Freitag, April 26, 2024

Wirtschaft will 10-Stunden-Tag für Schwangere und Jugendliche

Das ist eine Unterüberschrift

Das Gesetz schützt Schwangere und Jugendliche vor zu langen Arbeitszeiten. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung wollen das ändern.

Wien, 11. Jänner 2023 | Wer in Österreich schwanger ist, darf gesetzlich nicht länger als neun Stunden arbeiten, Jugendliche unter 18 Jahren dürfen höchstens acht Stunden pro Tag arbeiten. Nur unter bestimmten Umständen sind neun Stunden erlaubt, wenn in der Woche nicht mehr als 40 Stunden gearbeitet werden. Doch Unternehmen finden: Da muss noch mehr gehen!

ZackZack liegen Protokolle von zwei Treffen im Oktober und November 2022 vor. Eingeladen hatte das ÖVP-geführten Arbeits- und Wirtschaftsministerium (BMAW) dazu Vertreter von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung sowie von Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). „Kontrast.at“ hat zuerst berichtet.

Vorwand Energiekrise

Der Anlass für das Treffen sei die Energiekrise, heißt es auf der ersten Gesprächseinladung des Ministeriums. Klein- und Mittelbetriebe hätten den Wunsch, Jugendliche vier Tage die Woche zehn Stunden pro Tag arbeiten zu lassen, zumindest während der Heizsaison. Darüber wolle man sprechen.

Im ersten protokollierten Gespräch wurde schnell klar: Es geht nicht um die Energiekrise. „Es besteht nur ein minimaler Konnex zum Energiethema. Das Thema ist eine grundsätzliche Notwendigkeit“, sagte ein Vertreter der Industrieellenvereinigung. Man wolle eine solche „Vier-Tage-Woche ohne sachliche Beschränkung“ diskutieren, so ein Vertreter der Wirtschaftskammer.

AK und ÖGB: Gesundheitsschutz geht vor

Dabei geht es ihnen vor allem um die Lehrlinge. Es wäre doch ein Vorteil, wenn man die Arbeitszeiten der Lehrlinge an jene der anderen Mitarbeiter anpassen könnte, unter anderem auch damit mehr gelernt werden könne, so das Argument.

Die Arbeiterkammer war nicht begeistert. Im Protokoll heißt es von dieser Seite, dass es einen Grund für die Arbeitszeitbeschränkung gebe: Gesundheitsschutz von Jugendlichen, die noch in der Entwicklung sind. „Die Tageshöchstarbeitszeit soll nicht auf Lasten der Gesundheit der Jugendlichen ausgedehnt werden.“ Nach acht Stunden Arbeit erhöhe sich die Belastung und die Unfallgefahr exponentiell. Außerdem sei die Frage, wie hoch der Lerneffekt nach mehr als acht Stunden überhaupt noch sein könne.

Vorschlag: Zehn Stunden aber mit mehr Pause

Auch vom ÖGB kam laut Protokoll der Einwand, dass zehn Stunden „körperliche und körperlich schwere Arbeit Jugendlichen nicht zumutbar“ sei. Es würde bedeuten, dass diese nur mehr „heimkommen, essen und schlafen gehen“. AK und ÖGB fänden eine Vier-Tage-Woche mit einer Maximalarbeitszeit von 36 statt 40 Stunden laut des Schriftstücks verträglich.

Das Arbeits- und Wirtschaftsministerium (BMAW) machte den Vorschlag, man könnte für Lehrlinge eine Vier-Tage-Woche mit zehn Stunden machen, wenn es eine zusätzliche Pause gebe, die auf die Arbeitszeit angerechnet werde. Beide Seiten gaben an, das intern besprechen zu müssen, aber prinzipiell nicht abgeneigt zu sein.

WKO will Mutterschutzgesetz ändern

Doch die Wirtschaftskammer hatte bei diesem Gespräch noch eine andere besonders schützenswerte Arbeitnehmerinnen-Gruppe im Visier. Sie trat nämlich noch mit der Bitte an das Ministerium heran, ob Arbeitszeitregelungen im Mutterschutzgesetz neu evaluiert werden könnten, sodass auch Schwangere zehn Stunden pro Tag, vier Tage die Woche arbeiten könnten – etwa im Büro. Das BMAW meinte daraufhin, man werde prüfen, ob das überhaupt möglich sei.

