Samstag, Mai 4, 2024

Skylla und Charybdis: Fix z’sam

Der Kanzler spricht jetzt also schöner. Das ist gut. Er ist allerdings immer noch derselbe Mann, der in Griechenland Werbefotos von sich nach dem Brand in Moria machen ließ. Ein Blick hinter die Fassade der Umfärbung:

Julya Rabinowich

Wien, 11. Dezember 2021 | Jetzt ist ja alles paletti. Alles neu. Der neue Stil ist noch neuer. Sogar der Adventskranz von Ministerin Schramböck und die Masken der neuen Regierungsriege. Das Türkis rinnt in Windeseile aus, schneller als ein Vampir eine Leiche ausbluten lässt, versickert im Grundwasser, der Parteikörper verfärbt sich schwarz. Der Parteikörper verfärbt sich und mit ihm färbt sich auch die Stimmlage des neuesten Kanzlers um, wird sanfter, bedachter. Das Gemeinsame soll jetzt in den Vordergrund rücken. Verantwortung will man übernehmen. Die Pandemie nochmal meistern, diesmal ohne Sündenbockmagie, sondern so richtig fix zusammen. Mit allen.

Es soll neu sein, noch neuer als Sebastian Kurz, der mit seinen Machtspielen gestolpert ist: über die Füße des eigenen übergroß geblähten Egos. Die Umfrage, die Umfrage, ein Königreich für eine gute Umfrage! Die Umfragen sehen auch noch Rot wieder vorne. Vielleicht könnte es daran liegen, dass in Zeiten der Not die Politur des Versagens weniger gut ankommt. Sündenböcke waren gut, aber nicht gut genug, um von steigenden Sterbefällen in Spitälern abzulenken, von der sozialen Verunsicherung. Auch wenn der Sündenbock mit dem Auto ins Land fährt. Im Parallel hat der Wiener Bürgermeister Ludwig ein stringentes Programm aus dem Boden gestampft, ohne auf Beifall zu achten, sondern auf das, was die Expertinnen und Experten ihm vorschlugen. Und das war ein strengerer Kurs und mehr Achtsamkeit im Bezug auf Corona. Das war eine niederschwellige Gratis-Versorgung mit Tests und Impfungen, etwas, das auch die Ärztin Rendi-Wagner schon lange eingefordert hatte. Es hat Wien die Pandemie gut durch die Stromschnellen der Pandemie gleiten lassen. Glücklicherweise. So war die Stadt in der Lage, Coronapatienten aus den Bundesländern aufnehmen zu können. So, wie es sich gehört.

Karl Nehammer steht jetzt also vor den Trümmern, die Sebastian Kurz nach seinem Abgang hinterließ, samt Vertrauensverlust und Verunsicherung, und probiert zartere, untürkise Töne aus. Derselbe Karl Nehammer, der noch vor kurzem den polternden Law-and-Order-Typen gegeben hat, aber bei der Verhinderung des Terroranschlages (wo man annehmen hätte können, hier sei Law and Order eher hilfreich) in Wien dennoch versagte. Und derselbe Karl Nehammer, der Kinder abschieben ließ, mitten in der Nacht, mit Hunden, vor ihren Schulkameraden, die sich vor Ort eingefunden hatten, bar jeden Augenmaßes für die Situation. Nun steht er also da und erklärt, dass man in der Not gemeinsam arbeiten müsse. Damit hat er in Pandemiezeiten natürlich recht. Es ist allerdings nichts Neues: Das war und ist das rote Konzept.

Die halbe Medienszene ist entzückt, weil der Kanzler endlich spricht, wie man es so von einem Kanzler erwarten könnte. Man hat es ja schon fast verlernt, dieses Angemessene. Auch der Vizekanzler scheint begeistert zu sein. Der Kanzler spricht jetzt also schöner. Das ist gut. Es stimmt auch, dass man das Gemeinsame finden muss, um sich der Pandemie entgegenstelle zu können. Er ist allerdings immer noch derselbe Mann, der in Griechenland Werbefotos von sich nach dem Brand in Moria machen ließ. Vor einer Antonov, deren Flug nicht gerade günstig gewesen war. Mit unbrauchbaren Zelten. Während Österreich sich weigerte, Menschen aus erbärmlichsten Zuständen zu retten.

Und jetzt? Der neue Innenminister dollfusslt ein wenig vor sich hin und hat schon mal antisemitisch konnotierte Codes bedient. Aus dem Heckenhintergrund schießt Elisabeth Köstinger gegen Wien und seine verantwortungsvollen Öffnungsschritte. Gemeinsam sieht ein bisschen anders aus. Genau genommen sieht anders auch anders aus.

