Wer kümmert sich in der Pandemie um die jungen Menschen?
Die Donau-Uni Krems hat in einer aktuellen Studie deutlich gemacht, was keine Überraschung ist: Kinder und Jungendliche leiden in der Corona-Krise am stärksten unter psychischen Erkrankungen. Die Seite “IstOkay.at” will jungen Menschen jetzt unter die Arme greifen.
Wien, 27. Dezember 2021 | Zwei Jahre Pandemie machen sich in der psychischen Gesundheit junger Menschen deutlich spürbar. Die Donau Universität Krems hat das Thema in einer aktuellen Studie unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Unter 1.500 Befragten litten 62 Prozent der Mädchen und 38 Prozent der Burschen im Oktober und November an „mittelgradigen depressiven Symptomen“. Ein Fünftel der Mädchen und 14 Prozent der Burschen denken wiederholt an Suizid. Zukunftsängste und die Einschränkungen durch die Pandemie sind die häufigsten Gründe.
“Es braucht Sofort-Maßnahmen”
Im Juli diesen Jahres wurden 13 Millionen Euro für die psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen versprochen. Verteilt wurden sie bisher nicht. NEOS-Jugendsprecher Yannick Shetty hat dafür kein Verständnis: „Während alle auf die Corona-Zahlen schauen, hat sich in den vergangenen zwei Jahren eine Krise der Jugend entwickelt, deren Auswirkungen katastrophal sind. Zwei von drei aller Mädchen zwischen 14 und 20 Jahren haben eine mittelgradige Depression. Eine von fünf hat regelmäßige suizidale Gedanken“, so Shetty gegenüber ZackZack. Er fordert die Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) zum Handeln auf: “Die Regierung muss jetzt Sofort-Maßnahmen setzen!”
Online-Selbsthilfe
Die Homepage „IstOkay.at“ versucht, einen Teil zur Besserung der Situation beizutragen. Die Internetseite soll als eine erste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche dienen. Entwickelt wurde es von der Donau Universität als Reaktion auf die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie.
Mit den Worten „Schön, dass du da bist!“ werden die Nutzenden begrüßt. Zu finden sind auf den ersten Blick Videopodcasts und Fragebögen zu den psychischen Krankheiten Depression, Angst- und Schlafstörungen sowie Stress. „Das ist entstanden, weil wir seit Jahresbeginn immer wieder Studien gemacht haben und gesehen haben, dass Jugendliche am meisten an diesen Krankheiten leiden“, erklärt Christoph Pie, Studienautor und Universitätsprofessor am Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit an der Donau-Uni Krems.
Leserinnen und Leser erhalten wissenschaftliche Empfehlungen und Informationen darüber, was getan werden kann, wenn man unter einer psychischen Krankheit leidet.
Fragebogen soll Verständnis geben
Wie stark die Krankheit ausgeprägt ist, sollen die Jugendliche mithilfe von Fragebögen herausfinden können. Es gehe aber auch darum, grundsätzliche Informationen zu erhalten und Anzeichen oder Zusammenhänge zu verstehen.
Kinder und Jugendtherapeut Phillipp N. findet, dass die Homepage eine Therapie auf keinen Fall ersetzt, jedoch wichtig ist, um Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass es okay ist, Probleme anzusprechen. Er erklärt gegenüber ZackZack: “Bei Kindern und Jugendlichen existiert oft eine sehr große Hemmschwelle, sich bei psychischen Problemen an jemanden zu wenden – auch in der eigenen Familie. Psychische Krankheiten sind oft Tabu-Themen.” Der Therapeut sieht Selbshilfe-Angebote wie „IstOkay.at“ in erster Linie als wichtige Hilfe, eigene Probleme zu formulieren.
Der einzige Kritikpunkt: “Es wird ein bisschen das Gefühl vermittelt, dass, nachdem man das Video anschaut, alles wieder gut ist. Ein bisschen Sport, ein bisschen Bewegung. Menschen, die an Depression leiden, fällt es extrem schwer, so etwas einfach anzunehmen. Doch es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.”
Stellen, an denen Sofort-Hilfe angeboten wird:
- Rat auf Draht: 147 (0 – 24 Uhr)
- Telefonseelsorge: 142 (0 – 24 Uhr)
- Ö3 Kummernummer: 116123 (16 bis 24 Uhr)
- Telefonhotline der Schulpsychologie: 0800 211 320 (Mo-Fr: 8-20 Uhr; Sa: 8-12 Uhr)
Erste Hilfe bei Suizidgedanken: www.suizid-praevention.gv.at(jz)Titelbild: APA Picturedesk