»Ich brauche das dringend«
War die Bestellung von ÖVP-Polizist Georg Angerer zum Leiter des Salzburger Verfassungsschutzes geschoben? Neue BMI-Chats belegen, wie Angerer um Hilfe von ganz oben ersuchte – und sie offensichtlich bekam.
Wien, 29. Jänner 2022 | Merk dir die Arschlöcher und wir knöpfen sie uns einzeln vor ?? – So geht die ÖVP-Familie im Innenministerium mit politisch Andersdenkenden in der Polizei um. Die von ZackZack enthüllten BMI-Chats belasten Innenminister Sobotkas einstigen Kabinettschef Michael Kloibmüller und seinen Parteifreund Georg Angerer, den Leiter des Salzburger Landesamts für Verfassungsschutz (LV).
ZackZack veröffentlicht jetzt weitere BMI-Chats zur Causa “Hallein-Connection”. Der Verdacht: Angerers Beförderung zum LV-Chef war geschoben.
Der „harte Kern“
“Die Besetzung der Position ist objektiv und rechtskonform erfolgt.” Für seinen Halleiner Parteifreund Georg Angerer legt Franz Ruf, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, in der Salzburg-“Krone” vom Mittwoch die Hand ins Feuer.
Anfang 2016 ahnt Angerer, dass die Entscheidung für das LV Salzburg bereits im BMI vorbereitet wird. Angerer ist zu diesem Zeitpunkt Kriminalpolizist im Salzburger Landeskriminalamt – und er hat ein Parteibuch der ÖVP. Als Stadtrat und Fraktionsführer im Halleiner Gemeinderat hat er seiner Partei augenscheinlich bewiesen, dass auf ihn Verlass ist.
Als der Posten des LV-Leiters ausgeschrieben wird, bewirbt sich Angerer. Er hat zwei Probleme: zwei Mitbewerber, die als dienstältere Polizeijuristen besser qualifiziert scheinen. Keiner der beiden gilt als Anhänger einer anderen Partei. “Aber bei uns reicht’s ja nicht einmal, wenn du bei der ÖVP bist. Du musst beim harten Kern sein, sonst wirst nix”, erzählt ein Personalvertreter der Salzburger Polizei ZackZack.
„Bitte um die zugesagte notwendige Unterstützung…“
Angerer ist schon früh überzeugt, dass er Hilfe von ganz oben braucht. Am 11. Jänner 2016, also noch vor Beginn der offiziellen Ausschreibung, wendet er sich an Kabinettschef Kloibmüller. Zuerst geht es um Belangloses: Lieber Michi, habe soeben Deine Schreiben, bezüglich Weiterleitung meiner 4 Anregungen auf Ehrenzeichen an die Präsidentschaftskanzlei, erhalten. Herzlichen Dank dafür.
Dann kommt Angerer zur Sache: Bitte auch um die zugesagte notwendige Unterstützung für den LV-Leiter in Sbg.; ich brauche diese dringend! Beste Grüße nach Wien mein Freund, Georg A. LKA Sbg.
Der Kriminalpolizist macht klar, dass er die Hilfe des BMI-Kabinettschefs für den Posten des LV-Leiters “dringend braucht” – und, dass ihm das bereits “zugesagt” wurde. Doch Kloibmüller, den er seinen “Freund” nennt, ist für die Postenbesetzung eigentlich gar nicht zuständig. Angerer fürchtet, ohne die mögliche Protektion des Sobotka-Kabinettschefs schlechtere Chancen zu haben. Was die Chats auch zeigen: wie früh sich die “Familie” auf bevorstehende Postenbesetzungen vorbereitet, denn Angerer schreibt Kloibmüller ein halbes Jahr vor der Ausschreibung im Juni.
„Lieber Michi, herzlichen Dank“
Angerers Weg wird erleichtert, weil andere einen Rückzieher machen. Einer der Mitbewerber bestätigt auf ZackZack-Anfrage: “Ja, ich habe meine Bewerbung zurückgezogen”. Er beteuert, das “aus freien Stücken” getan zu haben. Mehr will er dazu nicht sagen. Der zweite Bewerber war für ZackZack nicht erreichbar.
Zehn Monate nach der dringenden Bitte an den Kabinettschef ist Angerer sorgenfrei. Am 5. Oktober 2016 wird der Bestellungs-Akt dem Fachausschuss der Salzburger Exekutive vorgelegt. Dort sitzen nicht nur Parteigänger der ÖVP. Aber im Akt steht nur noch ein Bewerber: Georg Angerer. Damit hat es der ÖVP-Stadtrat geschafft. Die Entscheidung des Salzburger Landespolizeidirektors Franz Ruf, seinen Halleiner Parteifreund zum LV-Leiter zu machen, ist nur noch Formsache.
Erinnerungslücken
Am 6. Dezember 2016 bedankt sich Angerer als frisch bestellter LV-Chef bei seinem Freund Kloibmüller: Lb. Michi, habe heute nachmittags mein Ernennungsdekret übernommen; herzlichen Dank! Was sagt Kloibmüller zu diesem persönlichen Dank? Der ehemalige BMI-Kabinettschef will sich zu den Chats nicht äußern, allerdings habe er grundsätzlich “niemals irgendjemand abgehalten (…), sich um eine Planstelle zu bewerben.”
Ruf betont auf Nachfrage, dass es als Verantwortungsträger grundsätzlich seine Aufgabe sei, “alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Ihrer Arbeit oder ihren Karriereplänen zu beraten und unterstützen”. Dabei gehe es stets um das beste Ergebnis in der Personalentwicklung. Angerer wiederum gibt zu verstehen: “Das ist so lange her.” Die Vorgänge seien ihm nicht bekannt, an die Chat-Nachrichten könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe sich beworben und später über den Posten gefreut. Ob es Hilfe von Kloibmüller gab, könne er nicht sagen – “Sie schreiben sowieso, was Sie wollen”.
(pp/tw/wb)
Titelbild: APA Picturedesk