Ministerin kassierte 20% Vermittlungshonorar für Umfragen
Sechs Stunden Einvernahme, die das Kurz-Umfeld erzittern lassen – Umfrageunternehmerin Beinschab packte aus. Brisant ist vor allem, dass Karmasin als ÖVP-Ministerin 20 Prozent Vermittlungshonorar für die Umfragen kassiert hat. Ihr Anwalt: „Strafrechtlich nicht relevant.“
Wien, 25. Februar 2022 | Bei den Ermittlungen zur ÖVP-Medienkorruptionsaffäre könnte es für einige Kurz-Gefährten eng werden. Sechs Stunden wurde Umfrageunternehmerin Sabine Beinschab von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegrillt. Lange war der Akt verborgen, jetzt hat ZackZack die Details.
„20 Prozent vom Umsatz“
Neben Thomas Schmid, Ex-Kurz-Sprecher Johannes Frischmann, BMF-Kommunikationschef Johannes Pasquali belastet Beinschab vor allem ihre frühere Mentorin: Ex-Familienministerin Sophie Karmasin. Am 13. Oktober wird Beinschab einvernommen. Um kurz vor 12 Uhr Mittag kommt Beinschab mit brisanten Details, sie will die Kronzeugenregelung, um glimpflich davonzukommen. Die Ermittler wollen wissen: Welche Art von Vereinbarung zwischen ihr und Karmasin gab es bezüglich der für die ÖVP günstigen Umfragen? Immerhin war Karmasin von 2013 bis 2017 ÖVP-Familienministerin, zuvor hatte sie sich von ihrer Umfragefirma getrennt. Im Geschäft blieb sie trotzdem, wie die Einvernahme zeigt.
Beinschab: „Dass sie zu mir gesagt hat (…) also da sind eben quasi Umfragen, die wir machen können in Zukunft, aber ich möchte Vermittlungshonorar dafür bekommen und zwar 20% vom Umsatz.“ Auf Nachfrage der Ermittler bestätigt Beinschab: „Bei jeder einzelnen Beauftragung, ja.“ Die Umfrageunternehmerin ärgert sich, nennt sich selbst einen „Volltrottel“. Sie, Beinschab, habe die Kosten gehabt, den Aufwand und „jetzt wissen Sie, wie viel mir übergeblieben ist.“
Karmasin-Anwalt: „Strafrechtlich nicht relevant“
Karmasins Anwalt Norbert Wess bestätigt auf ZackZack-Anfrage, dass es das Honorar gegeben hat. Für sich selbst betrachtet sei das strafrechtlich allerdings „nicht relevant“. Es gebe kein Erwerbsverbot für Ministerinnen, „sie müssen nur ihre gesamte Arbeitskraft dem Ministeramt widmen.“ Außerdem habe Karmasin das ja auch in Rechnung gestellt – über die Firma ihres Ehemanns wohlgemerkt. Beinschab behauptet in der Einvernahme auch, von den 20 Prozent seien gerade mal etwa 2 Prozent Beratung und der Rest reines Honorar gewesen.
Warum sollte Karmasin an Umfragen verdienen, die sie nicht erstellt hat? Und was hat sie mit dem Auftraggeber, dem ÖVP-geführten Finanzministerium (BMF) zu tun? Nichts, sagt Karmasins Anwalt Wess. Seine Mandantin weise entschieden jeglichen Vorwurf zurück, der behaupte, es habe irgendwelche Abrechnungen für das BMF gegeben. Sie wisse überhaupt nichts von derlei Beauftragungen.
Heikler Mailverkehr
Liest man die Mails zwischen den ehemaligen Kolleginnen, ergibt sich jedoch ein etwas anderes Bild. Am 11. Jänner 2017, als Karmasin Familienministerin ist, schreibt sie in einer Mail an Beinschab: „Bitte bei nächster Gelegenheit Kopftuch Verbot (Lehrerin (sic!)…. mitnehmen bitte.“ Beinschab antwortet nicht inhaltlich, aber fragt nach einem gewissen Thomas: „Von Thomas schon was gehört wegen nä Wo?“ Karmasin bestätigt: „Mit ihm besprochen und 4x Mal erinnert dass er F anrufen soll.“ Thomas steht für Thomas Schmid, F für „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Auffällig ist auch, dass es in mehreren von den Ermittlern ausgewerteten Mails um „Freunde“ geht. So steht immerhin in einer Mail von Beinschab an Karmasin: „Nächste Woche kommt Kasseneingang für dich von 3.000 Euro von Freunden.“ Ein anderes Mal schreibt Beinschab: „Für unsere Freunde habe ich diese Wo. Umfrage zu Mindestsicherung gemacht.“
Als Karmasin schon nicht mehr Ministerin ist, wird Beinschab noch deutlicher: „Für unsere Freunde soll eine Umfrage gemacht werden zur Digitalsteuer. Da wollen sie zB Frage, ab wie welchen Umsatz oder Gewinn digitale Unternehmen besteuern werden sollen. Das kann doch die Bevölkerung gar nicht sagen, oder?“ Später führt die türkis-blaue Regierung die Digitalsteuer ein.
Beinschab: Frischmann wollte Auftraggeber verschleiern
Beinschab bestätigte in ihrer Einvernahme, dass bei den Umfragen im Auftrag des Finanzministeriums auch parteipolitische Fragen erhoben wurden.
Etwa im Jahr 2019, als es nach der Ibiza-Affäre zum Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz kam. Kanzlersprecher Johannes Frischmann soll Beinschab angewiesen haben, die Umfrage als „Eigenstudie“ zu deklarieren und an die Austrian Presse Agentur zu spielen.
Der wahre Auftraggeber, das Finanzministerium, solle so, laut Beinschab, verschleiert werden. Frischmanns Rechtsanwalt Karl Schön, wies in einer Aussendung „jede strafrechtliche Verantwortung seines Mandanten entschieden zurück.“
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
(wb/bf)
Titelbild: APA Picturedesk