Freitag, April 19, 2024

Nach Biden-Putin-Gipfel: Spannungen im Ukraine-Konflikt halten an

Nach Biden-Putin-Gipfel:

Nach anhaltenden Spannungen im Ukraine-Konflikt, kam es zu einer Videokonferenz zwischen US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin. Das Ergebnis ist jedoch ernüchternd.

Wien, 9. Dezember 2021 | Im Zuge der wachsenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine (und im weiteren Sinne auch mit der EU, NATO und USA), kam es am gestrigen Mittwoch zu einem virtuellen Gespräch zwischen den Staatsoberhäuptern Russlands und der USA. Das zweistündige Treffen zwischen Putin und Biden hat den Nebel jedoch nicht gelichtet. Die Lösungsfindung wurde lediglich weiter delegiert.

Klare Worte Baerbocks

Der Regierungswechsel in Deutschland könnte aber frischen Wind reinbringen. Es ist zu erwarten, dass die gestern angelobte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen härteren Kurs gegenüber Russland fahren wird als ihre Vorgänger. Zumal ihre Partei sich im Wahlkampf bereits entschieden gegen das Prestigeprojekt des Kremls, der Ostsee-Pipeline „Nord Stream 2“, positioniert hat. In ihrer Antrittsrede verdeutlichte sie ihre Position zur „russischen Aggression“ an der ukrainischen Grenze: „Die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine sind nicht verhandelbar”, sagte Baerbock am Donnerstag nach Gesprächen mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian auf ihrer ersten Dienstreise in Paris.

Sie forderte die Mitglieder in der Europäischen Union und der NATO auf, sich für die Vermeidung einer militärischen Eskalation einzusetzen. Russland werde einen hohen Preis zahlen, wenn es zur Verletzung der ukrainischen Staatlichkeit kommen sollte. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei einer Eskalation mit harten Konsequenzen gedroht, aber das Thema Pipeline in einem ARD-Interview gekonnt umgangen.

Drohung schwerer Sanktionen

Die Vereinigten Staaten bekräftigten einmal mehr ihre Position als “wichtigster Garant westlicher Interessen”. Obwohl die USA kein Mitglied des „Normandie-Formats“ zwischen Frankreich, Deutschland, Russland und Ukraine zur Bewältigung des Ukraine-Konflikts sind, sehen sie sich als wichtigen Faktor für eine Lösung des Konflikts um den Donbass.

Biden versuchte Putin von einer weiteren Invasion in der Ukraine abzubringen, indem er mit besonders scharfen Sanktionen drohte. Dabei war einerseits die Rede von Wirtschafts- und Energiesanktionen in Zusammenhang mit „Nord Stream 2“ und andererseits von persönlichen Sanktionen gegen Putins engsten Kreis von milliardenschweren Beamten und Oligarchen.

Es wurde auch wieder die härteste Variante von Sanktionen ins Spiel gebracht: die Abkopplung Russlands vom internationalen Finanzabwicklungssystem „SWIFT“ und ein Verbot von Devisengeschäften mit dem russischen Rubel. Außerdem könnten die USA die Ukraine mit Verteidigungswaffen ausstatten. In den kommenden Tagen soll Biden mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj sprechen. Er wird diplomatische Lösungen für den Waffenstillstand vorschlagen und die Minsker Vereinbarungen erneut diskutieren.

Putins Rochade

Laut “New York Times” könnte Putins Schachzug ein Kalkül, eine “Nötigung” sein. Ein Weg, um Biden zu zwingen, Russlands Interessensphäre in Osteuropa anzuerkennen. Für Russland ist das Wiederaufleben des Themas NATO-Beitritt der Ukraine Auslöser für den Truppenaufmarsch. Der Kreml sieht sich durch die NATO-Osterweiterung in seiner Sicherheit bedroht. Dabei geht es jedoch nicht nur um den Beitritt, den Russland selbst für abwegig hält, sondern um die Sicherheit, die die NATO der Ukraine biete. Und um bestimmte Waffen, mit denen die Ukraine beliefert wird.

In seinen Statements am Vorabend des Gesprächs mit Biden zog Putin vor Washington und dem “kollektiven Westen”, wie er es nannte, “rote Linien”, die nicht überschritten werden dürften. Dabei sprach er über den NATO-Beitritt der Ukraine und die weitere Ausdehnung der NATO nach Osten sowie Militärstützpunkte auf ukrainischem Gebiet. Biden antwortete sofort: Man werde sich nicht auf die roten Linien von “Irgendjemandem” verlassen.

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Nura Wagner
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9 Kommentare

  1. https://www.nachdenkseiten.de/?p=78697

    (…) Wenn man wie ich in Russland arbeitet und lebt (ich gründete dort 1992 eine der ersten sozialen NGOs überhaupt und leiste mit meinem Sozialzentrum bis heute russlandweit Aufbauarbeit) erlebt man eine immer tiefere Spaltung zwischen der Realität des Lebens dort und den Narrativen, die einem Westmedien aufbinden wollen. Das derzeitige neue Kriegsgeschrei in Medien und von Politikern „Russland überfällt die Ukraine“ nimmt derart krasse Formen an, dass Kriegsgefahr tatsächlich real wird: Es braucht bald nur noch einen Funken ins Pulverfass der aufgeheizten Stimmung, um eine unaufhaltbare Eskalation auszulösen.

