Dienstag, Oktober 8, 2024

Teil 1: Offene Fragen nach dem Alko-Unfall: Nehammers Personenschutz

Kommentar

Zwei Cobra-Beamte schützen die Frau des Bundeskanzlers. Am 13. März 2022 krachen sie betrunken mit ihrem Dienstwagen in Autos, die vor der Nehammer-Wohnung in Wien-Hietzing geparkt sind. Jetzt warten einige Fragen auf Antworten. Die wichtigste lautet: Sollte die Affäre “Nehammer-Cobra” vertuscht werden?

Peter Pilz

Wien, 04. April 2022 | Am Mittwoch rief mich ein Polizeibeamter an und erzählte mir eine seltsame Geschichte über betrunkene Personenschützer und einen Autounfall mit Sachschaden. Zwei Tage später stand sie in „Kronenzeitung“, „Kurier“ und „Salzburger Nachrichten“. Der Beamte rief mich noch einmal an. Das sei nur die halbe Geschichte. Dann meldete sich ein Cobra-Beamter. Er und viele seiner Kollegen hätten jetzt endgültig genug.

Betrunken im Lokal

„Die zwei Personenschützer, die – wie erst jetzt bekannt wurde – am 13. März für den Schutz der Frau von Karl Nehammer (ÖVP) verantwortlich waren, sollen laut „Krone“-Informationen nach Dienstschluss und dem Ende der Bewachung Alkohol getrunken haben.“ Das meldete die „Kronenzeitung“ am Samstag, den 2. April. Der Spin trägt die Handschrift des Ministeriums: „Nach Dienstschluss“ und „nach der Bewachung“ der Frau des Kanzlers hätten die Personenschützer „Alkohol getrunken“. Die Salzburger Nachrichten ergänzten: „Laut Darstellung des Innenministeriums begaben sich die beiden Personenschützer nach der Arbeit in ein Lokal und konsumierten in sehr kurzer Zeit große Mengen Alkohol.“ Cobra-Chef Bernhard Treibenreif weigerte sich, den Namen des Lokals zu nennen.

Das Innenministerium verbreitet laut „Standard“ die Geschichte der Beamten, die zu Fuß von den Nehammers in ein Lokal saufen gehen und dann zurückkehren: „Danach starteten sie jedoch ihr Dienstauto, das noch vor der Kanzlerwohnung in Wien-Hietzing abgestellt war, und touchierten beim Ausparken zwei abgestellte Fahrzeuge.“

Ohne erkennbaren Anlass erklärte Markus Haindl als Sprecher von Innenminister Gerhard Karner: „Weder der Bundeskanzler noch ein Familienmitglied von ihm waren dabei.“ Das ist die offizielle Geschichte.

Die „Anforderung“

Aber es gibt noch eine andere. Sie wird von Beamten aus Cobra und Wiener Polizei erzählt.

Als Bundeskanzler braucht Karl Nehammer Personenschutz. Das steht ihm zu. Aber auch Nehammers Familie braucht in Zeiten wachsender Aggressionen gegen Politiker und ihre Angehörigen Schutz. Daher stehen auch der Frau des Bundeskanzlers Beamte der Cobra zur Verfügung.

Am 13. März 2022 erhielt Katharina Nehammer demnach wieder Personenschutz. Die Nehammer-Wohnung in Wien-Hietzing ist von Objektschützern der Wiener Polizei gesichert. Zwei Cobra-Beamte (die Namen sind der Redaktion bekannt) treffen am 13. März bei Nehammer ein. Am späten Nachmittag, nach Verlassen der Wohnung, sind sie schwer betrunken. Beim Anfahren ihres Dienstwagens rammen sie geparkte Autos.

Der Beamte, der als Objektschützer das Nehammer-Wohnhaus an der Eingangstür bewacht, meldet den Vorfall und ruft Verstärkung. Die eintreffenden Polizisten stellen den Schaden und zwei schwer betrunkene Cobra-Beamte fest. Beim Lenker ergibt der Alkotest 1,2 Promille. Am Beifahrer kann kein Test durchgeführt werden. Er ist schwer ansprechbar.

Die betrunkenen Personenschützer tragen Dienstwaffen und fahren einen Dienstwagen. Die Regel, dass sie erst mit der Rückgabe des Dienstwagens vom Dienst abtreten, gilt auch für sie.

Antworten – oder Vertuschung?

Die wichtigsten Fragen sind offen:

  • Haben die Personenschützer Katharina Nehammer am 13. März zu Terminen begleitet – oder war der Ort des einzigen Termins die Nehammer-Wohnung?
  • Haben die Cobra-Beamten die Nehammer-Wohnung bereits betrunken verlassen? Oder sind sie nüchtern von Katharina Nehammer zu Fuß in ein Lokal gegangen, haben sich dort schnell und gründlich betrunken und sind zur Nehammer-Wohnung zurückgekehrt, um von dort wegzufahren und dabei geparkte Autos zu rammen?
  • Ist der Dienstschluss im Nachhinein „vorverlegt“ worden?
  • Wann ist Bundeskanzler Nehammer über den Vorfall informiert worden?
  • Und was hat Karl Nehammer daraufhin getan?

Welche Geschichte stimmt? Und: Soll die Affäre “Nehammer-Cobra” jetzt vertuscht werden? Karl Nehammer und sein Innenminister könnten das leicht aufklären. Wir haben ihnen am Samstag Fragenkataloge gemailt und um Antworten bis Sonntag um 9.00 Uhr ersucht. Die Antworten sind – noch – nicht gekommen. Daher stellen wir einige offene Fragen jetzt öffentlich. SPÖ und FPÖ bereiten parlamentarische Anfragen vor. Vielleicht gelingt es so, die Affäre um die beiden betrunkenen Nehammer-Personenschützer zu klären.

Ich weiß, der Bundeskanzler hat derzeit von der Betreuung der Ukraine-Flüchtlinge bis zur Bekämpfung der Pandemie viele Sorgen. Dazu kommt noch der „Personenschutz“ für den Nationalratspräsidenten, der vieles abverlangt.

Aber es sind ja einfache Fragen. Und es gibt sicherlich einfache Antworten.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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