Samstag, Juli 27, 2024

Die vielen Versionen der »Cobra Libre«-Affäre

Seit Tagen gibt es zahlreiche Versionen, die aufklären wollen, wie sich Unfall und Umtrunk rund um die Cobra-Beamten der Kanzler-Gattin zugetragen haben. Ein Überblick über das Gesagte, Geschriebene und Widersprochene.

Wien, 08. April 2022 | Es war zunächst eine unscheinbare Meldung, die am 1. April in den „Salzburger Nachrichten“ (SN) und im „Kurier“ veröffentlicht wurde: „Personenschützer der Kanzlerfamilie verursachte betrunken Unfall“.

Anonymes Schreiben bringt Affäre ins Rollen

Von „Kurier“-Seite hieß es damals, dass „das Polizei-Duo nach Dienstschluss und dem Ende der Bewachung offenbar noch einen Einkehrschwung unternommen haben soll.“ Cobra-Chef Bernhard Treibenreif meinte damals gegenüber den SN, dass sich der Unfall zweieinhalb Stunden nach dem offiziellen Dienstende um 16:00 Uhr am 13. März zugetragen habe. Treibenreif wollte keine Angaben zu dem Lokal, in dem sich die Beamten aufgehalten haben sollen und auch nicht zu den konsumierten Getränken machen.

Am Montag, den 4. April nahm die Geschichte Fahrt auf. Die SPÖ veröffentlichte im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage das anonyme Schreiben eines mutmaßlichen Cobra-Beamten, gespickt mit schweren Vorwürfen gegen die Nehammers und die Cobra-Beamten. In den Raum gestellt wurden Interventionen seitens Nehammer, eine Vorverlegung des Dienstendes der Beamten und ein Umtrunk in den Wohnung des Bundeskanzlers. Der Bundeskanzler sah sich deshalb genötigt, spontan eine Pressekonferenz einzuberufen, in der er das Schreiben als Lüge darstellte. Über den Ablauf des Vorfalls sprach der Kanzler in seinem rund 10-minütigen Statement so gut wie nicht.

Wo tranken die Beamten?

Der „Standard“ schrieb am 5. April, das Innenministerium würde betonten, dass weder Karl Nehammer noch seine Ehefrau Katharina mit ihren Personenschützern getrunken hätten. Diese seien „nach Dienstschluss“ zu Fuß in ein Lokal nahe der Nehammer´schen Wohnung gegangen und hätten dann beim Ausparken des Dienstwagens andere Autos touchiert.

Dem Ö1-Mittagsjournal sagte das Innenministerium am selben Tag, dass es sich noch nicht sicher sei, wo die Beamten getrunken hätten. Es werde geprüft. Betont wurde erneut, dass das außerhalb des Dienstes geschehen sei. Erstaunlich, da der Cobra-Chef am 1. April noch meinte, dass die beiden einen Einkehrschwung eingelegt hätten.

https://twitter.com/JurgenKlatzer/status/1512345783454031875

Presse und Kurier-Versionen unterscheiden sich deutlich

Die „Presse“ veröffentlichte am 5. April einen „Faktencheck“. Dort stand, dass die beiden Beamten in den Räumlichkeiten der Nehammers getrunken hätten. Um 16:30 hätten die „nicht betrunkenen“ Beamten die Kanzler-Gattin zum naheliegenden Heurigen begleitet. Zwei Stunden später hätten sie den Unfall gebaut. Der „Kurier“ hingegen veröffentlichte am Freitag eine andere Darstellung. Hier hätten die Beamten zwar ebenfalls in der Wohnung getrunken, allerdings hätten sich die Wege von Katharina Nehammer und den Personenschützern um 16:45 Uhr getrennt.

In der Wohnung sollen sie laut Darstellung des „Kurier“ mit der Kanzler-Gattin gemeinsam angestoßen haben. Die Beamten seien nicht zum Heurigen mitgegangen. Bereits kurz nach Mittag soll die Ehefrau des Kanzlers den Beamten in ihrer Wohnung mitgeteilt haben, dass die Bewachung für diesen Tag beendet sei – was nicht möglich ist. Zuvor war kommuniziert worden, dass das Dienstende erst um 16:00 Uhr gewesen sei. Der Unfall soll sich laut „Kurier“-Version von Freitag bereits um 17:30 Uhr, also deutlich früher als bisher angenommen, zugetragen haben. Die Beamten hätten in der Wohnung jeweils zwei Bier, einer der beiden zusätzlich noch zwei Spritzer, zu sich genommen. Wo die restlichen Promille herkamen, ist noch ein Rätsel. Beim Fahrer wurden stattliche 1,2 Promille gemessen.

Auch der Unfall an sich sorgte für verschiedene Interpretationen: einmal war er „heftig“ (SN), ein andermal wurde nur „touchiert“ („Krone“), und einmal gab es „einen Kratzer beim Ausparken“ („Presse“).

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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