ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss
FMA-Vorstand Eduard Müller gab sich durch und durch als pflichtbewusster, kleiner Verwaltungsbeamter. Er habe Aufträge seiner Vorgesetzten “ordnungsgemäß” ausgeführt. Im Mittelpunkt seiner Befragung standen heikle Steuerverfahren um Sigi Wolf und René Benko.
Wien, 03. März 2022 | Die Befragung des Vorstands der Finanzmarktaufsicht (FMA), Eduard Müller, brachte frischen Wind in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Wolfgang Sobotka (ÖVP) war nach wochenlanger Beteuerung, er fühle sich für den Vorsitz verpflichtet, verhindert. Er nahm am Donnerstagnachmittag an der Fachtagung zur „Anwendung der EU-Datenschutzverordnung in der Gesetzgebung“ teil, die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) vertrat ihn. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper nach Müllers Befragung: „Ich denke, man sieht den Unterschied.“
Es gab anders als am Mittwoch lediglich fünf Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. Davon vier von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, eine von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, zweimal wird für eine Stehung unterbrochen. Wie lief die Befragung im Detail?
Nur ein kleiner Verwaltungsbeamter
Müller gibt sich während der gesamten Befragung und auch schon im Eingangsstatement als dienstbeflissener und verantwortungsbewusster Verwaltungsbeamter. Er beschreibt eingangs seine langjährige Dienstzeit als Finanzbeamter seit Ende der Schulzeit. Viele Fragen drehen sich darum, ob er in Steuerverfahren der Investoren René Benko und Sigi Wolf eingegriffen habe – was er verneint. Er, Müller, habe Wolfs Steuerberater an den zuständigen Fachbereich verwiesen. Wieso er dann geschrieben habe, “die Sache sei gelöst”, will NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wissen. Antwort: „Damit war das für mich gelöst.“
“Überrumpelt, missbraucht und überwacht”
Immer wieder betont der FMA-Vorstand, dass Thomas Schmid als BMF-Generalsekretär sein Vorgesetzter gewesen sei, dessen Anfragen und Aufträge er im Rahmen seiner Pflichten behandelt habe: „Es gibt die Unterstützungspflicht für den Mitarbeiter.“
Zu Terminen mit René Benko und dessen Steuerverfahren sagt Müller, Thomas Schmid (damals Finanzministerium) habe ihn einmal zu einem Termin dazu gebeten, den er selbst als „Überraschungstermin“ wahrgenommen habe. Müller habe sich überrumpelt gefühlt.
Dazu, dass er während der Wahlkampfzeit 2017 von Thomas Schmid gebeten wurde, sich Silbersteins Steuerpflichten in Österreich anzuschauen, sagt er: „Ich glaube, es war wohl auch eine Weisung von Thomas Schmid. Aber er hat nicht gesagt ‚Ich weise Sie an‘.“ Müller sagt, er habe keinen Widerspruch zu irgendeiner gesetzlichen Bestimmung darin gesehen, sich anzusehen, ob jemand Steuerpflichten in Österreich habe. Krisper (NEOS) ist der Ansicht, eine Politisierung der Verwaltung sei recht einfach, wenn Beamte nicht in Wahlkampfzeiten darüber nachdächten, ob ein solcher Auftrag durchzuführen sei oder nicht.
Insgesamt hält Eduard Müller immer wieder fest, dass er offensichtlich häufig Thema in Chats gewesen sei, aber eine Beteiligung an bestimmten Vorgängen lasse sich davon nicht ableiten. Er könne sich nicht dagegen verwehren, „dass ich vielleicht auch missbraucht werde“.
Angesprochen auf eine BMF-Studie, bei der seine Performance abgefragt und in der er als „Staatsdiener der guten alten Schule“ bezeichnet wurde, sagt Eduard Müller, er hätte keinerlei Erinnerung, so eine Studie vorgelegt bekommen zu haben. “Da fühle mich ein bisschen überwacht.” Er habe die Studie jedenfalls nicht in Auftrag gegeben.
“Sicher nicht mit Herrn Müller besprochen”
Zu einem Steueranliegen von René Benko befragt, betont Müller wiederholt, dass er Benko an den Leiter der Großbetriebsprüfung weitergeleitet habe, und zwar nachdem er vermittelt bekommen hätte, dass das Verfahren untypisch lange dauerte. Müller weist darauf hin, dass Verzögerungen in Steuerverfahren immer von zwei Seiten abhängig seien. Er habe in seiner Verantwortung als Dienstaufsicht gehandelt, „für die Abläufe eine adäquate Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit, Verfahrensdauer sicherzustellen.“ Sachbearbeiter der Akten sei er nicht gewesen, er habe die Sache angeblich auch fachlich nicht beurteilen können.
