Undeklarierte Jagdausflüge
Der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) sieht sich mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Er habe an mehreren teuren Abendessen und mindestens einem Jagdausflug auf einem französischen Schloss teilgenommen, ohne diese ins europäische Transparenzregister einzutragen.
Brüssel/Paris 3. Dezember 2021 | Laut aktuellen Recherchen der französischen Zeitung „Libération“ dürfte der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) in korrupte Machenschaften verwickelt sein. Er soll an mehreren teuren Abendessen und mindestens einem Jagdausflug teilgenommen haben, die vom Ex-Chef des europäischen Rechnungshofs, Karel Pinxten, organisiert wurden.
EVP-Netzwerk in der EU?
Laut der französischen Zeitung verdichtet sich der Hinweis auf ein Netzwerk aus Politikern der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch Johannes Hahn gezählt werden kann. Pinxtens Name taucht dabei öfter auf. Der Belgier soll Zusammentreffen in die Wege geleitet haben, bei denen hochrangige EU-Politiker wie Hahn auf finanzkräftige Lobbyisten trafen. Pinxten wurde letztes Jahr die Veruntreuung einer halben Million Euro vorgeworfen, seine EU-Pension wurde daraufhin auf ein Drittel der ursprünglichen Summe gekürzt.
Neben Johannes Hahn war auch der finnische EU-Kommissar, Jyrki Katainen (EVP), mindestens zwei Mal Gast bei diesen Treffen gewesen. 2015 haben Hahn und Katainen an Jagdausflügen bei einem französischen Schloss teilgenommen. Die Treffen wurden vom Lobbynetzwerk der „Organisation Europäischer Landbesitzer“ organisiert.
Keine Transparenz
Für Hahn besonders unvorteilhaft: Eigentlich müssen per EU-Gesetz solche Treffen in das Europäische Transparenzregister eingetragen werden, um Interessenskonflikte ausschließen zu können. Aus Hahns Büro heißt es, die Treffen seien rein privater Natur gewesen. Unwahrscheinlich – bedenkt man den Umstand, dass ausgerechnet Pinxten beim EU-Rechnungshof für die Prüfung von Hahns EU-Ressort zuständig ist.
„Libération“ berichtet von weiteren Treffen Hahns, die ebenfalls keinen Eingang ins EU-Transparenzregister fanden. Dreimal soll der österreichische Kommissar Helga Berger getroffen haben. Warum, ist nicht klar. Die ehemalige FPÖ-Politikerin ist für Österreich Mitglied im Europäischen Rechnungshof (EuRH) und verrechnete die Restaurantrechnungen prompt dem EuRH. Berger war unter Ex-FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer Bürochefin gewesen. Die ehemalige Vizekanzlerin Riess-Passer ist heute mit Johannes Hahn verheiratet.
Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung hat eine Untersuchung zu den Vorkommnissen eingeleitet. Es steht jedoch selbst in der Kritik, von EVP-Granden beeinflusst zu sein. Im August 2018 übernahm ebenfalls ausgerechnet ein Finne – Ville Itälä – den Vorsitz des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung. Er ist ehemaliger Abgeordneter der EVP und war unter Pinxten beim EuRH angestellt. Itälä „entfernte“, wie die „Libération“ schreibt, alle Mitglieder aus dem Amt, die gegen Pinxten ermittelt hatten.
(dp)
Titelbild: APA Picturedesk