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Xi will die ganze Macht – Chinesische Propaganda bereitet dritte Amtszeit vor

Chinesische Propaganda bereitet dritte Amtszeit vor

Das Kommunistenregime feiert sich selbst – und Xi Jinping. Der will jetzt zum großen Führer avancieren. Die einzementierte Rolle von Xi deutet auch auf den künftigen geopolitischen Führungsanspruch Chinas hin.

Peking, 08. November 2021 | Er ist der mächtigste Parteiführer seit Mao Tsetung und Deng Xiaoping, die in verschiedenen Positionen auch bis zu ihrem Tode geherrscht oder im Hintergrund die Fäden gezogen haben: Xi Jinping. Jetzt greift er nach der ganzen Macht.

Mit einer Verfassungsänderung hatte sich der Staats- und Parteichef 2018 bereits die Möglichkeit eröffnet, länger als zwei Amtszeiten und vielleicht sogar auf Lebenszeit regieren zu können.

Dritte Amtszeit kommt

Chinas Kommunistische Partei will den Weg ebnen. Das rund 370-köpfige Zentralkomitee kam am Montag in Peking zu einem viertägigen Plenum zusammen, um über eine “historische Resolution” zu beraten. Es ist nach 1945 und 1981 erst das dritte Mal in der 100-jährigen Geschichte der Partei, dass eine Resolution in dieser Form angenommen werden soll.

Damit sollen die “großen Errungenschaften und historischen Erfahrungen” in der Geschichte der Partei zusammengefasst werden. Die Resolution soll nach Einschätzung von Beobachtern im Vorfeld des Parteitages im Herbst 2022 die Machtposition von Xi Jinping weiter zementieren, um ihm eine dritte Amtszeit zu ermöglichen.

Propaganda fährt schwere Geschütze auf

Die Propaganda fuhr den Personenkult um den 68-jährigen weiter hoch. Xi Jinping wurde als “Mann der Entschlossenheit und des Handelns, ein Mann profunder Gedanken und Gefühle” dargestellt. Nicht nur seine Visionen und harte Arbeit wurden gepriesen, sondern auch sein “großer politischer Mut und seine Weisheit” im Kampf gegen die Pandemie. Zur Erinnerung: Das Coronavirus hatte seinen Ursprung in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan gehabt, die danach wochenlang im Totallockdown war. Seitdem will China fast keine Infektionen mehr festgestellt haben. Neue Fälle wurden zumeist mit der Einreise von Ausländern erklärt. Aufgrund mangelnder Kooperation bei Aufklärungsarbeiten der WHO erntete das Regime Kritik.

“Am Steuer dieses großen Schiffes steht ein Mann”, hieß es in einem indirekten Vergleich mit dem “großen Steuermann” Mao Tsetung. Während sich China unter Mao Tsetung einst “erhoben” hatte, dann unter dem Reformarchitekten Deng Xiaoping “reich” wurde, ist das Land unter Xi Jinping so mächtig wie nie zuvor. “Historische Resolutionen“ markierten in der Vergangenheit meist einen Meilenstein oder Wendepunkt in der Geschichte. Mit einem solchen Dokument konsolidierte Mao Tsetung 1945 vier Jahre vor der Gründung der Volksrepublik seine Position und stellte seine Kritiker ins Abseits. Nach dessen Tod zog Deng Xiaoping 1981 mit einer solchen Resolution einen Schlussstrich unter das Chaos der Herrschaft Mao Tsetungs mit dem verheerenden “Großen Sprung nach vorn” (1958-61) und der “Kulturrevolution (1966-76).

„Neue Ära“, auch global

Das Papier übte klare Kritik, hielt den Staatsgründer aber in Ehren und sicherte Deng Xiaoping die Unterstützung für dessen Kurswechsel mit der Reform- und Öffnungspolitik. Die neue “historische Resolution” soll jetzt wiederum die “neue Ära” der “Ideen von Xi Jinping über den Sozialismus chinesischer Prägung” besiegeln. Die “große Erneuerung” der chinesischen Nation sei eine “historische Unausweichlichkeit” unter Xi Jinping, heißt es in der Parteipresse.

Der Beschluss dürfte nach Einschätzung von Parteikennern noch einmal mehr Gefolgschaft einfordern, die Indoktrination verschärfen und auch die Darstellung der Geschichte ändern. Es gehe aber weniger um die Vergangenheit als vielmehr um die Zukunft – und die absolute Führungsrolle von Xi Jinping, hieß es. Damit ist wohl nicht nur Xis Rolle in Partei und Land gemeint, sondern indirekt auch die Rolle Chinas in der Welt. Je geschlossener die Partei, desto größer der globale Führungsanspruch. Der Begriff „Reich der Mitte“ bezieht sich auf das historische Selbstverständnis der Macht in der “Mitte der Welt”.

Nach jahrzehntelanger Aufholjagd schaffte China den Sprung vom Entwicklungs- zum Schwellenland und will jetzt schließlich Industrieland Nummer 1 werden. Zum Ärger von Menschenrechtlern, die nicht nur die Straflager der Minderheit der Uiguren verurteilen, sondern auch die Überwachungsmechanismen im Alltag der Chinesen. Geopolitisch verfolgte man zunächst das Ziel, vor allem in Europa, Afrika und Lateinamerika zu investieren und wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen. Experten sehen die militärischen Ambitionen im Südchinesischen Meer und Annexionspläne Chinas in Taiwan als nächsten Schritt des 1,4 Mrd.-Landes, um die USA mittelfristig als Weltmacht abzulösen.

(wb/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

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