Die geplante Vorratsdatenspeicherung in Deutschland beurteilt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs als rechtswidrig.
Luxemburg, Wien/ 18. November 2021 | Nächster Dämpfer für die deutsche Vorratsdatenspeicherung: Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Campos Sánchez-Bordona bekräftigte in seiner Einschätzung vom Donnerstag vorherige EuGH-Urteile, nach denen die allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit erlaubt ist.
Aktuell auf Eis
Dies stärkt die Position von Bürgerrechtlern, die gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung ankämpfen.
Hintergrund des Gutachtens (C-793/19) ist unter anderem ein Rechtsstreit der Bundesnetzagentur und des Internetproviders SpaceNet mit der Telekom. Die Unternehmen wehren sich gegen eine Vorschrift, bestimmte Daten für den Zugriff der Behörden aufzubewahren. Das Telekommunikationsgesetz verpflichtet Internetprovider und Telefonanbieter dazu, Daten wie IP-Adressen und Rufnummern zu erfassen und zu speichern. Die Bundesnetzagentur hatte die deutsche Regelung jedoch 2017 auf Eis gelegt – wenige Tage vor Inkrafttreten.
Der EuGH hatte vor dem Hintergrund anderer Fälle bereits im Oktober vergangenen Jahres entschieden, dass die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich rechtswidrig ist. Doch seien Ausnahmen möglich, wenn es etwa um den konkreten Fall einer Bedrohung der nationalen Sicherheit gehe. Ähnlich hatte der EuGH schon 2016 geurteilt.
In Österreich schon gekippt
Das Gutachten von Sánchez-Bordona ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig orientieren sie sich jedoch daran. Ein Urteil über die deutsche Regelung dürfte in einigen Monaten fallen.
Die flächendeckende Vorratsdatenspeicherung haben die Höchstgerichte in Österreich 2014 gekippt. Stattdessen hat die Staatsanwaltschaft nun das Recht, die Telekombetreiber zur Speicherung der Daten einzelner Kunden zu verpflichten (“Anlassdatenspeicherung” oder “Quick-Freeze”). Gespeichert wird u.a. wer mit wem telefoniert und wo er sich dabei aufhält. Obwohl Vorratsdaten laut EU-Recht nur zur Aufklärung schwerer Straftaten verwendet werden dürfen, ist die Anlassdatenspeicherung bereits ab einem drohenden Strafrahmen von sechs Monaten erlaubt. Außerdem ist sie bis zu zwölf Monate lang zulässig – bei der Vorratsdatenspeicherung waren es nur sechs Monate.
(apa/ot)
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