Donnerstag, März 28, 2024

Wie die Stadt Wien an die Adressen von Besetzern kam

Das ist ein Unterüberschrift

Im Auftrag der Stadt Wien verschickte die Anwaltskanzlei des früheren SPÖ-Abgeordneten Jarolim Klagsdrohungen an Unterstützer von Baustellenbesetzungen. Woher hat die Kanzlei deren Adressen?

 

Wien, 15. Dezember 2021 | In den vergangenen Tagen flatterte bei rund 50 Gegnern der geplanten Stadtstraße in Wien Donaustadt Post von der Anwaltskanzlei des ehemaligen SPÖ-Justizsprechers Hannes Jarolim ins Haus. Die Stadt Wien fordert darin Unterstützer der aktuellen Baustellenbesetzung auf, das Gelände zu räumen bzw. die öffentliche Unterstützung einzustellen.

Gegenüber einer möglichen Räumung sei der Brief das „gelindeste Mittel“, findet die Stadt. In dem Brief werden den Aktivisten allerdings rechtliche Folgen angedroht, nämlich die solidarische Haftung für allenfalls entstandene „immens hohe Schäden“. Eine konkrete Summe wird nicht genannt, bei Verzögerungen eines Großbauvorhabens geht es aber schnell einmal um Millionen.

Netzfunde

Für Verwunderung sorgte die offenbar willkürliche Auswahl von Empfängern der Briefe. Wer hat warum Post erhalten? Auf ZackZack-Nachfrage heißt es aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima, man habe sich angeschaut, wer im Netz als Unterstützer der Besetzung auftrete. Mitarbeiter der Stadt haben also soziale Netzwerke nach Namen und bekannten Gesichtern durchsucht. So kam es, dass neben eigentlichen Teilnehmern der Besetzung auch Personen Klagsdrohungen erhielten, die sich lediglich für die Besetzung stark machten. Betroffen ist auch eine minderjährige Aktivistin. „Das tut uns leid“, sagt eine Sprecherin Simas.

Neben einem Mitarbeiter des Magazins „Südwind“ (adressiert an den Verlag) erhielten auch zwei Forscher der Wiener TU den Brief der Stadt. Beide, Barbara Laa und Ulrich Leth, sind Universitätsassistenten am Institut für Verkehrswissenschaften. Ein Angriff auf die Freiheit der Wissenschaft?

Das sieht man im Büro von Ulli Sima anders. Laa und Leth habe man in ihrer Funktion als offizielle Sprecher des Vereins „Fairkehrswende Wien“ bzw seiner Inititative „Platz für Wien“ angeschrieben. Dass die beiden Forscher auch als politische Aktivisten auftreten, ist unbestritten. Dennoch glaubt Barbara Laa nicht, dass man die Klagsdrohung der Stadt auf diese Tätigkeit beschränken könne. Denn die Initiative habe auch an deren offizielle Adresse Post von Jarolim bekommen.

Den an Laa persönlich adressierten Brief erhielt die Mutter der Forscherin. „Offenbar arbeitet die Kanzlei mit einer veralteten Adressdatenbank“, vermutet Laa. An der Adresse sei sie schon seit einigen Jahren nicht mehr gemeldet. Adressen kann man legal von spezialisierten Händlern kaufen und auch verwenden, sofern man sich dabei an das Telekommunikationsgesetz und die DSGVO hält. Auch die österreichische Post verkauft Adressen an interessierte Kunden.

Ist Laa wegen der Klagsdrohung besorgt? „Persönlich hege ich keine Befürchtungen,“ sagt sie. Dass der Anwaltsbrief aber an ihre Mutter gegangen sei, habe allerdings dafür gesorgt, dass sie diese erst einmal beruhigen musste.

„Wollen, dass sie gehen“

Hat nun die Stadt tatsächlich vor, die Empfänger ihres Briefs zu klagen? Nicht unmittelbar, heißt es aus dem Büro der Stadträtin. „Wir wollen, dass sie gehen!“, und zwar, ohne Maßnahmen wie eine Räumung oder Klagen treffen zu müssen. Die Stadt habe ihr Gesprächsangebot an die Aktivisten erneuert. Die lehnen nach mehreren Treffen mit Planungsdirektor Thomas Madreiter bisher weitere Gespräche ab – wohl, weil sich die Stadt von ihrem Bauvorhaben nicht abbringen lässt.