Ein zweites Treffen der Vertreter der verschiedenen Seiten gab es dann im November, einigen konnte man sich dabei aber nicht. Der ÖGB hielt fest, er werde zehn Stunden Arbeitszeit für Jugendliche nicht zustimmen. Die AK stellte klar, dass der Gesundheitsschutz vorgehe, der Arbeitnehmerschutz könne nicht herabgesetzt werden, auch nicht mit Befristung für die Zeit der Energiekrise.

WKÖ und IV hielten indessen fest, dass sie diese zehn Stunden trotzdem gerne hätten: mit einer Pause, die allerdings nicht als Arbeitszeit gelten und damit auch nicht bezahlt werden soll.

(sm)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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11 Kommentare

  1. Widerliche Arschlöcher!
    Zuerst alles kaputt sparen und auslagern, dann jammern. Zur Krönung den Gesundheits Schutz der AN aufweichen!
    Noch dreister und heuchlerischer geht wohl nicht mehr!

  2. Und im gleichen Atemzug plärren: Fachkräftemangel. Hilfe, keiner will mehr für Hungerlohn hackeln!
    Ihr verdient keine Facharbeiter, weil ihr ihnen schon als Lehrling klar macht, dass ihr auf sie scheixxt !

    Und – Herr Mahrer, schon mal als Schwangerer 8 Stunden (“Nur” 8!)
    gearbeitet? – Nicht ?
    SOLANGE DAS NICHT DER FALL IST — PAPN halten !!!!

  3. Ja freilich, früher habens auch ihr Leben in der Firma verbracht, vor dem Durchsetzen der Arbeitsschutzgesetze… Da waren 70 oder 80 Stundenwochen keine Seltenheit. Und heute brauchst “für die gleiche Arbeit 2 Leut”!

    Leute, so denkt diese kranke Bagage wirklich.

  4. ich fühl mich grad an den terroranschlag vom november 2020 erinnert und damit an die einzig mögliche antwort für dererlei ansinnen:

    schleichts eich, es oaschlöcher!

  5. Wieder ein Strafstoß für die SPÖ den sie leider nicht mal schießen wird.
    Die 60 Stunden Woche ist eigentlich auch ein Thema für die Abschaffung.

    Die Überschrift könnte auch lauten Sklavenhalter wollen Sklaven noch weiter ausbeuten.

    • Die rote Bagage ist ebenfalls schon vorm Kapitalismus eingeknickt. Die verschlafen zu viel.
      Wenn die Gewerkschaft auch das importieren der ausländischen Fachkräfte unterstützt, stützt sie auch das NICHT VERBESSERN DER RAHMENBEDINGUNGEN UND ANHEBEN DER GEHÄLTER.
      Auslagern der gehobenen Pflege Ausbildung an die FH = weniger Nachwuchs, weil Studien gebühr bezahlt werden müssen. Hingegen Polizist, Arzt, Feuerwehr bekommen bezahlte Ausbildung, Polizisten zusätzlich ein Gehalt.

    • Genau. Und es ist wiedermal erkenntlich, dass Menschen nur als Material betrachtet werden. Es ist eine Weltanschauung, die im Prinzip auch erlaubt, Menschen als Kriegsmaterial einzusetzen. Vom Arbeitsmaterial zum Kriegsmaterial ist es nur ein kleiner Schritt.

  6. Man hört ja gar nichts von unserer Jugendstaatssekretärin, hallo Frau Plakolm! Na wo ist sie denn nur?….Sie vertritt die Interessen der Jugendlichen gar nicht, sondern nur die der ÖVP und ihre eigenen….ah so, deshalb das Stillschweigen.

    • Ich hab die Frau Plakolm letztens in der ZiB 2 bei Armin Wolf (zusammen mit Martha Krumpeck) gesehen, als es um die Protestaktionen der „Letzten Generation“ gegangen ist.
      Das war wieder ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Leute in der ÖVP allesamt ein extrem vorgestriges Denkmuster haben – oder gar nicht selber denken, sondern nur das nachplappern, was man ihnen vor einem Auftritt eingetrichtert hat.

      So gesehen ist es eh gut, von ihrem Gefasel verschont zu werden.

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