Donnerstag, März 28, 2024

SPD gewinnt Bundestagswahl – Polit-Erdbeben

Polit-Erdbeben:

Zum vierten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte geht die SPD als erste ins Ziel. Für die CDU ist es das historisch schlechteste Ergebnis. Laschet will sich derweil ins Kanzleramt retten – und bekommt ein Scherbengericht.

Wien, 27. September 2021 | Die SPD gewinnt nach 1972, 1998 und 2002 zum vierten Mal die deutsche Bundestagswahl. Mit Finanzminister Olaf Scholz darf sich damit erstmals seit der Schröder-Ablöse 2005 wieder ein Sozialdemokrat realistische Hoffnungen auf das Kanzleramt machen.

Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg: die Königsmacher heißen Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP). Beide wollen erst zu zweit verhandeln, da es zwischen den beiden Mittelparteien die größten inhaltlichen Differenzen gebe, so Habeck. Danach wolle man mit SPD und CDU über etwaige Bündnisse reden. Grünen-Star Habeck wittert jetzt innerparteilich Morgenluft. Nach der unterlegenen Kanzlerkandidatur hatte er zunächst verschnupft reagiert und Kollegin Annalena Baerbock Experten zufolge nur halbherzig unterstützt. Jetzt soll er de facto Verhandlungsführer der Grünen werden. In Schleswig-Holstein konnte er erstmals ein Direktmandat holen.

Stimmen von CDU, Linken, AfD – und Nichtwählern

Während die SPD 25,7 Prozent erreicht (+5,2), fällt die CDU auf 24,1 (-8,9). Für CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen ist sie damit „nicht mehr Volkspartei“. Die Grünen schaffen es auf 14,8 Prozent (+5,8) und erreichen damit ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Die liberale FDP gewinnt leicht hinzu (+0,7) und kommt auf 11,5. Sie lässt damit die AfD hinter sich, die mit 10,3 Prozent gerade noch zweistellig bleibt (-2,3). Die Linke fällt mit 4,9 Prozent (-4,3) zwar unter die 5-Prozent-Hürde, wird aber wohl als kleine Gruppe im Bundestag vertreten sein, da sie drei Direktmandate erringen konnte.

Bitter für die Union ist, dass auch Hochburgen wie das Saarland verloren gingen. Nordrhein-Westfalen, immerhin das Stammland von Ministerpräsident Armin Laschet, ist seit Sonntag wieder rot. Derweil setzt die SPD im Osten zu einem ungeahnten Höhenflug an: die Sozialdemokraten sind vor AfD und CDU stärkste Partei in den Bundesländern der ehemaligen DDR. Dies dürfte auch an spannenden Wählerwanderungen liegen – und zwar von Parteien, die in den letzten Jahren im Osten vor der SPD lagen: knapp 2 Millionen wanderten von der CDU zur SPD, 820.000 von den Linken, 420.000 kamen von der AfD. Überraschend: ganze 1,25 Mio. Nichtwähler konnten die Roten mobilisieren, wie die Zahlen von Infratest Dimap zeigen.

Für eine Überraschung sorgte vor allem der SPD-Kandidat aus Südthüringen, Frank Ullrich. Im für die Roten traditionell schwierigen Pflaster holte er das Direktmandat und verwies den umstrittenen CDU-Rechtsaußen, Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, auf die Plätze. Dieser räumte eine „schwere Niederlage“ ein. Im Vorfeld hatten die Grünen und vereinzelt Liberale zur Wahl von SPD-Ullrich aufgerufen.

Ampel oder Jamaika?

Wer Deutschland künftig regieren wird, ist völlig offen. Rechnerisch möglich sind sowohl die „Ampel“ (SPD, Grüne, FDP), ein „Jamaika“-Bündnis (CDU, Grüne, FDP), die Große Koalition unter SPD-Führung oder auch die relativ unwahrscheinlichen Varianten „Kenia“ (SPD, CDU, Grüne) bzw. „Deutschland“ (SPD, CDU, FDP). Für ein Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linken reicht es knapp nicht. Von Wahlsieger Olaf Scholz wird eine Ampel favorisiert, mit der auch große Teile der Grünen sympathisieren. Doch die FDP liebäugelt mit einem Jamaika-Bündnis. Für die CDU wäre das die einzige Möglichkeit, trotz der massiven Verluste das Kanzleramt zu behalten.

