Intensivstationen:
Auf Österreichs Gesundheitssystem kommt Corona-bedingt die bisher größte Belastung zu. Niederösterreich rechnet mit dem Höhepunkt diese Woche. Operationen werden verschoben. 40 Prozent der Covid-Intensivpatienten sterben.
St. Pölten, 29. November 2021 | In Niederösterreich wird eine weitere Zunahme an Corona-Intensivpatienten erwartet. “Wir hoffen, dass wir den Peak Ende dieser Woche, Anfang nächster Woche erreicht haben”, sagte Markus Klamminger von der NÖ Landesgesundheitsagentur (LGA) am Montag. Verschieebbare Operationen wurden zuletzt “deutlich reduziert”, berichtete Intensivmediziner Christoph Hörmann: “Hätten wir das nicht gemacht, hätten wir heute kein einziges Intensivbett frei.”
Durch das Verschieben von Operationenhabe man die Intensivkapazitäten aufstocken können, erklärte Hörmann, Leiter der Klinischen Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum St. Pölten. “Die Infektionszahlen wirken sich circa zehn Tage später auf der Normalstation und noch einmal vier Tage später auf der Intensivstation aus”, erklärte Hörmann. Während Patienten normalerweise im Durchschnitt drei bis fünf Tage intensivmedizinisch behandelt werden müssen, seien es im Vergleich dazu bei Covid-Erkrankten zwischen zwei und vier Wochen, “sofern sie es überleben”. “Einige sind 100 Tage und mehr auf der Intensivstation”, berichtete der Mediziner in einem Pressegespräch in St. Pölten.
40 Prozent der Covid-Intensivpatienten sterben
“Psychisch belastend” sei auch die “hohe Mortalität, die mittlerweile auch junge, gesunde Patienten betrifft, die mit Covid auf die Intensivstation kommen”, schilderte Hörmann. Während in der Welle im Frühjahr rund ein Drittel der Erkrankten gestorben sei, dürfte es nun Richtung 40 Prozent gehen, sagte der Mediziner: Das werde in der öffentlichen Diskussion “komplett auf die Seite geschoben und negiert”. Fest stehe jedenfalls: “Die Belastung auf den Intensivstation ist sicher nicht vorbei, wenn die Infektionszahlen runtergehen und der Lockdown vorbei ist.” Hörmann hofft diesbezüglich auf ein “Plateau” in dieser Woche, wie schnell der Abfall sei, hänge von den Krankheitsverläufen ab.
Als “dramatisch” bezeichnete Silvia Bockhorn, Pflege-Leiterin der Intensivstation am Universitätsklinikum Krems, die Lage: “Derzeit arbeiten wir seit Monaten mit Höhen und Tiefen wirklich am Limit. Es ist jeden Tag eine Gratwanderung: Wie viel Personal ist vorhanden, damit ich die Patienten auch gut betreuen kann? Welche Patienten können operiert werden, und sind dafür auch Intensivbetten vorhanden?” Das Arbeiten auf Intensivstationen sei “sehr belastend”, “wie Holzhacken in einer 90-Grad-Sauna”.
Experten: Impfung schützt
Am Montag wurden nach Angaben der LGA 110 Corona-Intensivpatienten in Niederösterreich behandelt, vier weniger als am Sonntag. Gleichzeitig wurden zehn Todesfälle binnen 24 Stunden gemeldet. 91 Intensivbetten waren frei. Auf Normalstationen befanden sich 439 an Covid Erkrankte. Obwohl Ungeimpfte nur ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen, sind rund drei Viertel der Intensivpatienten nicht geimpft.
“Wir haben das Mittel in der Hand, um die Pandemie zu beenden”, betonte Karl Zwiauer, Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Der Schutz sei so gut wie “bei kaum einer anderen Impfung”. Der dritte Stich sei “ganz wesentlich” für eine Grundimmunisierung, verwies Zwiauer auf Daten etwa aus Israel. “Die Immunantwort auf die dritte Impfung ist so gut, dass man davon ausgehen kann, dass man wahrscheinlich – wenn nicht wieder eine neue Variante dazukommt, die das Immunsystem vollkommen umgeht – mindestens neun Monate Schutz besteht”, sagte der Mediziner. Der dritte Stich sei vor allem für Ältere und Risikopersonen wichtig. Eine Erkrankung sei “keine Garantie, nicht nochmals zu erkranken”, betonte er. Auch Genesene bräuchten die Impfung.
(APA/red)
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