gegeben. Diese sah jedoch unter anderem den 12-Stunden-Tag und tendenziell längere Arbeitszeiten vor. “In Zeiten omnipräsenten Fachkräftemangels mit aktuell 85 Mangelberufen, in denen händeringend nach Fachkräften gesucht wird, geht eine solche Idee völlig an der Realität vorbei“, so Kopf zur Vier-Tage-Woche, der stattdessen auf Druckmittel durch das AMS auf Arbeitslose setzt.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch verweist im Gespräch mit ZackZack auf die verstaubte Position der WKÖ: „Die Wirtschaftskammer hat hier eine Einstellung aus dem vorigen Jahrhundert. Alle Firmen, die bislang diesen Schritt gewagt haben, haben mit dieser Entscheidung keinen Fachkräftemangel mehr, weil das Unternehmen attraktiver für Arbeitnehmer geworden ist.“ Muchitsch verweist darauf, dass Unternehmen, die die Vier-Tage-Woche etabliert haben, nie wieder zum alten Modell zurückkehren wollen. Es gäbe „immer mehr Unternehmen weltweit, die das forcieren und umsetzen. Die Arbeitswelt verändert sich ständig, man muss auch die Arbeitszeiten an das 21. Jahrhundert anpassen“, so Muchitsch.

Beispiel Frankreich

In Frankreich gilt schon länger eine verpflichtende Regelarbeitszeit von 35 Stunden pro Woche. Seit ihrer Einführung ist sie von ideologischen Grabenkämpfen begleitet. Die progressiven Kräfte und Gewerkschaften betonen die Steigerung der Produktivität, Konservative und Unternehmerkreise warnen stets vor der Gefahr des sinkenden Wirtschaftswachstums.

Realität in Island

In Island ist die Vier-Tage-Woche seit kurzem für fast alle Beschäftigten umgesetzt. Auswertungen zeigen, dass die Produktivität und Leistungserbringung unter der verkürzten Arbeitszeit nicht gelitten haben. Arbeitnehmer waren ausgeruhter und glücklicher als vorher, Unternehmen spürten keine Veränderung oder konnten ihre Umsätze sogar leicht erhöhen, so das Fazit.

Auch in Neuseeland liegen erste Erkenntnisse zur Vier-Tage-Woche vor: Die Fonds-Gesellschaft „Perpetual Guardian“ beschäftigt Arbeitnehmer schon seit 2018 nur noch vier Tage pro Woche. Die Ergebnisse sind überraschend: So hat sich die Produktivität um 20 Prozent erhöht, während das Stressniveau der Mitarbeiter klar gefallen ist.

(dp)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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