Armin Laschet verblüffte noch am Wahlabend, als er in der Elefantenrunde aus dem desaströsen Ergebnis der CDU einen Regierungsanspruch ableiten wollte. Am Montag rudert er dann zurück und verwies auf ein „verändertes Parteiensystem“.

Scherbengericht bei den Konservativen

Unterdessen brodelt es in der Union. Während sich die CSU am Wahlabend überraschend regierungsfreudig zeigte, scheint sie einen Tag später in der Realität angekommen zu sein. Auch die Niederlage wird jetzt zugegeben. Am Sonntag sprach man noch von einem Kopf-an-Kopf-Rennen – auch, als der SPD-Vorsprung immer größer wurde.

Laschet bekommt auch aus den eigenen Kabinettsreihen Druck. Bei CDU-Gesundheitsminister in NRW, Karl-Josef Laumann, soll es laut „Bild“ einen regelrechten Wutausbruch gegeben haben: „Es reicht jetzt! Ich bin es endgültig leid! 1,5 Millionen Wähler sind direkt von CDU zur SPD gegangen. Die CDU ist jetzt nur noch 2-mal FDP!“ Nach Informationen des Boulevardblatts gebe es zur Stunde in der CDU-Zentrale ein politisches Scherbengericht. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist sauer: „Es sind Fehlentscheidungen in der Vergangenheit gewesen, inhaltlicher Art, in der Regierung und auch in der personellen Aufstellung“, so der CDU-Politiker vor Beratungen der Parteispitzen in Berlin. Er sehe keinen Regierungsauftrag für seine Partei und bringt Laschet damit gehörig unter Druck. Am Sonntag hatte schon Sachsen-Anhalts Landeschef Reiner Haseloff massive Kritik am unglücklichen Laschet-Wahlkampf geübt.

Laut aktueller Forsa-Umfrage am Tag nach der Wahl wollen lediglich 27 Prozent der Deutschen, dass Laschet es überhaupt versuchen solle, nach der Niederlage in Koalitionsverhandlungen zu gehen. 60 Prozent wiederum wollen eine Regierung unter Führung von Olaf Scholz. 40 Prozent wünschen sich eine Ampel, nur 30 Jamaika.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

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26 Kommentare

  1. Der Olaf Scholz (eine Merkel Kopie?) war ja bisher ein Totalversager, mit einem Wählerzuspruch von nur 25% von einem Erdrutsch zu sprechen, ist doch maßlos übertrieben! Erschreckend sind aber die Gestalten hinter Scholz: Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans, Kevin Kühnert, Michael Müller u.a.

  2. Immerhin haben viele die cdu abgewählt, aber immer noch zu wenig. Meiner Meinung liegt das vor allem an der Überalterung der Gesellschaft & der Politikverdrossenheit der wenigen Jungen…..

  3. Seit 16 Jahren hat sich Frau Merkel wie eine Grabplatte über Deutschland und Europa gelegt, es ist nun einer Zeit einen letzten Blick auf die tote CDU zu werfen, bevor das Grab endgültig geschlossen wird. Es wird ka schöne Leich.

  4. Laschet wird trotzdem ins Kanzleramt einziehen. Die FDP und die Grünen werden das möglich machen. Die Zugeständnisse an die Königsmacher werden vielleicht etwas größer.

    Und alle drei Parteien werden sich damit herausreden, dass sie es nur in großer Demut in ihrer Verantwortung dem Volk und dem Staat gegenüber machen mussten.

    • Das denke ich nicht. Ich gehe von der Ampel aus. Laschet ist angeschlagen, innerhalb der CDU umstritten (und alle, die aus dem Bundestag fliegen, sind sauer auf ihn). Laschet, so sagt man in D, ist erpressbar geworden durch seine Partei, weil sie ihn jederzeit absägen könnten. FDP-Abgeordnete nicken dazu, wenn sie damit konfrontiert werden. Und einen erpressbaren Bundeskanzler wird die FDP nicht tragen können. Auf den ist kein Verlass. Und für die EU ebenso untragbar. Die FDP würde die EU zerstören, trüge diese Verantwortung in Jamaica. Das Risiko gehen sie nicht ein.

