Mittwoch, April 24, 2024

Keine Empfehlungen der Kindeswohlkommission umgesetzt 

Mitglieder gründen neue Plattform

Die Politik hat bisher keine einzige Empfehlung der Kindeswohlkommission umgesetzt. Einige Mitglieder wollen jetzt mit einem neuen Bündnis Druck machen.

21. Februar 2021 | Keine einzige der elf Empfehlungen der von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vor gut einem Jahr eingesetzten Kindeswohlkommission sei umgesetzt worden, beklagen deren Mitglieder. Aus diesem Grund haben einige von ihnen, darunter auch die Vorsitzende Irmgard Griss, das Bündnis “Gemeinsam für Kinderrechte” gegründet. Ziel sei es, langfristig den Kinderschutz im Asylwesen zu institutionalisieren und politischen Druck aufzubauen, hieß es am Montag in einer Pressekonferenz.

Kritik an Abschiebung eines 13-Jährigen

Die Kindeswohlkommission hatte im Juli eine Analyse der rechtlichen Situation für Kinder im Bereich der Asyl- und Bleiberechtsverfahren samt Empfehlungen vorgelegt. “Aus dem Justizministerium hat es geheißen, man bemühe sich darum, die Empfehlungen umzusetzen. Bis jetzt wurde aber keine einzige Empfehlung umgesetzt”, so Griss. “Der aktuelle Fall eines abgeschobenen 13-Jährigen zeigt, dass sich auch das Innenministerium den Bescheid wenn überhaupt nur oberflächlich durchgelesen hat” kritisierte die Ex-OGH-Präsidentin zudem. Dass er – gegen die Empfehlung der Kommission – während des Schuljahres abgeschoben wurde, sei besonders störend.

Einige Mitglieder der Kindeswohlkommission haben nun die Plattform “Gemeinsam für Kinderrechte” gegründet. Darunter befinden sich neben der ehemaligen Leiterin der Kommission, Irmgard Griss, auch Universitätsprofessor Ernst Berger, der Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs, Sinaida Horvath von der Refugee Law Clinic der Universität Wien und Katharina Glawischnig von der Asylkoordination Österreich, die die Koordination des Bündnis übernimmt. Man sehe sich als Vertreter von allen Menschen, die damit unzufrieden seien, gut integrierte Kinder abzuschieben.

Neue Plattform will politischen Druck machen

Das langfristige Ziel des Bündnisses ist die Durchsetzung des institutionalisierten Schutzes von Kinderrechten und die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission. Ab sofort leistet das Bündnis zivilgesellschaftliches Monitoring im Asyl- und Fremdenrechtsbereich. Dadurch soll politischer Druck auf die Regierung und Behörden ausgeübt werden. “Das Bündnis kann nur eine Übergangslösung sein, bis es eine staatliche Institution gibt”, so Glawischnig. Deshalb sollen Berichte von Abschiebungen, bei denen gegen das Kindeswohl verstoßen wurde, gesammelt, dokumentiert und veröffentlicht werden.

Rechtliche Unterstützung kann das Bündnis nicht anbieten, im Falle einer akuten Kindeswohlgefährdung soll ein “Kindeswohlbrief” geschrieben und an die Behörden gesendet werden. Dieser Brief solle darlegen, weshalb eine Abschiebung aus Sicht des Bündnis ungerechtfertigt wäre. “In manchen Fällen wird man sicher nicht mehr konkret helfen können, aber unser Ziel ist es auch das Bewusstsein der Gesellschaft und der Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen zu schärfen”, so Griss.

Besseres Monitoring gefordert

Auch NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper kritisiert den Umgang der Bundesregierung mit den Empfehlungen der Kommission: “Es zeigt sich immer deutlicher, dass sich die Regierung nur Zeit erkaufen und die vielen kritischen Stimmen beschwichtigen wollte, indem sie zwar eine Kindeswohlkommission beauftragt hat, jetzt aber den Empfehlungen dieser Kommission nicht folgt”. Die NEOS-Asylsprecherin fordert ebenfalls besseres Monitoring: “Es braucht dringend eine wirksame Monitoring-Struktur, zügige Obsorge, die den Namen auch verdient, und kindergerechte Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge”, so Krisper.

Laut SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Eva Maria Holzleitner komme die Regierung nicht nur den Empfehlungen der Kommission nicht nach, sondern missachte geltende Kinderrechte: “Wir haben Kinderrechte, die in Österreich in Verfassungsrang stehen, die klar besagen, dass das Kindeswohl zu berücksichtigen ist. Wir haben eine Kindeswohlkommission, die sehr schnell Forderungen auf den Tisch gelegt hat. Wir haben einen Parlamentsbeschluss, der die Bundesregierung dazu auffordert hier tätig zu werden. Wenn die grüne Justizministerin trotz alledem nicht aktiv wurde, dann will sie es nicht, oder darf es nicht. Beides ist einer angeblichen Menschenrechtspartei unwürdig!”

Update um 15.10 Uhr, ergänzt um die Absätze unter “Besseres Monitoring”

(sm/apa)

Titelbild: Roland Schlager

Stefanie Marek
Stefanie Marek
Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.
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21 Kommentare

  1. Man beachte: Nicht die ÖVP oder die FPÖ stellt derzeit die Justizministerin!
    Es ist der Anstand der Grünen, welcher in diesem Ministerium eingezogen ist.
    Frage: Wann wird Sigrid Maurer zur ÖVP wechseln… ; )

  2. Die Kinder all jener die nicht “Familie” sind haben diese Regierung (dazu gehören auch die Grünen) noch nie interessiert.
    Das könnte die politisch schon länger aktive Irmgard Griss mit ihren 75 Jahren aber auch wissen.
    Daher beschleicht mich der Verdacht: Den meisten Akteuren geht es mehr darum sich im Lichte der moralischen Sonne zu wärmen und ihr Gesicht in den Medien zu sehen.

