Blümel und Novomatic übernahmen Kontrolle bei CASAG
Bisher wurde vor allem über Blümel gesprochen. Jetzt zeigen Nachrichten vom Minister selbst: Er half dem Glücksspielkonzern Novomatic, die Casinos-Konkurrenz auszubooten.
Wien, 19. Juli 2021 | Es ist Frühling 2018. Hinter den Kulissen tobt bei der Casinos Austria AG (CASAG) ein erbitterter Kampf. Die CASAG hat drei große Aktionäre: Die Republik, den niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic und einen Mehrheitsaktionär aus dem Ausland, die tschechische Sazka Group. Sazka und Novomatic haben einen Vertrag, der ihre Stimmrechte in der Aktionärsversammlung aneinander bindet, doch die Novo hat andere Pläne: Sie will die Kontrolle in der CASAG übernehmen. Dazu braucht sie die Stimmanteile der Republik. Bringen soll sie der damalige Kanzleramtsminister und Regierungskoordinator: Gernot Blümel.
Blümel und Novomatic: Die österreichische Lösung
Dutzende Whatsapp-Nachrichten beweisen, wie stark Blümel in den Kampf um die Casinos eingebunden war. So vereinbarten der Minister und Novo-Eigentümer Johann Graf für 13. März 2018 ein Treffen auf dem Schloss des Glücksspiel-Milliardärs. Und schon wenige Wochen nach Angelobung der türkisblauen Regierung hatte Blümel einen Termin für Novomatic-CEO Harald Neumann bei Bundeskanzler Kurz zum Thema CASAG eingefädelt. Stets ging es um die “österreichische Lösung”, also eine CASAG ohne Beteiligung der Sazka und mit einer Mehrheit für die Novo.
Die Sazka bekommt Wind von der Sache und verlangt eine Hauptversammlung. Die Sazka-Leute wollen einen neuen, vierten Vorstand bestellen, der von den Tschechen bestimmt würde. Novomatic und Blümel verhindern das gemeinsam. Dazu vereinbaren Neumann und Blümel über Thomas Schmid einen geheimen Termin: „Heute um 20.00 Uhr Abstimmung mit Gernot Blümel. Ort dürfen wir dir noch sagen. Bitte mach´s möglich :- )).“ Neumann organisiert schließlich eine “ruhige Ecke” im Nobelhotel Hyatt.
Zwei Monate später ist es soweit: Die CASAG-Hauptversammlung soll die Verhältnisse beim Glücksspielkonzern klären. Zum ersten Mal gibt es eine Reihe bisher unveröffentlichter, ganz offener Nachrichten von Blümel selbst. Sie liegen ZackZack vor.
Der Tag der Entscheidung
Am 19. Juni 2018 – einen Tag vor der Hauptversammlung der Casinos-Aktionäre – schreibt Thomas Schmid um 17:39 an Blümel: “Bitte rufe mich heute dringend an! Casino!”
Blümel und Schmid telefonieren. Offenbar soll Blümel persönlich die österreichischen Lösung finalisieren, also den Deal mit der Novomatic unter Dach und Fach bringen. Denn um 20:13 schreibt Blümel an Schmid: “Novo sollte passen”.
Am nächsten Vormittag, dem großen Tag, fragt Blümel bei Schmid nach, ob alles klar sei: “Was heißt das von Neumann? Gut oder schlecht?” Schmid antwortet: “Gut – Österreich gegen Tschechien und wir überstimmen sie mit österreichischer Mehrheit”.
Die beiden planen auch schon die Message-Control samt gewünschter Headline: “Schlagzeile – Österreicher setzen sich gegen Tschechen durch”, schlägt Schmid vor. Blümel gefällt das: “??”
Noch am selben Abend – nach gelungener Aktion – ruft Neumann Blümel an, erreicht ihn aber nicht. Der Minister hat keine Zeit. “Schaffe es nicht mehr. Lass uns morgen tel LG Gernot” Am Kanzlerfest im Palais Schönburg, das beide besuchten, hatten sie einander verpasst. “Ok, habe das Fest schon verlassen :))”, bedauert Neumann. Doch ihre Aktion war erfolgreich. Vielleicht waren ja die Worte von Sebastian Kurz in dessen Eröffnungsrede auch an die Casinos-Verschwörer gerichtet: “Wer so viel geleistet hat, darf auch ruhig einmal feiern.”
Die Mehrheit aus Stimmen der Republik und Novomatic sorgt für eine starke ÖVP-Fraktion im Aufsichtsrat der Casinos. Ex-Vizekanzler Josef Pröll und Raiffeisen-General Walter Rothensteiner berufen als Aufsichtsräte im folgenden Jahr FPÖ-Mann Peter Sidlo und die ehemalige ÖVP-Vizechefin Bettina Glatz-Kremsner in den Casinos-Vorstand. Die Folgen sind bekannt. Es dauert nicht lange, bis für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung gilt.
(tw)
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