  5. Wichtig: Der Merkel-Kurs wurde nicht abgewählt – den gab es ja nur unter Merkel. Was man verhindert hat, ist eine zukünftige Politik dieser merkwürdigen Figuren Laschet und Söder. Ich werde jetzt persönlich, aber das muss sein: Laschet macht für mich immer den Eindruck, als ob er nicht bis 4, sondern nur bis 3 zählen kann, verhält sich situationsUNangemessen in sämtlichen Bereichen und besticht durch historisches Nichtwissen (Mauerfall 1990 usw). Söder ist lediglich für’s Anzapfen beim Oktoberfest geeignet. Mit Söder und (hoffentlich) einer Ampelkoalition weht ein frischer Wind aus Hamburg. Vielleicht gelingt es der CDU ja, sich einmal von der CSU zu emanzipieren, dann sehe ich irgendwann wieder eine Chance für diese Partei. Jetzt ist einmal Schluss mit lustig.

    • Sorrrrryyyy: Es muss natürlich heißen “Mit Scholz und (hoffentlich) ….. War eine lange Nacht…

    • Ich habe Grün gewählt und hoffe auf eine Ampel-Koalition.

      Ihr Urteil, Summasummarum, gegenüber Laschet und Söder finde ich unfair. Wieso sollen das “merkwürdige Figuren” sein? Die zwei sind kompetente und anständige Politiker, mit denen man als Sozi oder als Grüner jeder Zeit gut koalieren kann. Und gegenüber deren Wählern ich ebenfalls Respekt habe.

      Wir haben in Deutschland nicht diese dumme Art von verbalem Bürgerkrieg (den vor allem Kurz&Co und Kickl betreiben). Wir respektieren uns gegenseitig – als Gegner, die kooperieren können, wenn es die Situation nahelegt.

      Bayern wird seit Ewigkeit von der CSU regiert. Ich hab mein Leben lang in Bayern gelebt und gearbeitet – und nie auch nur erwogen, einmal CSU zu wählen – und ziehe trotzdem meinen Hut vor dieser Partei. Ich habe mich nie eingeengt gefühlt, ich hatte immer den Eindruck, Bayern wird solide verwaltet und regiert, auch wenn ich in wichtigen Fragen immer wieder einmal entschieden contra CSU-Politik war. Nur eine Phase gab es, da hab ich mir mal Sorgen gemacht: als nach 2015 die CSU meinte, partiell AfD-Politik machen zu müssen. Man hat 2x Orban eingeladen … Die CSU-Wähler und CSU-Mitglieder haben diesem Kurs eine klare Absage erteilt, die Parteispitze hat rasch genug gelernt und das Ruder herumgerissen. Das ist ein interessanter Unterschied zu Österreich.

      Also, ich bin kein CSUler, aber ich respektiere diese Partei.

      Die Sprache des primitiven fiesen Niedermachens spricht nicht für diejenigen, die diese Sprache sprechen. Da geht es wohl nicht um Politik, sondern um das Bedürfnis, durch Geifern Frust abzulassen.

      • Ich liebe die Bayern (hab auch Verwandte nahe München), aber die CSU bringt leider immer wieder seltsame Politiker heraus. F.J. Strauss – no comment, Stoiber – man hatte schon Mitleid mit ihm, Söder – der kleine Bruder von Kurz.. Die CSU ist leider nur so gut wie ihre Leute. Zu Laschet: Die Partei will ihn nicht, die Wähler wollen ihn nicht, er sagt: “Ich habe einen Auftrag”. Den hat er schon verloren, als er sich anl. einer PK zur Flutkatastrophe im Hintergrund zerkugelt hat. Im Prinzip ist die Politik in D facettenreicher, somit interessanter und wichtiger für das große Ganze (EU, weltweit). Da spielt Laschet aufgrund seiner verheerenden Performance in einer Außenseiterposition. So wie Kurz, nur aus anderen Gründen. In D hätte ich mich zwischen Rot und Grün entschieden, Tendenz Grün. Wegen der Sache, dem Team, nicht der Kandidatin.
        Für Ihre sachliche Antwort (den letzten Satz lasse ich durchgehen, Sie haben mich nicht persönlich angegriffen, das ist schon mal angenehm) ein Plus von mir.

    • Welche Richtung? Scholz ist ein Bankenknecht und cumex-Verzögerer. Diese Richtung meinst Du sicher nicht.

      • Welche Richtung würdest Du bevorzugen?
        Rückkehr zur DDR oder AFD?
        Das glaube ich nicht, nachdem ich Deine Posts lese.
        Also vielleicht ist die Abkehr von der Groko ein Gewinn für Deutschland.
        Die CDU hatte Ihre Chance….