Titelbild: APA Picturedesk

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16 Kommentare

  1. Liebe Frau Rabinowich, dass die Marionette Schmähhammer (Ziehvater die Abrissbirne Soberl) ein bigotter, strammer Parteisoldat aus NÖ so agiert, wie ihm geheißen, ist keine große Neuigkeit und schon gar keine Überraschung. Dass diese verlogene Show, mit ebenso verlogenen wie korrupten Akteuren weitergehen kann, daran ist Ihr DabeiVdB, der Notar der Korruptionsregierung nicht unwesentlich beteiligt. Haben Sie ihm diesen Artikel auch zugesandt? Hat er keine Informationen von Peter Pilz (der sich zur Amtsführung des DabeiVdB in beredtes Schweigen hüllt) erhalten, die von den schwarzen Verbrechen berichten? Ich denke schon, aber wenn man von der schwarzen Mafia mit brisanten Informationen aus der Vergangenheit erpresse wird, fügt man sich halt opportunistisch. Zur Kindercausa Moria, darf ich Sie noch erinnern, dass die DabeiInnen im Parlament gegen eine Aufnahme gestimmt haben-soviel zum Thema Verlogenheit und Bigotterie…
    Gute Nacht Österreich!

    • Haben Sie was gegen loyale Menschen, Beobachter? Falls ja, könnten Sie das vielleicht etwas tiefer begründen als nur damit, drüber in einem speziellen Fall zu schmähen. Wär Ihnen gegenüber jemand loyal, hätten Sie sicher nichts dagegen. Sie würden ihn auch nicht als Ihre Marionette bezeichnen.

      Verlogene Show? Sie sind kein Schwarzer, kein Konservativer, Herr “Beobachter mit der zerkratzten Brille”, aber WENN Sie einer wären – wär dann die Politik der Konservativen für Sie eine verlogene Show?

      Was genau hat vdB falsch gemacht?
      Solange kein gerichtliches Urteil vorliegt und solange es eine stabile Mehrheit im Nationalrat für die Regierungskoalition gibt, wird er wohl kaum selber Regierung spielen und politisch chaotisieren. vdB hat sich klug zurückgehalten. Seine Besonnenheit wird ihm im Inland wie im Ausland hoch angerechnet.

      Bezeichnend wird es im folgenden (auf vdB bezogenen) Satz:
      — “Ich denke schon, aber wenn man von der schwarzen Mafia mit brisanten Informationen aus der Vergangenheit erpresse wird, fügt man sich halt opportunistisch.” —
      Das ist reine Phantasie. Der Beobachter beobachtet also nicht, sondern erfindet. Betätigt sich dabei auch als Dreckschleuder. Kein Wunder, dass er so schlecht beobachtet.

      Moria: Es war sehr unangenehm für die Grünen, im Rahmen des Koalitionsvertrags hier mit den Türkisen mitstimmen zu müssen. So geht das manchmal in der Politik – Kompromisse können auch mal weh tun. Sowas könnte auch Ihnen passieren.

    • “….aber wenn man von der schwarzen Mafia mit brisanten Informationen aus der Vergangenheit erpresse wird, fügt man sich halt opportunistisch.”

      Könnten Sie genauer werden? Ich wäre Ihnen sehr verbunden.

  2. Danke fürs Graderücken der schiefen Propaganda, der offenbar in den Zeitungen weiter auf den Leim gegangen wird. Leider.

  3. Nehammer ist halt ein braver Schüler von Andreas Khol und hat dessen Credo schon verinnerlicht :

    “Was schert mich mein Geschwätz von Gestern”!
    Übersetzt: Was kümmert mich, was ich als Innenminister vertreten habe, jetzt spiele ich eine neue Rolle und gebe mich (zumindest kurzfristig) konsensbereit, wie es mir meine Berater nun vorkauen.

  4. Weil es von manchen so gerne vergessen wird: Der “Brand in Moria” war eine an mehreren Stellen gleichzeitig gestartete Brandstiftung der Migranten.
    Die Begrüßung der zur Hilfe eilenden Feuerwehr mit Plastersteinen fällt da schon kaum mehr ins Gewicht.

    Wer solche Personen aufnehmen möchte bitte melden. Bin gerne bereit mitzuhelfen um ihn ihren Kinderzimmern Gästebetten aufzustellen.

    • Hannah Arendt bringt als Beispiel für die Banalität des Bösen in Form einer gewissen Dummheit:
      Ca. 1942 oder 1943 in Mecklenburg/Vorpommern. Ein Bauer dort bekommt ein paar russische Kriegsgefangene als Sklavenarbeiter. Kaum sind die angekommen, stürzen sie sich auf das Futter, das grade an die Schweine ausgegeben wurde. Der Bauer: Da haben wir den Beweis, diese Russen sind ganz einfach Tiere. Wie die Schweine.
      Dass diese Russen beinahe verhungert waren, kam ihm nicht in den Sinn – obwohl es doch nahe lag.

      Diese Art von bösartiger Dummheit führt uns hier “Pflichtfeld” vor.