Druck auf einen baldigen Baubeginn machen dem Vernehmen nach unter anderem die beteiligten Bauunternehmen. „Natürlich, die beauftragten Firmen wollen arbeiten“, heißt es dazu aus dem Büro von Ulli Sima. Die Stadt habe sich nun über drei Monate geduldet. Letzte Woche wurde die Versammlung auf der Baustelle von der Polizei offiziell aufgelöst.

Mit der geplanten 3,2 Kilometer langen Straße, die teils unterirdisch verläfut, will die Stadt Neubaugebiete links der Donau erschließen. Sie soll die Südosttangente im Norden mit der Seestadt Aspern an der U”-Endstation  im Süden verbinden. Laut Stadt sei das nötig, um die stark befahrenen Straßen in den Ortskernen der Donaustadt zu entlasten. Die Besetzer sind überzeugt, dass der Bau der Straße zusätzlichen Verkehr erzeugen werde.

(tw)

Titelbild: APA Picturedesk

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30 Kommentare

  1. Würde die Baufirma mit der Maschinenpflege beauftragen, der Wasserschlauch hat schon beim Murkraftwerk Fisching wahre Wunder gewirkt.

  2. SPÖ jagt Umweltschützer. Nach den Impfverzichtern sind nun die Umweltaktivisten dran. Bald jagen sie die Pensionisten, wenn die für ihre Rechte einstehen, oder die Frauen, wenn die Gleichberechtigung fordern. SPÖ auf der Jagd nach Kritikern.

  3. Der ludwig war mir lange hochgradig unsympathisch, va, als er baustadtrat war.
    War er nicht auch gegen die mahü umgestaltung?
    Seit seiner wahl hatte ich eine bessere meinung v ihm.
    Wenn er so weitermacht mit der lobau, ist er für mich unwählbar.

  4. Eine Straße erzeugt keinen Verkehr sondern ermöglicht Mobilität wo vorher Stau geherrscht hat. Der Verkehr wird aus den Ballungszentren ins Umland verlagert und das ist sinnvoll und richtig. Mobilität ist etwas Gutes, das Gegenteil ist eingesperrt zu sein und das hatten wir im Lockdown genug.

    • Vor dem bau der weinviertelautobahn wurde der stau künstlich erzeugt. Die verkehrszahlen wurden absichtlich gefälscht und die adressen von autobahngegnern im fb veröffentlicht.
      Eine frau traute sich gar nicht mehr nach hause.
      Andere wurden daheim “bearbeitet”,
      In manchen orten wurden plötzlich mehrere ampeln errichtet mit langen intervallen.
      Dann kam es zum stau, gö wilfing, selbsternannter “vater der autobahn” u d dollfußmuseumsbesucher?

  5. Wer keinen Dreck am Stecken hat, braucht sich vor einer Klage ja wirklich nicht zu fürchten … denn der selbe Rechtsstaat der so Besitzstörungen viel zu lange zugesehen hat, der selbe Rechtsstaat ist nicht verpflichtet solchen Umtriebigkeiten ewig zuzusehen … “Sehe allfälligen Klagen mit großer Gelassenheit entgegen” … als Abschreibbeispiel für die Klagsdrohbeantwortung … oder beginnt da plötzlich das große Muffensausen, wenn man zu seinem auffälligen Verhalten plötzlich auch stehen muß ?

  6. Dass immer mehr Daten weitergegeben werden, dürfte mittlerweile jedem klar sein.

    Aber ich möchte mal eine andere Frage in den Raum stellen. Warum lassen es Eltern überhaupt zu, dass Minderjährige an solchen Protestaktionen bzw. auch Fridays for Futures teilnehmen. Meiner Meinung sollten die eigentlich zur Schule gehen. Wenn sie volljährig sind, können sie ja machen was sie wollen.

    Andere Kids, die die Schule “schwänzen” werden mit Sanktionen belegt

    • Meines Wissens wurden die Kinder angezeigt, weil sie sich auf Twitter als Unterstützer des Protestcamps geäußert hatten: Sie waren also nicht vor Ort, sie äußerten via social media ihre Zustimmung.

      • Wenn ich das gewusst hätte, ich hätte es auch befürwortet.
        Der ludwig lässt wieder den beton/asphaltschädl heraushängen.
        So nicht!

    • In was für zeiten leben wir?
      Ich bin froh, wenn es jugendliche mit zivilcourage gibt.
      In der schule lernens solche demokratischen rechte sowieso nicht.
      Ich brauche keine duckmauser als staatsbürger.