    • An der Richtung hat sich nichts geändert, das Ziel bleibt weiterhin die totale Zerstörung Deutschlands und damit auch Europas. Merkel hat es in 16 Jahren geschafft, sämtliche halbwegs fähige Politiker zu beseitigen, sowohl in der eigenen als auch in allen anderen Parteien. Wenn die Latte einmal am Boden liegt, kommt sogar der Dümmste drüber.

      • Was hätte Ihnen denn gefallen?
        Lassen Sie mich raten. Ein AFD Kanzler?
        😃😃😃😃

        • Der Herr “Unbekannt” ist fanatischer Vertreter einer Politik, zu der er sich dann aber parteipolitisch nicht so recht bekennen will.

          Man könnte ihn fragen, WIE denn Angela Merkel “alle halbwegs fähigen Politiker” “beseitigt” habe. Meint er damit das AfD-U-Boot in der CDU, den Herrn Maaßen? Den aus der Mode gekommenen Neoliberalen Merz?

          Wenn man als Spitzenpolitiker “halbwegs fähig” ist, wird man sich neben einer Merkel auch behaupten können.

          “Totale Zerstörung Deutschlands”? – Das ist eindeutig AfD-Ton. Neonazis reden so. Kaputt sind aber eher die Gegenden, in denen die AfD stark ist. Ohne Migranten ist eben keine gute Wirtschaft zu machen. Die Engländer erleben das grade recht anschaulich … die kriegen zurzeit den Transport nicht mehr hin, weil ihnen die 10.000 und mehr von Fahrern fehlen, die man früher bequem über die EU bekommen hat.

          Eine “totale Zerstörung Deutschlands” wäre eher zu erwarten, würde die AfD gewinnen. Das liefe für Österreich mit der FPÖ nicht anders.

    • Die Richtung stimmt, nur weil ein S vor der Partei steht?
      Schröder hat den größten Niedriglohnsektor in D eingeführt und Scholz: Brechmittel-Einsatz, Warburg-Bank und Wirecard – sind diese Affären schon vergessen? (https://www.derwesten.de/politik/olaf-scholz-spd-affaeren-kanzlerkandidat-bundestagswahl-cum-ex-skandal-wirecard-brechmittel-wahl-skandal-id231482765.html)

      Ich dacht immer sozialistische Politik sehe anders aus.

      Wenn dann womöglich Lindner Finanzminister werden sollte – und das wird Lindner durchsetzen wollen -, stimmt dann die Richtung immer noch?

  6. Scholz hat einfach gar nichts gemacht, sondern Baerbock schwätzen und Laschet ins Fettnäpfchen treten lassen. Man bilde sich nicht ein, dass in Deutschland nun sozialdemokratische Politik gemacht würde. Es geht genau so weiter wie vorher, mit einer kleinen Pausenvorstellung aus der Comedia dell’arte, den Koalitionsverhandlungen.

    • Also schaffen eir das wählen einfach ab.
      Installieren wir einen kaiser?

    • Was sozialdemokratische Politik ist, bestimmen allerdings nicht anti-sozialdemokratische Typen wie Sie, Hologram.

      Politik machen immer noch die Wähler mit ihren Wahlentscheidungen – und da gehören Sie zu den Sektierern, die in der Wahlurne nicht bemerkbar sind.

      In Deutschland kann keine sozialdemokratische Politik gemacht werden, weil die SPD nur 26% der Stimmen erhalten hat. Es wird also eine Kompromiss-Politik geben, wie auch vorher schon, vielleicht eher rot-grün-gelb mit starken ökologischen Beiträgen, oder schwarz-grün-gelb mit eher neoliberaler Tendenz. Oder, wenn sich Grüne und FPÖ nicht einigen können, kriegen wir eben wieder eine schwarz-rote Koalition. Drei solide, stabile Optionen liegen da auf unserem Tisch. Ich hoffe auf die Ampel – aber ich kann auch mit den anderen beiden Optionen leben. Mit paradiesischen Verhältnissen rechne ich als alter Mann nicht (mehr).

      • Ich dachte Politik findet in Hinterzimmern ab, wo sich Koalitionspartner absprechen. Diese Ansicht haben Sie doch sehr nachhaltig vertreten, Herr Brux. Jetzt machen die Wähler Politik, die in den nächsten vier Jahren genau gar nix mehr zu melden haben? Sie sind recht flexibel, muss ich schon sagen.

