Samstag, April 27, 2024

Amnesty: »Liste der Menschenrechtsverfehlungen in Österreich lang«

Laut Bericht von Amnesty International verstößt Österreich in vielen Punkten gegen Menschenrechte, darunter mangelnde Ermittlungen gegen Polizeigewalt. Laut Bericht auch in Bedrängnis: die Pressefreiheit.

Wien, 29. März 2022 | Amnesty International beklagt eine Vielzahl von Verstößen gegen die Menschenrechte auch in Österreich. Die NGO veröffentlichte am Dienstag ihren International Report 2021/22 zur Lage der Menschenrechte. Der Jahresbericht 2021/22 von Amnesty International umfasst 154 Länder, darunter auch Österreich. Die NGO kritisiert Österreich in mehreren Punkten, darunter unzureichende Sozialleistungen, mangelhafte Ermittlungen gegen Polizeigewalt, ungerechtfertigte Abschiebungen und Pushbacks von Asylsuchenden sowie mangelnden Schutz von Whistleblowern.

Versammlungs- und Pressefreiheit eingeschränkt

Außerdem kritisiert Amnesty International “unverhältnismäßige Einschränkungen von friedlichen Versammlungen.” Basierend auf Rechtsgrundlagen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wurden einige Versammlungen verboten. In manchen Fällen wurde gerichtlich nachträglich entschieden, dass die Verbote eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts auf friedliche Versammlung darstellten.

Besorgt zeigte sich Amnesty auch über die Entwicklung im Bereich der Pressefreiheit. Die strafrechtliche Verfolgung von Julian Hessenthaler, der eine Schlüsselrolle bei der Erstellung des sogenannten “Ibiza-Videos” gespielt hatte, wurde von ihnen als unverhältnismäßig bezeichnet. Amnesty fordert unter anderem, dass Österreich die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzt. Weil Österreich hier noch nicht gehandelt hat, hat die EU im Februar ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Handlungsbedarf im Sozialbereich

Auch im Sozialbereich muss Österreich laut Amnesty handeln. Es fehlen laut Report etwa Maßnahmen zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit. Die NGO kritisiert das 2021 von sechs Bundesländern umgesetzte Sozialhilfe-Grundgesetz als nicht ausreichend, um ein Mindestmaß an finanzieller Unterstützung und damit ein menschenwürdiges Leben sicherzustellen. Außerdem fehlten Reformen für einen besseren Schutz der Rechte der sogenannten “24-Stunden-Betreuerinnen” in Österreich. “Der neue Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch hat das Thema Pflege und Armutsbekämpfung auf seine Agenda geschrieben – wir hoffen, dass dies nicht nur ein Antrittsversprechen bleibt”, mahnt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, in Richtung Politik.

Außerdem seien Abschiebungen und Pushbacks von Asylsuchenden ungerechtfertigt durchgeführt worden. Zwischen Jänner und August 2021 seien etwa 64 afghanische Staatsangehörige nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl ihnen bei ihrer Rückkehr schwere Menschenrechtsverletzungen gedroht hätten. Die öffentlich vieldiskutierte Abschiebung der Schülerin Tina nach Georgien ist mittlerweile vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig beurteilt worden.

Amnesty kritisiert politische Untätigkeit

“Die Politik muss endlich erkennen, dass wir nicht die Insel der Seligen sind”, mahnt Schlack. Viele Probleme würden schon seit Jahren bestehen, es sei jedoch von Seiten der Politik versäumt worden, etwas daran zu ändern.

Amnesty International fordert außerdem wirksamere Untersuchungen von Polizeigewalt. Die von der Regierung im Jänner 2020 angekündigte unabhängige Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen sei bis Ende 2021 noch nicht eingerichtet worden.

Das im Juli 2021 beschlossene “Anti-Terror Paket” wiederum bezeichnet Amnesty International als “menschenrechtlich höchst problematisch”. Zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Expertinnen und Experten der Vereinten Nationen hätten Bedenken geäußert, dass der neue Paragraf über “religiös motivierte extremistische Verbindungen” zu einer Stigmatisierung von Muslimen führen würde.

(pma/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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7 Kommentare

  1. Corona-Maßnahmen, die ohne Evidenz verordnet wurden, wie Lockdowns, Ausgangsbeschränkungen, Lockdowns für Ungeimpfte, Maskenzwang, Einsperren von Senioren und Seniorinnen, Besuchsverbote in Altersheimen, Krankenhäusern, Zwang zum Homeschooling und Homeworking, kurz, alles, was das Leben der Menschen beeinträchtigt, sie in ihren Rechten und Möglichkeiten einschränkt oder ihre wirtschaftlichen Grundlagen gefährdet, alles das, wenn es ohne wissenschaftliche Evidenz verordnet wurde und das war durchgängig der Fall, all das waren und sind massive Menschenrechtsverletzungen. Wo war da Amnestiy International die letzten 2 Jahre?

    • “…alles das, wenn es ohne wissenschaftliche Evidenz verordnet wurde und das war durchgängig der Fall…”
      Tja, wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Anfangs hast du es noch verwendet, dann erhebst du dieses Wenn zur Wahrheit. Die wenigsten Menschen meinen, das dies “durchgängig der Fall” war.

  2. Sachwalterschaftsmissbrauch in Österreich googeln und staunen, was im Österreich alles möglich ist.

    Sachwalterschaftsmissbrauch durch Richter, Gutachter und Rechtsanwälte stellt schwere Menschenrechtsverletzung ohne Beschwerdemöglichkeit nach Art 13 EMRK dar, so die BZÖ in ihrer OTS 0164 vom 07.03.2012.

  3. aber der österreicher will das doch so
    zeigt er dich eindrucksvoll an der urne immer und immer wieder

    das schlimmste was dem österreicher wohl passieren kann wäre links-grün-versifft – (keine ahnung wie es es da weiter geht, komm nicht aus dieser ecke)

  4. Seit Schüssel/Haider, im Besonderen seit Kurz, im Weiteren seit Nehammer, Sobotka und der Nadelstreifpartie ist jeder Tag in diesem Land ein verlorener.

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