  7. Alles total normal in einer Welt, in der demokratisch gewählte Vertreter plötzlich auf die Idee kommen, dass sie Herrscher wären.

    Liebe Stadt Wien, ich bin weder auf Facebook noch Twitter noch sonstwo. Da braucht’s schon eine Stasi um mich zu finden, aber was (noch) nicht ist, ist sicher schon in Planung.

    • Niemand, absolut niemand, wird gerade SIE suchen … das geht in die andere Richtung … möglichst weit weg, bloss nicht auch nur in den Verdacht kommen, mit sowas nur irgendwas zu tun haben zu wollen …

  8. Eine bedenkliche Aktion der Wiener Stadtregierung!

    Ist diese dubiose Beschaffung von Adressen mit der Androhung rechtlicher Folgen überhaupt legal?

    Nur weil diese engagierten Personen zu diesem strittigen Projekt anderer Meinung sind, werden Klagsdrohungen an beliebige Personen ausgeschickt, deren Adressbeschaffung äußerst zweifelhaft ist und wahrscheinlich keiner rechtlichen Prüfung standhält?

    • Offensichtlich glaubt der ludwig, er muss mit der mikl l den wilden mann spielen.
      Beide haben in haks maturiert.
      Da sind gewisse fächer offensichtlich nicht unterrichtet worden.

  9. Ich sehe Straßenneubau grundsätzlich als obsolet an. Mit den Pariser Klimaverträgen muss Co2 massiv reduziert werden. Deswegen beginnen die Autobauer bereits auf E.Autos umzusteigen. VW will bis spätestens 2028 nur mehr E.Autos produzieren. Aber selbst, wenn alle Autobauer der Welt sofort nur mehr E.Autos produzieren und verkaufen würden, könnten sie bis 2030 nur so viel produzieren, dass sie den Bestand von heute zu 50% halten können. Den weltweiten Autobestand. Aber auch nur, wenn es keine Ressourcenengpässe gibt.

    Man muss also davon ausgehen, dass sich der Verkehr massiv reduzieren wird. Die Planungen gingen aber von 30% mehr Verkehrsaufkommen aus. Aber damit ist es vorbei.

    Darum verstehe ich das Festhalten der Stadt Wien nicht. Es konnte mir auch noch niemand erklären, wieso unbedingt daran festgehalten wird, obwohl eine Verkehrsreduktion 2030 zu erwarten ist.

      • Ja, aber man geht von 50% des PKW-Bestandes 2030 gegenüber heute aus, weil nicht mehr Autos gebaut werden können. 1:1 Tausch wird nicht sein. Optimistisch ist die Variante 1:0,6 Tausch = 40% Bestandsreduktion (so sagte es Gewessler in der ZiB2).

        Straßen wird es weiter geben. Für Einsatzfahrzeuge (die brauchen dann nicht im Stau stehen), für Transporte. Und die Straßen sind ja schon da. Nur weitere Straßen bauen für weniger Verkehr?

        Der PKW-Bestand wäre mit 50% von 2020 in etwa gleich groß wie in den 70iger Jahren. Es würden Autos fahren, ja, aber viel weniger. In der Planung ist man von 30% mehr Verkehr ausgegangen.

      • …. soweit richtig.
        Wer Straßen baut macht Verkehr, ist auch richtig.
        SimCity, Cities Skylines und ähnliche Simulationen….
        Die gefinkeltsten Konzepte scheitern letztendlich am Verkehr, der bringt alles zum erliegen.
        Kombinationen aus diversen Öffis und Fußstrecken bringen Erleichterung. allerdings auch keine wirklich befriedigende Lösung.
        Wie man die Urbane Gesellschaft nachhaltig mobil halten kann, konnte ich auch nach 100erten Stunden in den letzten Jahrzehnten nicht herausfinden.
        Komplexe Systeme sind “komplex”, einfache Lösungen sind immer falsch….🧐

      • Oja,und leider auch sehr viel Strom,wo niemand weiß wo der herkommen soll,wenn man schaut,daß eigentlich fast täglich die Warnung von einem großen Blackout kommt,also bitte mal überlegen,wenn da am Abend mal so ganz wenig gerechnet 10.000 Autos auf 1 x geladen werden,dann wird es finster für alle.

        Darum fahren sie ja auch die Atomkraftwerke schön wieder hoch,also das sollte man auch mal überlegen warum.

