Mittwoch, April 24, 2024

»ÖAWI ist ein Bananenverein« – Plagiatsjäger Weber zweifelt an Aschbacher-Gutachten

»ÖAWI ist ein Bananenverein«

Ein Gutachten der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität entlastet Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher in der Plagiatsaffäre. Stefan Weber, der die Causa damals ins Rollen brachte, zweifelt an der Seriösität des Vereins.

Wien, 30. September 2021 | Es war ein ZIB2-Interview im Dezember 2020, das Plagiatsgutachter Stefan Weber dazu veranlasste, sich die wissenschaftliche Arbeit der damaligen Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) etwas genauer anzusehen. Zahlreiche Fallfehler und genuine Sprachfehler, die Aschbachers Antworten im ORF-Studio prägten, waren für Weber damals Grund genug, Untersuchungen zu starten.

Und er wurde schnell fündig: Die aus den Interviews bekannten sprachlichen Fehler fanden sich auch in ihrer 2006 verfassten Diplomarbeit für ihr Bachelorstudium auf der FH Wiener Neustadt wieder. Plagiate im Schlusskapitel der Arbeit machten die “wissenschaftliche Katastrophe”, wie Weber Aschbachers Werk bezeichnete, perfekt.

Aschbacher reichte im Mai 2020, also während ihrer Zeit auf der Regierungsbank, zudem ein Dissertationsexposé für ihre Doktorarbeit auf der Universität Bratislava ein. Laut Weber wurde in dieser Arbeit sogar noch mehr plagiiert als in ihrer Diplomarbeit. Der Druck auf Aschbacher wurde damals zu groß, um im Amt zu bleiben. Sie trat daraufhin zurück.

Doch kein Plagiat?

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die FH Wiener Neustadt das Verfahren gegen die Ex-Ministerin eingestellt hatte. Ein Gutachten des Vereins “Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität” (ÖAWI)  hatte zwar “Mängel bei der Einhaltung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis” geortet, aber die für eine Titel-Aberkennung nötige Täuschungsabsicht nicht festgestellt. Damit könne Aschbacher ihren Magister-Titel behalten.

Und auch in der Slowakei dürfte keine Aberkennung drohen. Zwar wurde dort nach zahlreichen Plagiatsskandalen, die auch hochrangige Mitglieder der aktuellen Regierung betroffen hatten, das Hochschulgesetz entsprechend novelliert. Titel dürfen aber nur dann abgenommen werden, wenn die entsprechende Abschlussarbeit nach dem 1. Jänner 2021 eingereicht wurde. Aschbacher hatte ihre Dissertation bereits 2020 abgegeben.

Vorsitzender der ÖAWI laut Weber “Plagiatsverharmloser”

Während das Umfeld Aschbachers und viele Medien den Namen der Ex-Ministerin bereits rein gewaschen sehen wollen, erhebt der Mann, der die ganze Causa ins Rollen brachte, schwere Vorwürfe gegen die ÖAWI. Gegenüber ZackZack meint Plagiatsjäger Stefan Weber, dass diese “mit Objektivität rein gar nichts zu tun hat”. Kommissionsvorsitzender der ÖAWI ist der Schweizer Literaturwissenschaftler Philipp Theisohn. Dieser gelte in der wissenschaftlichen Community seit Jahren als “Plagiatsverharmloser”, so Weber.

Bereits im Jahr 2013 sorgte ein ähnlicher Fall in der deutschen Politik für Aufregung. Die damalige Bildungsministerin Annette Schavan stand ebenso wie Aschbacher unter Plagiatsverdacht. Unterstützt und verteidigt wurde sie damals von eben jenem Schweizer Wissenschaftler, Philipp Theison. Damals glaubte der heutige ÖAWI-Vorsitzende “nicht an eine leitende Täuschungsabsicht” Schavans. Es sind die selben Argumente, mit der die ÖAWI nun Aschbacher von ihren Plagiatsvorwürfen befreien möchte. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht entzog Schavan im Jahr 2014 trotzdem den Doktortitel.

“Ich habe die ersten zehn Seiten von Theisons Buch ‘Plagiat: eine unoriginelle Literaturgeschichte’ gelesen und gleich wieder zugeklappt, weil es vom gesamten Duktus einfach unerträglich ist.” – Stefan Weber

Er habe der ÖAWI bereits mehrere Plagiatsfälle geschickt, jedes Mal seien sie nach einem Jahr anonymisiert zurückgekommen und als “kein Plagiat” festgestellt worden: “Das ist ein einziger Bananenverein.” Für Weber passt die Causa Schavan perfekt ins heutige Bild. Schon damals sei ein Wissenschaftsnetzwerk zur Rettung einer Politikerin ausgerückt – im Falle Schavans jedenfalls vergeblich.

(mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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42 Kommentare

  1. Die interessante Frage wäre, bezahlt die türkise Familie den Herrn Theisohn?
    Damit wäre diese Causa beantwortet.
    Wenn dann der Weisenrat (Vorsitzender ist ein türkiser Solda) die Anklage des Bundesbasti als zu dünne Suppe befinden wird, muß sich auch niemand mehr wundern.
    Gute Nacht Österreich!

  2. Artikel-Zitat: “Mängel bei der Einhaltung der Standards guter wissenschaftlicher Praxis.” Bemerkenswert ist, dass die Arbeit damals mit einem “sehr gut” klassifiziert wurde.
    Offensichtlich hat dieses Konvolut niemand gelesen und es zur Benotung durch den Zufalls-Noten-Generator gejagt.

  3. Wenn die Frau Aschbacher das wirklich selber geschrieben hat, dann wirft das nicht unbedingt ein gutes Licht auf sie. Jedenfalls bin ich froh, dass sie zurückgetreten ist weil sie in ihrem Amt nicht gerade durch Innovation und Tatendrang glänzte. Aber im Gegensatz zu Herrn Kocher war sie zumindest human was vielleicht auch ihrer mangelnden Tatkraft zuzuschreiben ist.

  4. Die FH weiß sich halt zu schützen … und, vor allem, glaube keinem Gutachten das nicht von dir selbst wurde …

  5. Wird die aschbacher jetzt wissenschaftsministerin? Sie könnte ähnliches beschliessen wei sobo bezüglich u-ausschuss, nämlich die wahrheitspflicht abschaffen, nur bezogen auf diplomarbeiten

  6. Aschbacher ist zurückgetreten und jetzt Privatperson. Lassen wir sie doch jetzt in Ruhe und beschäftigen wir besser mit jenen Politikern, die aus noch viel schwerwiegenderen Gründen noch nicht zurückgetreten sind.

      • Ich habe da schon eine deutlich differenziertere Sicht:

        So lange jemand ein öffentliches Amt in einem demokratischen Land innehat oder auf die Staatsgewalten anderwertig Einfluss nimmst oder Nutzen zieht, ist es von öffentlichem Interesse, ob diese Person – aus welchen Gründen auch immer – fachlich, rechtlich und auch moralisch-ethisch für dieses Amt geeignet oder die Einflussnahme berechtigt ist. Dieser öffentlichen Debatte hat sich die betreffende Person auch zu stellen.

        Wenn jemand aber kein öffentliches Amt mehr innehat und auch nicht in anderer Weise mehr Einfluss auf das politische Geschehen nimmt oder daraus unberechtigen Nutzen zieht, dann sind solche Fragen Privatangelegenheiten. Sich damit noch weiter ausführlich zu beschäftigen, ist dann weniger eine Frage der demokratischen Kontrolle, sondern eher eine Sache von Voyeurismus und Revanchismus.

        Davon halte ich nicht viel, wenn wir gleichzeitig eine Spaltung der Gesellschaft und eine Dialogunfähigkeit der verschiedenen gesellschaftlichen Blasen beklagen.

        Und auch, wenn wir gleichzeitig die Grundrechtedebatte über den Schutz der Privatsphäre seriös führen wollen.

  7. Ist ihre Ehre nun wieder hergestellt? Wohl kaum. Viel mehr werden Gerüchte kursieren mit welch dubiosen Mitteln sie Phillip Theisohn dazu bewegen konnte ihr einen Persilschein auszustellen, den ihr kein vernünftig denkender Mensch abnimmt. Sie ist und bleibt eine traurige Figur, da kann die Krone schreiben was sie will.

  8. Warum habe ich mir als gelernter Österreicher nichts anderes erwartet?
    Wie immer!

  9. Das war völlig klar daß es so kommen würde. Ist dieser Plagiats-Verharmloser vielleicht auf einer geheimen türkisen Payroll? Wenngleich doch die U-Vermutung gilt, die Sache stinkt gewaltig…..

  10. Da steh ich nun als Politiker
    steh übern Pöbel bitte sehr,
    Heiße Magister, heiße Minister gar,
    Und Nlp’ schon an die zig Jahr’
    Herauf, herab und quer und dumm
    Die Wähler an der Nase herum –
    Und kassier, ohn’ Leistung ein Vermögen!
    Mich verlangt es nicht daß sie mich mögen!