Auch ob er vor Benkos Beteiligung an der “Kronen Zeitung” von dem Vorhaben erfahren habe – zwischen Schmid und Benko finden sich SMS zur geplanten Übernahme – wollen die oppositionellen Fraktionen wissen. Müller darauf: „Ich war Verwaltung, das hat man sicher nicht mit dem Herrn Müller besprochen.“
“Edi” nicht per “Du” mit Wolf
Dass er in SMS zwischen Schelling, Schmid und anderen immer wieder „Edi“ genannt wird, könne er nicht beeinflussen, so Müller. „Manchmal werde ich auch benutzt, wie ich festgestellt habe.“ Er sei nicht per “Du” mit Wolf. Wie andere über ihn schreiben und was sich diese von ihm wünschten, wolle er lieber nicht kommentieren. Wer Spender sei und wer nicht, habe ihn nie interessiert, sagt Müller.
Es hätten sich immer wieder Menschen mit Anliegen an ihn gewandt. Auch während seiner Zeit als Finanzminister in der Experten-Regierung von Brigitte Bierlein hätten ihn viele Mails erreicht: “Und das waren dann Müller, Meier oder Huber.” Vielleicht würde er das heute anders machen, aber damals sei das ohne Ansehen von Rang und Namen passiert. Negative oder positive Diskriminierung hätte es seinerseits nie gegeben.
Vergleichsweise auskunftsfreudig
Die Vertrauensperson von Eduard Müller hat am Mittwoch nicht allzu viel zu tun. Müller beantwortet die Fragen in der Regel, immer wieder mit Hinweis darauf, dass er das streng genommen nicht tun müsse. Gegen Ende der Befragung durch SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zur Ausschreibung des Vorstandsposten bei der FMA wird Müller aber ungehalten.
Krainer fragt Müller, wieso genau im Jahr seiner Bewerbung die Ausschreibungskriterien anders lauteten als in den Jahren davor. Müller weist darauf hin, dass er durch seine Diensterfahrung auch die alten Kriterien erfüllt hätte und sieht in der wiederholten Frage Krainers eine Unterstellung. Er wisse nicht, wer die Ausschreibung umgetextet habe und könne sich nicht mehr erinnern, ob er im Vorfeld der Ausschreibung dazu kontaktiert worden sei. In einem Moment, in dem das Mikrofon noch nicht ausgeschaltet ist und sich Müller Wasser in sein Glas einschenkt, ist von ihm gegenüber seiner Vertrauensperson leise zu hören: „Es ist unglaublich!“
Auch Stephanie Krispers Frage nach einer SMS im Rahmen der Causa Wolf, in der Müller “Sorry Jörg” geschrieben hat, bringt Müller auf die Palme. Er „weise Unterstellung zurück, entgegen der Interesse der Republik gehandelt zu haben.“
Die Bestellung der Finanzbeamtin K. aus der Causa Wolf sei nach Vorschrift passiert. Überhaupt streitet Müller ab, jemals in Personalentscheidungen eingegriffen zu haben. Müller erinnert sich aber, von K.s Bewerbung überrascht gewesen zu sein und sie als „spannend“ empfunden zu haben. Es sei um die gleiche Position gegangen, ohne Aufstieg oder anderes Einkommen, “gleiche Gage, gleiche Tätigkeit”.
Hanger vor allem mit Causa Silberstein beschäftigt
ÖVP-Fraktionsführer Hanger nützte sein Pressestatement vor der ersten Befragung und auch zwei Geschäftsordnungsmeldungen (von Bures zurechtgewiesen), seine Meinung über Silberstein zu verlautbaren. Das sei grausiges Dirty Campaigning gewesen, das Silberstein nach Österreich getragen hätte. „Und ich gewinne schon den Eindruck, dass diese Methoden nach wie vor stattfinden“, sagt er in der Früh. Eine Involvierung Müllers in Dirty Campaigning der ÖVP rund um Silberstein sparte er aus. ZackZack hatte aufgedeckt, dass Müller als hochrangiger Beamter des Finanzministeriums im Auftrag der ÖVP in Silbersteins Steuerunterlagen nach Wahlkampfmunition suchte.
(pma)
Titelbild: APA Picturedesk