Samstag, Juli 27, 2024

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer: »Der Ausdruck ‚Austrofaschismus‘ ist nicht falsch«

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer

88 Jahre nach dem Februaraufstand 1934 und der Diktatur unter Dollfuß findet Ex-Bundespräsident Heinz Fischer klare Worte: “Es war eine österreichische Spielart des Faschismus.”

Wien, 14. Februar 2022 | Die Junge Generation der SPÖ klärt anlässlich des 88. Jahrestags des Februaraufstands 1934 in der Video-Reihe „WTF – Was That Fascism?“ über die Diktatur unter Engelbert Dollfuß auf. Darin beantworten namhafte Expertinnen Fragen zum Thema, auch Ex-Bundespräsident und Politikwissenschaftler Heinz Fischer (SPÖ). Dieser findet klare Worte: „Es war eine österreichische Spielart des Faschismus. Der Ausdruck Austrofaschismus ist daher nicht falsch!“

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Gegenstück zur Demokratie

Generell seien die späten 20er- und dann die 30er-Jahre ein „Pendelschlag weg von der Demokratie gewesen“, sagt Fischer – mit Benito Mussolini in Italien, Francisco Franco in Spanien, Miklós Horthy in Ungarn, der Militärdiktatur in Polen und schließlich Adolf Hitler in Deutschland.

Die Diktatur unter Engelbert Dollfuß aus der Christlichsozialen Partei könne man, so Fischer in dem Video, mit den „Hitler-Verbrechen absolut nicht vergleichen.“ Aber ganz klar sei: Es sei die Demokratie abgeschafft, eine autoritäre Verfassung eingeführt und das Ganze mit Gewalt und Gefängnis durchgesetzt worden. Daher sei die Dollfuß-Diktatur eine Form des Faschismus gewesen.

Parlament wurde ausgeschaltet

Die Theorie der „Selbstausschaltung des Parlaments“ sei damals eine Erfindung der Christlichsozialen Partei gewesen, so Fischer: „Das Parlament hat sich nicht selbst ausgeschaltet, es wurde ausgeschaltet.“ Auch den Verfassungsgerichtshof hatte die Regierung lahmgelegt. Sie hatte die Sozialdemokratie verboten und politische Gegner verfolgt, die sie in sogenannte „Anhaltlager“ gesperrt hatte. Am 1. Mai 1934 war eine neue, autoritäre Verfassung eingeführt und der Tag zum Staatsfeiertag erklärt worden. „Diese Periode verdient wahrlich bis heute kein gutes Zeugnis und muss eine Mahnung sein“, so Heinz Fischer in dem Video.

Ausdruck immer wieder debattiert

Als Anlass für die Video-Reihe nannte die SPÖ Wien in einer Presseaussendung vom 10. Februar auch die jüngsten Debatten über die Bezeichnung „Austrofaschismus“, die mit der Bestellung von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) aufkamen.

Seit 1998 ist in Karners Heimatstadt Texingtal im Geburtshaus von Dollfuß ein Museum eingerichtet. Karner war als Bürgermeister der Gemeinde von 2015 bis 2021 Betreiber des Museums. Am Eingang zum Museum ist eine Tafel angebracht, die das Haus als „Geburtshaus des großen Bundeskanzlers und Erneuerers Österreichs Dr. Engelbert Dollfuß“ bezeichnet. Immer wieder wurde kritisiert, dass sich das Museum nicht kritisch genug mit Dollfuß auseinandersetze.

Im Dezember 2021 hat Karner bekannt gegeben, bereits im Frühjahr des Jahres mit dem zuständigen Verein vereinbart zu haben, dass das Museum überarbeitet werde.

(pma)

Titelbild: APA Picturedesk

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