        Was sozialdemokratische Politik angeht: die ist von der SPD nicht zu erwarten. Leider. Und schon gar nicht von einem Scholz, der sich in den letzten Jahren weder durch rigoroses Vorgehen gehen Cum ex-Geschäfte aufgefallen ist, dafür mit Gedächtnislücken was seine Unterstützung einer kriminellen Bank in Hamburg angeht, noch irgendwie erkennen ließ, dass ihn das Thema “Steuervermeidung” interessiert.

        Mir rollen sich die Zehennägel auf, wenn die SPD von einer Kindergrundsicherung fabuliert. Seit die SPD Finanz- und Arbeitsminister stellte, hätten sie mit zwei Unterschriften das Kindergeld in der Grundsicherung anrechnungfrei stellen. Das ist interessanterweise in etwa der Betrag, der jetzt mit weiterem, bürokratischen Aufwand generiert werden soll.

        Auch das monströse Hartz-System, das Unsummen an Geld für Verwaltung und Justiz verschlingt (versuchen Sie mal die Kosten für Klagen gegen rechtswidrige Bescheide – ca. 50% aller erlassenen Bescheide der Jobcenter – heraus zu kriegen. Wenn Ihnen das gelingt, ziehe ich drei Mal am Tag in stillem Gedenken den Hut. Die SPD hat zwar noch immer Sozialdemokraten in ihren Reihen, aber in der Führungsriege nur Dampfplauderer.

        Eine weitere Groko würde die Partei endgültig unwählbar machen, und zu einer Austrittswelle führen. Nur die Prognose einen Ahnungslosen, wir werden dann sehen. Sozialpolitik mit der FDP geht auch nicht. Die einzige Option auf sozialdemokratische Politik wäre, die Linken ins Boot zu holen. Aber die könnten sich dann als bessere Sozialdemokraten entpuppen als diese Traditionspartei, das trauen die sich nie.

        • Für die SPD haben für die Bundestag fast nur junge Leute kandidiert. Der Bundestag wird von Jusos nur so wimmeln (darum hat die SPD bei den Linken abgeräumt: die Jungen konnten glaubhaft vermitteln, dass sie soziale Agenda erkämpfen werden). Scholz weiß das. Lindner weiß das. Baerbock weiß das.

          Groko ist ausgeschlossen. Jamaica ebenso. Es bleibt die Ampel übrig. Die Einschnitte, die gemacht werden müssen, sind umfassend.

          Kevin Kühnert sagte Montag bei hart aber fair, dass sie die Partei neu aufgestellt haben. Die SPD ist heute sortiert. Und dass Scholz nicht den Parteivorsitz hat, war gewollt und zeigt den Umbau. Die FDP will eine Technologiewende. Und wenn sie die nicht auf die Reihe kriegt, ist sie nach der nächsten Wahl aus dem Bundestag.

          Die Grünen wollten nicht erste werden. Das wäre wohl nicht zu schultern gewesen. Ohne Regierungsverantwortung je, eine Kanzlerin hätte die Grünen überfordert. Inhaltlich und personell. Von D wird auch eine Führungsrolle in Europa und der Welt erwartet (die Erwartungen werden an D herangetragen, nicht umgekehrt). Und wer diese Erwartungen nicht erfüllt, ist ganz schnell weg vom Fenster.

          Merkel hat man damals nicht zugetraut, dass sie das kann, aber Merkel hat mit Kohl und Gorbatschow die Wiedervereinigung verhandelt. Sie war bei allem dabei und hatte bei allem Einblick. Sie war auch Umweltministerin unter Kohl, der sie im Ministerrat gerne demütigte. Merkel hatte zuerst internationale Erfahrung, dann nationale Ministererfahrung, dann Oppositionserfahrung. Und man fragt sich bis heute, wie sie sich innerhalb der CDU (ohne Hausmacht) und der CSU bewegen und halten konnte. Also viel machtpolitisches Geschick.

          Das wird es auch international brauchen, auf EU-Ebene und im innerdeutschen Ausgleich. Wer Kanzler in D wird, muss schnell liefern. Opposition gegen die EU kann sich das Zwergenland leisten. Von D wird erwartet, dass es Vorschläge für die Gemeinschaft zu Ende verhandelt. Es geht um Krieg oder Frieden. Eine ungleich größere Aufgabe als eine Kanzlerschaft in Ö. Ich meine: Deswegen wollten die Grünen nicht erste werden. Dieses Standing können sie nicht haben. Und dieser Realitätssinn ist ihnen auch hoch anzurechnen.

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