Sonntag, April 14, 2024

Die vielen Versionen der »Cobra Libre«-Affäre

Seit Tagen gibt es zahlreiche Versionen, die aufklären wollen, wie sich Unfall und Umtrunk rund um die Cobra-Beamten der Kanzler-Gattin zugetragen haben. Ein Überblick über das Gesagte, Geschriebene und Widersprochene.

Wien, 08. April 2022 | Es war zunächst eine unscheinbare Meldung, die am 1. April in den „Salzburger Nachrichten“ (SN) und im „Kurier“ veröffentlicht wurde: „Personenschützer der Kanzlerfamilie verursachte betrunken Unfall“.

Anonymes Schreiben bringt Affäre ins Rollen

Von „Kurier“-Seite hieß es damals, dass „das Polizei-Duo nach Dienstschluss und dem Ende der Bewachung offenbar noch einen Einkehrschwung unternommen haben soll.“ Cobra-Chef Bernhard Treibenreif meinte damals gegenüber den SN, dass sich der Unfall zweieinhalb Stunden nach dem offiziellen Dienstende um 16:00 Uhr am 13. März zugetragen habe. Treibenreif wollte keine Angaben zu dem Lokal, in dem sich die Beamten aufgehalten haben sollen und auch nicht zu den konsumierten Getränken machen.

Am Montag, den 4. April nahm die Geschichte Fahrt auf. Die SPÖ veröffentlichte im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage das anonyme Schreiben eines mutmaßlichen Cobra-Beamten, gespickt mit schweren Vorwürfen gegen die Nehammers und die Cobra-Beamten. In den Raum gestellt wurden Interventionen seitens Nehammer, eine Vorverlegung des Dienstendes der Beamten und ein Umtrunk in den Wohnung des Bundeskanzlers. Der Bundeskanzler sah sich deshalb genötigt, spontan eine Pressekonferenz einzuberufen, in der er das Schreiben als Lüge darstellte. Über den Ablauf des Vorfalls sprach der Kanzler in seinem rund 10-minütigen Statement so gut wie nicht.

Wo tranken die Beamten?

Der „Standard“ schrieb am 5. April, das Innenministerium würde betonten, dass weder Karl Nehammer noch seine Ehefrau Katharina mit ihren Personenschützern getrunken hätten. Diese seien „nach Dienstschluss“ zu Fuß in ein Lokal nahe der Nehammer´schen Wohnung gegangen und hätten dann beim Ausparken des Dienstwagens andere Autos touchiert.

Dem Ö1-Mittagsjournal sagte das Innenministerium am selben Tag, dass es sich noch nicht sicher sei, wo die Beamten getrunken hätten. Es werde geprüft. Betont wurde erneut, dass das außerhalb des Dienstes geschehen sei. Erstaunlich, da der Cobra-Chef am 1. April noch meinte, dass die beiden einen Einkehrschwung eingelegt hätten.

https://twitter.com/JurgenKlatzer/status/1512345783454031875

Presse und Kurier-Versionen unterscheiden sich deutlich

Die „Presse“ veröffentlichte am 5. April einen „Faktencheck“. Dort stand, dass die beiden Beamten in den Räumlichkeiten der Nehammers getrunken hätten. Um 16:30 hätten die „nicht betrunkenen“ Beamten die Kanzler-Gattin zum naheliegenden Heurigen begleitet. Zwei Stunden später hätten sie den Unfall gebaut. Der „Kurier“ hingegen veröffentlichte am Freitag eine andere Darstellung. Hier hätten die Beamten zwar ebenfalls in der Wohnung getrunken, allerdings hätten sich die Wege von Katharina Nehammer und den Personenschützern um 16:45 Uhr getrennt.

In der Wohnung sollen sie laut Darstellung des „Kurier“ mit der Kanzler-Gattin gemeinsam angestoßen haben. Die Beamten seien nicht zum Heurigen mitgegangen. Bereits kurz nach Mittag soll die Ehefrau des Kanzlers den Beamten in ihrer Wohnung mitgeteilt haben, dass die Bewachung für diesen Tag beendet sei – was nicht möglich ist. Zuvor war kommuniziert worden, dass das Dienstende erst um 16:00 Uhr gewesen sei. Der Unfall soll sich laut „Kurier“-Version von Freitag bereits um 17:30 Uhr, also deutlich früher als bisher angenommen, zugetragen haben. Die Beamten hätten in der Wohnung jeweils zwei Bier, einer der beiden zusätzlich noch zwei Spritzer, zu sich genommen. Wo die restlichen Promille herkamen, ist noch ein Rätsel. Beim Fahrer wurden stattliche 1,2 Promille gemessen.

