Freitag, April 26, 2024

ZDF-Intendant verteidigt Stopp der Kriegsberichterstattung

Das ZDF hatte seine Berichterstattung aus Moskau kurzzeitig ausgesetzt, nachdem der Kreml ein Zensurgesetz für Medien verabschiedet hatte. Auch weiterhin wird von Moskau aus nicht über den Krieg in der Ukraine berichtet werden.

Kiew/Moskau/Mainz, 14. März 2022 | Seit Montag hat das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) einen neuen Chef: Norbert Himmler. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, den vorübergehenden Bericht-Stopp des öffentlich-rechtlichen ZDF aus Moskau zu verteidigen. Nachdem der Kreml im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine ein neues Mediengesetz – de facto ein Zensurgesetz – erlassen hatte, stellten verschiedene Medien die Berichterstattung von dort ein, neben BBC, CNN auch das ZDF. Inzwischen berichtet das ZDF wieder aus Russland, allerdings werden von dort aus keine Berichte über den Krieg in der Ukraine kommen.

Der ORF hat sein Team in Moskau verkleinert. Neben Korrespondentenbüro-Leiter Paul Krisai ist auch Korrespondentin Carola Schneider nach wie vor in Moskau. In einer Live-Schaltung zur Sendung „Europastudio“ wählte sie ihre Worte sehr bedacht, um sich nicht nach dem neuen Mediengesetz strafbar zu machen. Das Gesetz verbietet unter anderem, Informationen zu verbreiten, die nicht der offiziellen russischen Linie entsprechen. Wer gegen das Zensurgesetz verstößt, muss mit hohen Geldstrafen und bis zu 15 Jahren Haft rechnen.

Keine ZDF-Berichterstattung aus Kiew

Aus der Ukraine wird das ZDF aber auch weiterhin nicht berichten. Live-Sendungen direkt vom Ort des Kriegsgeschehens in der Ukraine hält Himmler nicht für die beste Wahl. “Wir sind insgesamt gut vertreten und entscheiden verantwortlich und in enger Abstimmung, wer von wo berichtet”, sagte Himmler gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). Zurzeit läuft in Deutschland eine Diskussion darüber, wie stark der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Kriegsgebieten präsent sein sollte. Himmler sagte auch: “Analysen und Einordnungen macht man besser mit kühlem Kopf aus Mainz oder Berlin.”

Der bisherige ZDF-Programmdirektor, der dem pensionierten Thomas Bellut folgt, ergänzte: “Es hat schon gute Gründe, dass es Nachrichtensendungen und Magazine gibt, die sich Zeit nehmen, um Ereignisse einzuordnen und für das Publikum aufzubereiten.“

Debatten um Kriegsberichterstattung

Nicht nur das ZDF beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie aus Kriegsgebieten berichtet werden soll. Ein Cover der „New York Times“ stieß eine Debatte darüber an, ob und inwiefern grausame Kriegsszenen und insbesondere Leichen gezeigt werden sollten. Der Geschäftsführer des Österreichischen Presserats, Alexander Warzilek, sagte gegenüber dem “Standard“, er halte es grundsätzlich für legitim, solche Fotos zu veröffentlichen. Er findet aber, dass nicht einfach eine Flut brutaler Bilder veröffentlicht werden sollte, sagte, dass die Aufnahmen in einen Kontext gesetzt werden und die Gesichter der Betroffenen verpixelt werden sollten.

„Umfassender“ Bildungs- und Informationsauftrag

Das ZDF ist neben der ARD die zweite öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Deutschland. Es gehört zu den größten öffentlich-rechtlichen Sendern in Europa. Wie auch der ORF, hat das ZDF einen gesetzlich festgeschriebenen Bildungs- und Informationsauftrag zu erfüllen. Nach den Richtlinien für die Sendungen und Telemedienangebote, die auf der Website des ZDF zu finden sind, muss dieser „umfassend“ erfüllt werden.

(pma/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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9 Kommentare

  1. V. Putin hat jahrelang politische Einflussnahme in Europa betrieben. Von der Unterstützung extremer Parteien bis hin zur Implementierung “nützlicher Idioten” wie z.B. G. Schröder.
    Mit seinem Angriff auf die Ukraine hat er die politische Dividende seiner Einflussnahme auf null gesetzt.
    Kaum jemand traut sich noch V. Putin zu verteidigen. Nicht unbedingt aus politischer Einsicht sondern primär aus der Erkenntnis, dass es die eigene Glaubwürdigkeit endgültig untergraben würde.
    Der Krieg in der Ukraine wird immer brutaler werden weil V. Putin sich verkalkuliert hat aber Fehler nicht eingestehen kann.
    Die Frage ist nur wie er reagieren wird. Am Ende bleibt ihm aus seiner Weltsicht wohl nur die ultimative Eskalation.

  2. “Ein Cover der „New York Times“ stieß eine Debatte darüber an, ob und inwiefern grausame Kriegsszenen und insbesondere Leichen gezeigt werden sollten.”
    Die Anzahl und die Art der Bilder kommt halt ganz darauf an was man vermitteln will.
    Nachrichten oder Propaganda? Nachrichten kommen weitestgehend mit weniger blutrünstigen Bildern aus…

    • Nachrichten kommen weitestgehend mit weniger blutrünstigen Bildern aus…

      Ja, aber man sollte nicht immer alles in Watte packen und den Menschen möglichst authentisch zeigen, was für Konsequenzen der Krieg hat. Wenn sowas nicht bewegt, ist es wertlos.

      • Von Watte ist hier nicht die Rede. Von Maß und Ziel schon eher. Ist eine Nachricht besser wenn die überzogene Schaulust auch noch gleich mit befriedigt wird und wer zieht die Grenze? Die Umsatzsteigerung oder Ethik und Moral….?

  3. Ja eine Unabhängige, Neutrale und Kritische Berichterstattung über alle Politiker sowie anderen geschehen dieser Welt wie vor 40 Jahren wäre in den Medien wieder angebracht.

    • Juhuuu – früher war alles viel besser! Stimmt zwar nicht, aber bitte. Damals hat deinesgleichen die Dauerarie vom “Rotfunk” angestimmt, oder nicht? Und heute? Sobald was unangenehmes über FPÖ-Mandatare geschrieben wird, geht das Geheule los. Da muss man auf die Roten und Grünen und andere hinhauen, was nur geht, weil wegen aber! und so. Da ist dann alles nur Medienmanipulation, ganz gleich, ob’s stimmt oder nicht, wurscht wie sachlich, das ist dann immer alles nur parteipolitisch motiviert. Oder irre ich mich? Lass lesen…

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