Donnerstag, März 28, 2024

BMI-Chats 15: Asylobergrenze: »A Gaudi«

BMI-Chats 12:

2017 machte sich das Innenministerium einen Spaß daraus, unmögliche Forderungen an die SPÖ zu stellen. Die ÖVP nahm Flüchtlinge als Pfand im Koalitionskleinkrieg.

 

Wien, 03. März 2022 | In den Jahren nach der großen Fluchtbewegung von 2015 lässt sich die SPÖ vom Koalitionspartner ÖVP nach rechts treiben. Die ÖVP nimmt das durchaus als Gefahr wahr. Am 09. Februar 2016 empfiehlt Stefan Steiner, damals Sektionschef für Integration im Außenministerium, dem Innenministerium:

Als övp sollten wir jetzt schon streuen: auf faymann hinhauen, dass er voll auf övp Kurs eingeschwenkt ist (will mehr zäune bauen, vor 2 Monaten war das noch ganz böse und ein Türl mit Seitenteilen) und er spricht schon von “Obergrenze.” Jetzt ist es nur noch Frage von Wochen, dass auch häupl einknickt… Nur Kurz und mikl wussten es schon immer…

Sehen wir genauso :-)), antwortet Kabinettschef Michael Kloibmüller für sein Ministerium. Die Linie des Innenministeriums gibt offenbar nicht der Minister, sondern Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner vor: Hanni habe das unseren Presseleuten auch mitgegeben, schreibt Kloibmüller.

Man müsse aufpassen, dass die SPÖ nicht nach rechts abbiege, warnt Steiner: Beim faymann müssen wir echt aufpassen: in 14 Tagen sind die Zäune seine Idee…

„Wir brauchen einen Schuldigen“

Sebastian Kurz‘ Chefstratege Stefan Steiner steckt im Juni 2016 schon mitten im „Projekt Ballhausplatz“. Kurz und die ÖVP sind entschlossen, die FPÖ rechts zu überholen und so die Wahlen zu gewinnen, die sie vom Zaun brechen wollen. Sprengmeister der Koalition ist Innenminister Wolfgang Sobotka. Im Vorfeld des SPÖ-Parteitags soll zusätzlich Druck auf den Koalitionspartner gemacht werden.

Am 02. Juni schreibt Steiner an Kloibmüller: Ich glaub jetzt müssen wir den Freunden mit der NotVO ordentlich Gas geben aus 2 Gründen: 1. der SPÖ Parteitag am 25.6 und 2. wenn die Obergrenze im Herbst wackelt, dann brauchen wir einen Schuldigen dafür (zögerliche Linke SPÖ…) LG Stefan

Kloibmüllers Antwort: Sehen wir genauso :-))

Anfang 2017 ist die Koalition kurz vor dem Zerreißen. Die Saboteure in der ÖVP erhöhen den Druck weiter – so weit, dass schon die eigenen Leute nervös werden. 2016 hatte sich die Koalition auf Obergrenzen bei jährlichen Asylanträgen geeinigt – unter Schmerzen für die SPÖ, in deren Basis das nicht nur Zuspruch fand. Für 2017 hat die Regierung sich auf maximal 35.000 Asylanträge geeinigt. Nun fordert das Innenministerium plötzlich vom Koalitionspartner, die Grenze auf 20.000 zu senken – eine unerfüllbare Forderung für die SPÖ.

„Das killt uns“ – „Aber es hilft der Partei“

BMI-Beamtin und Kabinettsmitarbeiterin Franziska Kandolf schreibt am 11. Jänner an Kloibmüller: Hi, ihr wollt die Obergrenze herabsetzen? Das killt uns!

Kloibmüller: Ja wird so werden. Wird a gaudi.

Kandolf: Warum? Das ist nur zum Nachteil von hbm. Die Beamtin befürchtet, dass die Forderung hbm, also Herrn Bundesminister Sobotka politisch beschädigen werde. Doch Sobotka stellt sich in den Dienst der Sache, nämlich die Sprengung der Koalition und der Machtergreifung von Sebastian Kurz.

Kloibmüller: Aber es hilft der Partei.

In aller Offenheit gesteht Kloibmüller damit offensichtlich ein, dass die ÖVP das Innenministerium für parteipolitische Zwecke missbraucht. Ähnlich gelagerte Vorfälle, die durch die BMI-Chats bekannt wurden, überprüft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf möglichen Amtsmissbrauch.

BMI-Mitarbeiterin Kandolf warnt: Aber wir werden es nicht schaffen= an unserer eig Vorgaben scheitern!

Außer ihr geht eh davon aus, dass es bei der Forderung bleibt u es die BReg nicht beschließt.

