Samstag, Juli 27, 2024

Söldnertruppe »Wagner« macht Jagd auf Selenskyj

Das ist ein Unterüberschrift

Laut der “Times” befinden sich seit Ende Jänner 400 Mitglieder der Einheit “Wagner” in Kiew. Deren Auftrag sei es, hochrangige Politiker wie Präsident Selenskyj und den Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko zu jagen und zu töten. Die private Söldnertruppe ist auch als Russlands “Schattenarmee” bekannt.

Kiew, 28. Februar 2022 | Nach der Ausschaltung einer tschetschenischen Spezialeinheit, den Kadyrowzy – ZackZack berichtete am Freitag im Liveticker –, droht dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj weiter Ungemach durch russische Killer-Truppen. Wie die britische Tageszeitung “Times” berichtet, sollen sich bereits seit Ende Jänner 400 Mitglieder der berüchtigten Söldnereinheit “Wagner” in Kiew aufhalten, deren Auftrag es sei, zwei Dutzend hochrangige ukrainische Politiker aufzuspüren und zu töten.

Auf der Liste stünden demnach neben Selenskyj, Premier Denys Schmychal und den restlichen Ministern auch der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko und sein Bruder Wladimir. Die Söldner sollen bereits im Jänner aus Afrika nach Belarus geflogen und von dort in die Ukraine eingesickert sein, also deutlich vor Beginn des russischen Angriffskrieges.

Die ukrainische Führung soll am Samstag in der Früh von der Anwesenheit der Söldnertruppe erfahren haben, berichtet die “Times”. Kurze Zeit später wurde dann eine Ausgangssperre in der Hauptstadt verhängt, um den Kampf gegen Saboteure zu erleichtern.

Die tschetschenische Sondereinheit Kadyrowzy wurde am Samstag im Zuge heftiger Kämpfe um den Flughafen Hostomel nördlich von Kiew zerschlagen. Wie ein Gefangener laut ukrainischen Medienberichten später verriet, kam dabei auch ihr Kommandant, General Magomed Tuschajew, ums Leben.

Putins “Schattenarmee”

Fast überall wo es Konflikte gibt, ist von den “Wagner”-Söldnern die Rede. Auch wenn Moskau jegliche Verbindung zur Sondereinheit bestreitet, gilt sie als Russlands “Schattenarmee”. Ihnen werden schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen, darunter Folter und gezielte Tötungen. Im Dezember verhängte die EU Sanktionen gegen die Gruppe. Ihre in der EU vorhandenen Vermögenswerte wurden im Zuge dessen eingefroren, auch die Einreise in die EU ist ihnen damit nicht mehr erlaubt. Auch dürfen Unternehmen und Bürger aus der EU keine Geschäfte mehr mit der Gruppe machen.

Berichte über die Existenz der Söldnereinheit kamen erstmals zu Beginn des Krieges in der Ostukraine 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland auf. Später tauchte die Gruppe in Syrien wieder auf, wo sie Machthaber Bashar al-Assad unterstützte. Seitdem sollen “Wagner”-Kämpfer auch in politisch instabilen afrikanischen Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik aktiv gewesen sein.

Wie die “New York Times” berichtete, sollen sie während dortiger Kämpfe Anfang 2021 Zivilisten getötet und Häuser geplündert haben. Die russische Regierung bestritt die Vorwürfe damals. In der an Bodenschätzen reichen Zentralafrikanischen Republik kommt es seit 2013 zu tödlichen interreligiösen und interkommunalen Kämpfen.

Neben der Unterstützung offizieller russischer Militäreinsätze wie in Syrien soll “Wagner” andernorts auch die traditionelle Rolle eines privaten Sicherheitsunternehmens übernommen haben. Finanziert wird die Gruppe mutmaßlich von dem 60-jährigen Geschäftsmann und Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin aus St. Petersburg. Prigoschin, auch “Putins Koch” genannt, machte nach einem neunjährigen Gefängnisaufenthalt wegen Betrugs und Diebstahls nach dem Ende der Sowjetzeit Karriere als Unternehmer im Gaststättengewerbe. Er hat laut Medienberichten mit zahlreichen Aufträgen aus dem russischen Verteidigungsministerium ein Vermögen gemacht. Wegen mutmaßlicher Einmischungen in Libyen und in US-Wahlen wurde Prigoschin mit EU- und US-Sanktionen belegt.

Kommandant trägt Kampfnamen “Wagner”

Kommandant der Söldnertruppe soll der 51-jährige Dmitri Utkin sein, der den Kampfnamen “Wagner” trägt. Utkin war früher Oberstleutnant des russischen Militärgeheimdienstes und erhielt von Staatschef Wladimir Putin einen Orden.

Ursprung der Söldnertruppe ist nach Angaben der russischen Website “Fontanka”, welche die Rolle privater Sicherheitsfirmen im Syrien-Konflikt dokumentierte, das sogenannte Slawische Korps. Nach der Verurteilung seiner Befehlshaber wurde es das Kernstück einer neuen Söldnertruppe unter der Leitung Utkins. Offiziell sind private militärische Organisationen in Russland verboten.

Laut “Fontanka” befand sich das Ausbildungslager der Gruppe “Wagner” bis Sommer 2016 in Molkino nahe Krasnodar im Süden Russlands – am selben Ort wie ein Stützpunkt einer Spezialeinheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU.

(apa/mst)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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