    Aber die Russlanderfahrung meines ganzen Lebens sagt mir, dass Russland keinen Krieg will. Mit niemandem. Es kann aber vielleicht auf Dauer nicht verhindern, dass ihm ein Krieg aufgezwungen wird. Durch manipulierte Narrative, False Flagg-Operationen oder andere Fallen.

    • Fortsetzung:
      Zudem: wenn ein so stolzes Land wie Russland über Jahrzehnte gezielt zum Sündenbock und Prügelknaben eines Großteils der Welt gemacht wird, kann auch einmal der Punkt kommen, wo die Selbstachtung mehr einfach nicht zulässt.

      Die Situation ist brandgefährlich! Ein Funke genügt inzwischen für den nächsten Krieg. Das kann ein Stellvertreterkrieg in der Ukraine sein. Genauso kann es zum nächsten Weltenbrand eskalieren.

      Ich kann nicht begreifen, wie „Leitmedien“ und Politiker das wollen können.

      Und ebenso wenig, dass wir, der Souverän, das offenbar zulassen, ohne uns zu wehren.

      annehofinga.net/zeitgeschehen/

      Anne Hofinga

  2. Russland verfügt über wesentlich stärkere kulturelle und familiäre Bindungen als die USA.

  3. “Es ist zu erwarten, dass die gestern angelobte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) einen härteren Kurs gegenüber Russland fahren wird als ihre Vorgänger.”

    Da wird sich Putin aber fürchten…
    Ich hoffe, dass das 1. Gespräch zwischen Baerbock mit Putin bzw. Lawrow, dem russischen Außenminister, öffentlich per Video übertragen wird. Irgendwer wird sich blamieren, raten Sie einmal wer das ist…

  4. (…) Russland der Vorwurf gemacht, in der Nähe der ukrainischen Grenze Truppen zusammenzuziehen. Dabei wird zum Beispiel Russlands Waffenplatz in Jelnja erwähnt… Bis zur ukrainischen Nordgrenze sind es über 300 Kilometer, bis zum Donbass, wo sich die ukrainische Armee für den «geplanten» russischen Einmarsch in Stellung bringt, sind es gut und gerne 1000 Kilometer. Und Achtung: In Estland sind es britische Panzer, die bewusst «vorne» den Einsatz gegen Russland üben; in Jelnja, einer russischen Stadt, sind russische Panzer stationiert. (…)

    Quelle: Infosperber

    • Das will nicht gehört werden da es nicht in die Aufmarschpläne der NATO-Schergen passt.

  5. Im Jahre 2015 sorgte der Politologe und Gründer des einflussreichen und regierungsnahen Think-Tanks STRATFOR (Strategic Forecasting), George Friedman, für weltweites Aufsehen. Auf dem jährlich stattfindenden Chicago Council on Global Affairs führte er aus, dass das primäre geopolitische Ziel der USA in den letzten 100 Jahren darin bestand, zwischen Deutschland und Russland Zusammenschlüsse, Kooperationen und sonstige freundschaftliche Verhältnisse zu verhindern:

    „Das primäre Interesse der USA, wofür wir seit einem Jahrhundert die Kriege führen – Erster und Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg – waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es immer, sicherzustellen, dass das nicht eintritt.“[2] Ähnlich schon der erste Generalsekretär der NATO, Baron Ismay, die NATO habe den Zweck „to keep the Russians out, the Americans in and the Germans down”.[3]
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=78691

    • Es hat nichts geändert.
      Findet sich alles ganz öffentlich im “The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, 1997) von Zbigniew Brzeziński

  6. https://www.nachdenkseiten.de/?p=78749
    (…)
    Joe Biden selbst, der für den „Demokratie-Gipfel“ wirbt, spielte in dem Teil der Geschichte eine führende Rolle. 2001 unterstützte er als Vorsitzender der Senats-Kommission für auswärtige Angelegenheiten Präsident Bushs Entscheidung, Afghanistan anzugreifen und in Afghanistan einzumarschieren, und 2002 setzte er sich für eine parteiübergreifende Resolution ein, die Präsident Bush dazu ermächtigte, den Irak anzugreifen und in das Land einzumarschieren. 2007 verabschiedete er einen Plan zur Aufteilung des Irak in drei Regionen – eine kurdische, eine sunnitische und eine schiitische – was der US-Strategie entgegenkam. Zwischen 2009 und 2017 nahm er an Planung und Ausführung der Kriege gegen Libyen und Syrien und am Putsch in der Ukraine teil, in dem Biden wiederum eine direkte und entscheidende Rolle spielte.
    (…)
    Ein sehr lesenswerter Artikel

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