Kloibmüller: So ist es.

Kandolf jetzt für Migrationsstrategie zuständig

Zur Senkung der Obergrenze kam es – wie von Kloibmüller erwartet – nie. Das Projekt, das koalitionsintern von ÖVP-Vizechef Reinhold Lopatka forciert wurde, scheiterte am Widerstand der SPÖ. Knapp vier Monate später trat ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner unter dem Druck parteiinterner Intrigen im Rahmen des Projekt Ballhausplatz zurück, die Regierung platzte. Die ÖVP gab das Innenministerium an die FPÖ, Sobotka wurde Nationalratspräsident, Kloibmüller erhielt einen Spitzenjob im niederösterreichischen Wohnbau.

 Franziska Kandolf wechselte 2018 ins Kabinett des damaligen Kanzleramtsministers Gernot Blümel, ehe sie im Mai 2019 ins Kabinett von Innenminister Karl Nehammer zurückkehrte. Seit 1. November leitet sie im Innenministerium die Gruppe V/A – und ist damit für Österreichs Migrationsstrategie zuständig. Dort erwies sich Kandolf als Hardlinerin. Es sei „eine wichtige Aufgabe“ ihrer Abteilung, Flüchtlinge schon im Herkunftsland davon zu überzeugen, dass Österreich nicht ihren Erwartungen entsprechen werde, wie Kandolf dem Magazin „innere Sicherheit“ erklärt.

„Migrationskommunikation“ besteht für Kandolf darin, „notwendige Informationen zur freiwilligen Rückkehr“ zu geben. Und als Beispiel für „Migrationsprojekte vor Ort“, nennt Kandolf ein Projekt des Innenministeriums, bei dem es darum geht, Grenzüberwacher auszubilden. Kandolf war für ZackZack nicht erreichbar.

(pp/tw)

Titelbild: APA Picturedesk

Peter Pilz
Peter Pilz
Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.
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45 Kommentare

  1. War gestern nicht die Befragung von Peter Pilz? Wie lief es denn? Ist eine “Bombe” geplatzt? Unterliegt das Ergebnis der Befragung Geheimhaltungsstufe 3?

    • Wie sich herausstellte wars doch net gscheit vom Sobi die erste Sitzung auszulassen. Er selber hätte niemals abstimmen lassen über die Klassifizierungsstufe der Chatinhalte. Jetzt kann er wüten so viel er will, die Inhalte werden transparent für die Medienöffentlichkeit behandelt. Und er selber fungierte dabei als Gamechanger. “Tja Soberl, ham di deine Instinkte verlassen?”

      • Danke für die Info, hab den Artikel dazu verpasst… Bin schon gespannt, was Pilz präsentiert hat.

  2. Herr Pilz, im nachhinein gesehen bin ich froh das sie nicht mehr im Parlament sitzen. Sonst hätten wir das alles nie erfahren.
    Ich hätte sie nie Gewählt aber ich bin froh das es sie gibt.

  3. Sobotka, lowpatka, amon: die schergen, die die koalition sprengten, um platz zu machen für den kurzzeitmessias.

  4. Peter, ich kann mich für Dein Engagement nur bedanken!!!
    Wenn diese Aufdeckungsarbeit nicht geleistet worden wäre, hätten das Tun der VP mMn in eine verhängnisvolle Zukunft geführt. Der Schaden ist jetzt schon groß genug.
    So gibt es wenigstens eine Chance, dass sich manches ändert und wir nicht weiter in zynisch grinsende und verhöhnende Gesichter sehen müssen.

    • Heute in Zib 1 war P.P schon flächendeckend im Bild als er Sobotka mit größerer Überzeugung, als es der Pate erwarten durfte, vorführte. Mal schaun wann er das erste mal ausflippt. Bislang glaubt er ja noch dass sich nur Pilz selber straffällig machte. Realität hat für ihn bislang noch keine Relevanz.

      • Endlich kommt auch milei, die unfähigste im aller zeiten, zur sprache.
        Frage: hat vp ein abo auf das im?
        Jetzt weiß man, welche ministerien man denen nicht anvertrauen darf.
        Im prinzip eigentlich gar keines, sie arbeiten nämlich nicht für das volk, sondern nur für die paddei, deren macht und machtmissbrauch.

  5. Kandolf, schon wieder so eine Tuss’n die ihre Seele an Kurz und Konsorten verkaufte. Werte wie Ethik und Moral werden heutzutags immer mehr als verstaubte Relikte der Vergangenheit gehandelt und man wird unserer Gesellschaft schon gänzlich gerecht wenn man sein Gewissen über Bord wirft um Karriere zu machen. Was für eine verkommene Zeit.