  11. Ein hysterisch geschminkter Dödel der durch Deixbacke Schützenhofers Protektion Ministerin wurde. Mehr ist da nicht zu sagen. Ö siedelt bei diesen Posten etwas unterhalb des beispielsweise aus Rumänien gewohnten Postenschachers an.
    Mittlerweile ist doch alles was Politiker als eigenes Werk angeben, von mehr oder minder gut bezahlten Ghostwritern, manchmal auch als Koautoren geführt, verfasst. Ich bin auch sehr sicher, dass selbst Kurz keinen geraden Aufsatz zu einem beliebigen Thema zusammenbekommt.

  12. Achtung, ein Rätsel! An welche Stelle gehört ein “r” in “Aschbacher”, um diesem Namen mehr Wahrheit zu geben?

      • Danke für die Ergänzung! Sie sind mutiger als ich. Und “Bastelfan” ist wohl von keines Gedankens Blässe angekränkelt. Anders kann ich mir sein Fragezeichen nämlich nicht erklären.

  13. Wer über Seepocken plagiiert muss zu Recht seine Titel behalten dürfen. Das kann sonst niemand, nur die Trulla….

  14. Hätten wir so viele kluge Menschen wie wir Titelträger haben, so ließe es sich hoffen. Allein, die Verhältnisse, sie sind nicht so…

  15. “Während das Umfeld Aschbachers und viele Medien den Namen der Ex-Ministerin bereits rein gewaschen sehen wollen, erhebt der Mann, der die ganze Causa ins Rollen brachte, schwere Vorwürfe gegen die ÖAWI.”

    Niemand bei Verstand und seiner Muttersprache mächtig würde diese “Arbeiten” Aschbachers als ausreichend betrachten, um einen akad. Titel verliehen zu bekommen. Ich wäre mit so etwas schon im Gymnasium nicht einmal durch die Matura gekommen.

    Wer diese Frau “freispricht”, ist entweder korrumpiert oder hat selbst nicht genug Bildung und Verstand, um die Wissenschaftlichkeit bzw Reife einer (anscheinend vermeintlich) intellektuellen Arbeit zu beurteilen.

    Eine peinliche Farce. Wäre ich Aschbacher, ich würde mich vor Scham in einem Erdloch verstecken.

      • Nelke so etwas habe ich nicht von Dir erwaret (positiv gesehen), Gratulation AUF DEN PUNKT GEBRACHT!

    • In einem klerikalen gym wären sie noch mit weit weniger durch die matura gekommen.

  16. . In Firmen oft erlebt, das die titelgeilen Vorgesetzten Nullperformer waren.

  17. Mich überrascht bei diesen ganzen Menschen garnichts mehr.
    Irgendwie hatte ich so ein Bauchgefühl, und schubb, bestätigt!

  18. FH Wr. Neustadt – kein Kommentar. Jeder weiß, was da los ist. Überlaufen von ÖVP-TikTok-Kindern. Grund: Siehe Benotung Aschbacher. Wenn jemand ernsthaft etwas lernen will, meidet er diese FH wie der Teufel das Weihwasser.
    Bratislava – Die Doktorväter bitte international publik machen. Aber ich denke, die sind jetzt sowieso schon weg vom Fenster…

  19. Na ja wir leben ja auch in einer Bananenrepublik darum halten sich solche Bananenvereine und Gurkentruppen auch recht gut.

  20. Jo mei, warum ist die dann gleich davongelaufen. Wennn ich alles richtig gemacht habe, hätte der Weber sagen können, was er will.

    Wobei Weber schon der Sargnagel für viele Schummler ist. Weiß selber wirklich nicht, ob ich das gut finden soll. Blöd ist, wenn man an einer exponierten Stelle andockt.

    Da hat´s der Bundesbastl sich leichter gemacht. Er hat sein Studium nicht absolviert und da kann ihm kein Weber ans Bein pinkeln.

    Jetzt haben´s eh alle verschlüsselte Handies und da können´s endlich wieder ein paar tausend pics durch die Gegend schicken.

  21. und im hintergrund hat ganz sicher nicht la famiglia die fäden gezogen damit genau das ergebnis aus dem gutachten herauskommt… und noch dazu eine FH im tief-türkisen NÖ, die ganz sicher völlig unabhängig ist

    • Also, da kenne ich einige plötzlich zu magistern avancierte politiker aus nö.

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