      Man könnte sich noch fragen, wie dieses geistige Abschalten begründet ist. Ich würde sagen: Entmenschlichung. Ein Teil der Menschheit wird entmenschlicht. Für den Bauern in Arendts Beispiel die Russen. Für Pflichtfeld die Flüchtlinge.
      https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lesbos-lager-karatepe-101.html

      Anstand setzt Empathie voraus.
      Interessanterweise kann aber auch logisches Denken und Schließen Empathie voraussetzen.

      • Vielen Dank für die Analyse meines Seelenzustandes.
        Die von mir genannten Fakten konnten sie damit aber leider nicht widerlegen.

        Was Sie und auch die Autorin des oben stehenden Artikels hier betreiben ist nichts anderes als moralische Selbsterhöhung auf Kosten anderer.
        Und eines garantiere ich Ihnen: Die gesellschaftlichen Kosten werden sehr hoch sein.

        • Sie meinen also, Empathie sei “moralische Selbsterhöhung”?

          Als Münchner hab ich, was die gesellschaftlichen Kosten angeht, eher den Eindruck, dass wir zu den Gewinnern der Einwanderung gehören. Die Einwohner der migrantenreichen Städte Westdeutschlands würden wohl nicht mit den Einwohnern der migrantenarmen ostdeutschen Städte tauschen wollen.

          Was die Fakten angeht: Also, wir dürfen dem Bauern in dem Beispiel, das ich gewählt habe, durchaus glauben, dass sich die russischen Sklavenarbeiter tatsächlich tierisch auf das Schweinefutter gestürzt haben. In diesem Sinne widerspreche ich dann Ihren Fakten durchaus nicht.

  5. Es gibt nun mal viele Konservative in Österreich, und den Nicht-Konservativen (=uns) kann es nur recht sein, in ihnen einigermaßen anständige und kompetente und kooperationsfähige Gegner und Partner zu finden.

    Wenn die ÖVP soeben einen Schritt in diese Richtung macht, ist es mir recht.

    Im Moment schaut es so aus, als ob mit Kickl/FPÖ keine Koalition möglich sei – für KEINE Partei. Den Zustand würde ich mir auf Dauer wünschen. Man sollte in Österreich die FPÖ so ausgrenzen, wie in Deutschland die AfD ausgegrenzt ist.

    Der Grund, warum ich pessimistisch bin: Ein beträchtlicher Teil der Österreicher wünscht sich im Grunde eine soft autoritäre Führungspersönlichkeit. Sachliche Politik, sachlich-kontroverse Debatte mögen die meisten Österreicher wohl nicht. Sie bevorzugen das Menscheln. Also einerseits die Freunderlpolitik, andererseits das Beschmähen der Feinde. Respektvolle Differenz – das verstehen zu viele nicht. Zu schnell befindet man sich im (verbalen) Bürgerkrieg.

  6. der neue stil oder der neue stiel (der prügel, mit dem der bastel auf andersdenkende-feinde- bildlich hindrosch)

  7. Diese Glorifizierung in den Medien ist peinlich.
    Nehammer ist vor allem ein strammer Parteisoldat. Voll auf Linie. Politisch sozialisiert im schwarzen Kernland Niederösterreich. Wo schwarz so schwarz ist, dass dagegen selbst schwarze Löcher hell erleuchtet sind.
    Bundeskanzler im Auftrag und von Gnaden der heiligen Johanna von Hollabrunn (St. Pölten oder Klosterneuburg?)
    Die Liste seiner Auffälligkeiten ist lang.
    Die Hilfslieferung nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria – selbst „DiePresse“ schrieb: Eine Hilfslieferung als PR-Gag.
    Die Nacht der Schande – in der Zinnergasse
    Das vollständige Versagen im Fall des Terrorattentates
    Zur Europäischen Menschenrechtskonvention hat er auch was zu sagen. Nämlich: „Dort, wo die Menschenrechtskonvention Grenzen setzt, muss es Alternativen geben.”

    Legendär auch seine Selbstbeschreibung in der Pandemie:

    „Wir sind sozusagen die Flex”

    https://www.hagerhard.at/blog/2021/12/ein-offizier-und-bundeskanzler/

    • was aus dem land der schwarzen brüder kommt, lässt unser land nicht daran genesen.

      • Na hallo, hallo … Brüder und Schwester*innen bitte. So viel Zeit muss sein.

    • Ich nehme solche unschönen Politiker-Handlungen nicht so persönlich wie Sie, Hagerhard.
      Es ging den Türkisen darum möglichst viele Ibiza-Beutewähler zu binden.

      (Sie haben schon auch eine persönliche Komponente. Die würde mich dran hindern, so zu handeln. Aber als Koalitionspartner könnte ich sie dulden. Mein Partner und Konkurrent darf durchaus in seinem Interesse handeln – so wie ich/wir ja auch.)

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