  6. “…dass Österreich nicht ihren Erwartungen entsprechen werde…”
    Und dann stellt sich heraus, dass dieses tiefschwarz versumpfte Österreich irgendwie auch nicht den Erwartungen der eigenen Bevölkerung entspricht. Was dann auch noch Konsequenzen hat, unter Umständen sogar strafrechtliche… Sowas aber auch!

    • Nicht nur er,die Liste derer die weg müssen ist noch länger als die Liste wo alle unterschrieben haben,daß sie sofort mit ihrem Herrn und Meister dem Ohrwaschlkaktus zurück treten,wenn die bösen Anderen ihn abmontieren.

      Also alle von der Liste und einige noch dazu,dann passt es,Soberl ist eine ganz üble Stinkefrucht,aber er stinkt nicht alleine.

      • Wie sprechen sie von unserem messias, der zu uns herabgestiegen ist? Wenn das so weitergeht mit dem anpatzen, kommt es noch zur bastihimmelfahrt.

        • Da wird die Wirtschaftskammer samt Industriellenvereinigung schon dagegen sein,weil wo kämen wir denn dahin,wenn der Pöbel,die Tiere noch einen Feiertag bekommen würden ?

          Obwohl,wenn sie dafür 2 andere streichen könnten,dann oh je,da hab ich nicht dran gedacht,dann könnte das passieren.

          Also ab sofort sag ich nix mehr böses über den Gaysalbten,mir ist es ja eh egal,da Pensis jeden Tag Feiertag haben,aber ich möchte nicht Schuld sein,wenn es alle die noch arbeiten müssen trifft.

    • Wenn man ihm schon nicht strafrechtlich ankann, wünsche ich ihm dass seriöse Medien seinen guten Ruf in Grund und Boden stampfen. Im gleichem Aufwaschen könnte man ihm auch noch jegliche Kompetenz für auch nur irgendwas absprechen. Von mir aus soll er dann als traurige Lachnummer seinem hoffentlich ungemütlichen Ende entgegenblicken.
      ( So, das hat wieder einmal gutgetan..) 😇

    • Wäre gut,wenn man ihn das nochmal fragen könnte,nur es gibt eine Frage die entscheidender ist,nämlich ob die ÖVP-Wähler damit ein Problem haben und die haben anscheinend keines damit,denn die wählen diese Brut immer und immer wieder und so wichtig ZZ. und PP. und der UA ist,es gibt soviele Wähler die es entweder gar nicht mitkriegen oder denen einfach alles egal ist und das ist das Problem,solange diese Brut immer und immer wieder gewählt wird,machen sie doch alles richtig,zumindest in ihren Augen und in den Augen ihrer Wähler und das ist einfach nur mehr zum Kotzen.

    • “Abschaum” würde ich nicht sagen. Aber auch meine Kritik ist fundamental:

      Eine konservative (!) Partei, die es erlaubt, einer gierigen Clique aus ihren Reihen sich den Staat kaufen, sich den Staat für Cliquenzwecke einverleiben zu dürfen – und die sich am zeitweiligen Erfolg dieser Clique bei den naiven Wählern sichtlich freut – ist so eine Partei noch “konservativ”?

      Ich selber bin nicht konservativ, aber ich hab großen Respekt vor den Konservativen. Wenn man progressiv ist, braucht man sie – fürs Gleichgewicht.
      Ich hab nie Merkel gewählt, aber ich hatte (bei aller Gegnerschaft!) Respekt vor ihr.
      Ich hab nie CSU gewählt, aber ich hatte meistens (nicht, als man mit Orban gekungelt hat) Respekt vor dieser Partei und den meisten ihrer Vertreter.
      Es gibt sehr anständige, kompetente, intelligente Konservative.

      Hoffen wir, dass die ÖVP auf den Weg zu einer anständig-konservativen Partei zurückfindet.

        • Ich bin da großzügiger als Sie, Bastelfan. Anders als Sie weiß ich, dass Menschen keine Engel sind, und Politiker schon gleich gar nicht. Als alter Bayer kann ich auch was vertragen.

          Die CSU hat Bayern auch nicht so schlecht regiert. Ich vergleiche da mit Russland, Ungarn, Polen oder auch unserem ost-nachbarlichen Türkisreich.

          Strauß gehört natürlich noch in eine ganz andere Zeit, in der andere Werte gegolten haben. Die Welt verändert sich … die Maßstäbe verändern sich … die Empfindlichkeiten verändern sich …

          Man muss mit den Veränderungen mit-wachsen, damit die Welt nicht im Alter an einem vorbeigeht.

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