  3. Es sollte längst klar sein, dass diesen “Verantwortlichen” sehr an ihrer Menschenverachtung und (bestenfalls) Gleichgültigkeit gelegen ist. Die Empfehlungen werden vermutlich gleich in den Spam-Ordner verschoben. Wozu sollte man sich damit auch auseinandersetzen, wenn alles, was auch nur im Ansatz mit Menschlichkeit zu tun hat, nur Unbehagen bereitet?

    Mir tun diese Kinder unendlich leid. Auch die Jugendlichen, die von ihrer Lehrstelle weggezerrt werden. Ich bedaure die Unternehmer und Ausbilder, die sich für diese Kids engagieren, ihnen was beibringen, sie in den Betrieb integrieren wollen, und dann kommt so ein Bürokratenarschloch daher und stempelt alles nieder, was da geleistet wurde. Ebenso die Lehrer und Klassenkameraden, die so wenigstens einen klaren Eindruck davon kriegen, was von diesen xxx xxx xxx zu halten ist.

    • Lang, lang ist´s her… da konnte man stolz sein auf unser Land. 1956 als die Grenzen offen waren für Flüchtende aus Ungarn, 1968 aus Tschechien, ab den 1990er Jahren vom Balkan. Im Laufe meines Berufslebens lernte ich viele Menschen aus „aller Herren Länder“ kennen, die alles hinter sich lassen mussten um ihr Leben zu retten. „Jasmin“ aus China, deren Familie von Mao „gesäubert“ wurde, Jihad aus dem Libanon, Miftar, Neziha und Hatice aus dem Kosovo, Abdel aus Ägypten, Sunji aus Südkorea, Tenzin und Tsering aus Tibet, Canan aus der Türkei, Amilcar von den Kapverden, Didier aus Angola, Bishan, Ebrahim, Farokh aus dem Iran, uvm. Hinter jedem Namen ein Schicksal. Was sollte dagegen sprechen, Ihnen von Mensch zu Mensch zu begegnen und ihnen helfen, ihren Weg zu finden und ein gutes Leben zu haben? Sie haben wie wir nur ein Leben. Warum will ihnen die ö. Politik das verunmöglichen? Ich verstehe es nicht und habe dafür kein Verständnis.

      • Das kann man auch nur verstehen, wenn die Menschlichkeit hinreichend verdorrt ist, also versuche es erst gar nicht. Allein, was diese ganze Frontex-Kacke kostet wäre fast genug, das “Flüchtlingsproblem” halbwegs in den Griff zu kriegen, dazu die Kohle, die Erdogan abgreift, der ganze Bürokratenwahnsinn, die Gerichtskosten… Da wird richtig viel investiert, um nicht menschlich sein zu müssen.

  4. “Kindeswohlkommission”. Das hat eher was mit eurer Selbstbefriedigung als mit dem Wohl der Kinder zu tun.
    Es gibt die UN-Kinderrechtskonvention und schaut euch an was die mit unseren Kindern machen. Evidenzbefreit 3x die Woche testen , die FFP2 Masken den ganzen Tag, unterschwellig Impfdruck aufbauen und in Folge die Kinder- und Jugendpsychiatrie damit überfluten. Was braucht es euch da noch. Scheinbar habt ihr in Sachen Kinder keinen Blick für das Wesentliche, sonst wäre euch da schon längst mal was aufgefallen ….

    • Es ging bei der Kommission nie um Covid, es geht um Asyl und Fremendrecht, Abschiebungen von 13 jährigen etc. Das kann man sogar dem Artikel entnehmen.
      Scheinbar haben Sie den Artikel nicht gelesen

      • Mag sein. Finde halt schon super wenn man nun sogar das
        Kindeswohl filetieren kann.
        Die Covid-Kinder müssen also auf einen eigenen Arbeitskreis warten? Aber das machen wir dann in der Vergangenheitbewältigung. Die Kinder haben ja jede Zeit der Welt….

        • Es gibt halt mehr als nur 1 Problem auf dieser Welt, wenn das auch angesprochen (oder geschrieben wird) kommt aber immer jemand vorbei und sagt: “Aber was ist mit meinem Herzensthema? Interessiert das niemanden?”. Dabei spricht man durchaus auch von Themaverfehlung, denn es trägt rein gar nichts zur Diskussion bei.
          Haben Sie denn eine Meinung zum Inhalt des Artikels?

          • Na klar, widerspiegelt das Interesse und den fehlenden Umsetzungswillen der aktuellen Regierung in Fragen Kindeswohl im gesamten Spektrum. Steht nicht auf ihrer Agenda. Daran wird auch eine neue Plattform mit neuem Türschild nichts ändern…..

    • Du willst wirklich diese Abschiebefälle mit Masken und Testen vergleichen? Wie eklig ist das denn?

      • Diese Kindeswohlkommission ist eine Alibihandlung durch Kogler für seine Gewissensberuhigung, ins Leben gerufen nachdem die “Grünen” tatenlose einer Kindesabschiebung zugesehen haben. Bei den überzogenem covid Maßnahme an den Schulen wo Kinder unnötig drangsaliert werden, schauen sie wieder weg. Dass können sie eklig finden….

        • “Dass können sie eklig finden….”
          Danke. Meinen Ekelbedarf hast schon hinreichend gedeckt.

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