        E-Autos sind nicht der Weisheit letzter Schluß,und es werden soviele Sachen gebraucht alleine nur für die Batterie.Die Entsorgung derer interessiert auch noch niemand wirklich.

        Aber klar,der Verkehr muß weniger werden,Güter auf die Schiene ja wäre schon gut,funktioniert leider nicht so recht.

        Keine Ahnung,aber es ist natürlich auch in unserem Umfeld ein Gesprächsthema,wo dann einige sagen,Wasserstoff ist das Einzige,ich weiß es nicht,ich kann das nicht beurteilen.
        Andere sagen,es wird wieder so kommen,wie es mal war,also 1 Autofreier Tag in der Woche,ja kann sein,aber man konnte den damals auch umgehen wenn man 2 Autos in der Familie hatte. Wieder andere sagen,es wird dann halt so werden,an ungeraden Tagen fahren nur die und an geraden die.
        Wie gesagt,ich weiß es nicht,aber eines weiß ich,E-Autos sind nicht nur super und toll,weil woher soll der ganze Strom kommen und unsere Stromleitungen sind sicher nicht so toll,daß sie alles aushalten.

        Wir sagen,gut,wenn es so läuft wie wir es uns denken,dann werden wir uns in diesem Leben noch 1 x ein Auto kaufen,das wird sicher ein Benziner sein und das wird sicher ein paar Jahre halten und dann sind mein Mann und ich so ehrlich zu uns selber,wäre es wohl besser,wenn wir dann selber nicht mehr fahren,ab einem gewissen Alter sollte man es sein lassen.Ich hoffe wir schaffen es uns dann auch an das zu halten,was wir jetzt sagen,gibt genug,die sagen ja so mache ich es auch,aber wie oft hört man dann,ach wir fahren ja eh nur 1 x die Woche einkaufen und man denkt sich dann als Nachbar immer,hoffentlich kommen die wieder heil heim und verletzten sonst niemanden,beim eh nur 1 x einkaufen fahren.

        Aber das ist einfach unsere persönliche Sache,wie es für junge Menschen wird,oder für viele die jetzt im mittleren Alter sind und noch viele Jahre fahren wollen,ich weiß es nicht.

    • schon mal auf der tangente in wien unterwegs gewesen? da fahren nicht nur privat-pkw sondern eine unzahl von lkw aus dem osten europas QUER DURCH wien statt rundherum ! jede großstadt hat einen autobahnring rund um die stadt nur in wien fährt man noch immer mitten durch und wir haben eine grüne ministerien die gerade auf einem selbstfindungs- und profilierungstripp unterwegs ist

      • Ich formuliere mal so: Die Autoindustrie schafft es nicht, PKW 1:1 gegen Verbrenner zu ersetzen.

        Wenn die Pariser Klimaziele erreicht werden sollen, dann müssen die westeuropäischen Autobauer ja ganz Europa mit E-Autos versorgen. Sonst geht das nämlich nicht auf. So sagte Scholz bei Anne Will vor ein paar Wochen.

        Das heißt im Klartext: Man muss heute von einer Halbierung (!) des PKW-Bestandes ausgehen. Wir haben die Straßen schon, sie werden in Zukunft weniger befahren sein. Die Planung fand vor der Unterzeichnung der Klimavertrages statt. Die alten Argumente zählen nicht mehr, weil der Wirt (Autoindustrie) nun eine andere Rechnung aufmacht. Es fehlen die Ressourcen für die Batterien, um mehr zu produzieren.

        • es fehlen nicht nur ressourcen um batterien herzustellen sondern vielmehr das netz an lademöglichkeiten, und selbiges schafft bei weitem nicht die umstellung auf e-autos, geschweige denn halte ich die dsikussion über e-autos als scheinheilig, denn die herstellung der batterien ( von der entsorgung rede ich gar nicht ) ist alles andere als umweltschonend

          • Sehe ich im Prinzip auch so. Die Verbrenner werden eingestellt. Bleiben also noch weniger Autos, vielleicht wird eine Reduktion von 90% rauskommen. Weil wenn die Ladestationen kommen sollten in ausreichender Zahl, fehlt es dann vielleicht an Strom.

            Umso mehr wundere ich mich, dass man vor diesem Hintergrund neue Straßen bauen will.

    • Die bahn muss reaktiviert werden und kundenfreundlicher, va auf dem land.
      Und gütertransport gehört sowieso auf die schiene.

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