Auch der Unfall an sich sorgte für verschiedene Interpretationen: einmal war er „heftig“ (SN), ein andermal wurde nur „touchiert“ („Krone“), und einmal gab es „einen Kratzer beim Ausparken“ („Presse“).

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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9 Kommentare

  1. Diese, zugegebenermaßen delikate, ungustiöse (vor allem im zwischenmenschlichen Bereich) Geschichte, ist keine Geschichte mehr. Politisch gesehen. Die Beamten erwartet eine saftige Disziplinarstrafe, im Anschluss dürfen sie dann wieder Dienst versehen. Allerdings nicht mehr in der Sondereinheit, sondern beim Schulwegsichern im tiefsten Waldviertel.
    Ob der BK seiner Gattin verzeihen wird, wird die Zukunft zeigen…
    Es muss heller werden Österreich!

  2. Der eine Personenschützer ist ein Freund der Familie, weil er mit einer Freundin von Frau Nehammer zusammen ist. Er fährt also auch auf gemeinsame Urlaube mit. Ein wirkliches Naheverhältnis also: Und er bekommt für die dann doch wohl auch privaten Treffen offenbar vom Steuerzahler Geld.

    Die Freundin des Personenschützers ist die TOCHTER eines österreichisch-russischen GESCHÄFTSMANNES. https://www.derstandard.at/story/2000134798873/ploetzlich-doch-gemeinsamer-umtrunk-cobra-affaere-2-0

    Ein Geschäftsmann im extrem nahen Politumfeld wird Oligarch genannt. Mich würde sehr interessieren, wer das ist. Und welchen Einfluss er über die Liäson seiner Tochter ausgeübt haben könnte. Allein die private Nähe eines ö-ru-Oligarchen zu Cobra-Beamten und Kanzler muss die Alarmglocken schrillen lassen. Wenn schon nicht bei Cobra und Nehammers, dann doch bei uns.

    • Ich bin vom österreichisch-russischen Geschäftsmann grad wirklich von den Socken. Niemand weiß, wer er ist, auf wessen Seite er steht. Das muss man auch nicht. Russland führt Krieg gegen uns.

      Und man lässt den Personenschützer, der mit einer halb-russischen Oligarchentochter liiert ist, so nah an den Kanzler ran? An diesem Punkt wird es gefährlich. Die Geschichte könnte auch genau umgekehrt sein, nämlich dass der Personenschützer die Nehammers gezwungen hat, dass sie ihn nehmen, und so eine permanente Todesdrohung im Haus ist, wenn der Kanzler zum Beispiel nicht gegen den Gasboykott auftritt.

      Ich will niemandem etwas unterstellen, aber allein die Möglichkeit, dass es über diese “private” Einflussphäre dem Feind möglich ist, so nah an den Kanzler ranzukommen, lässt mir Angstschweiß über den Rücken rinnen. Man kann das in Kriegszeiten ja nicht zulassen. Wir haben es mit Putin zu tun. Der wird keine Skrupel haben, da eine bedrohliche Kette aufzuziehen, wenn er sie braucht.

      Dass ein Personenschützer, der privat mit den Nehammers verkehrt (via Geliebter), den Auftrag wegen Unvereinbarkeit nicht ablehnt (obwohl er müsste), ist noch eine andere Sache. Hätte er müssen. Vielleicht wurde er gezwungen ihn anzunehmen? Man weiß es nicht, und das macht die Angelegenheit nun wirklich brisant. Cobra bloqueada.

      Oder: Nehammer trifft sich mit Selenskji. Da sind Personenschützer dabei. Die können Zeitpunkt und Ort weitergeben. Kann man sich vorstellen, was das heißt, wenn dann gerade dort die Bomben einschlagen? Das ist ein solches Sicherherheitsrisiko. Mir wird schlecht. Prost.

      • Und wenn es nur eine informelle Kette ist: Personenschützer sagt Freundin, wo sich Nehammer wann mit Seölenskji trifft. Freundin sagts ihrem Vater. Vater sagts (vielleicht “nur” weil er angeben will) einem Geschäftsfreund. Und einen Tag später erfährt es ein General. Und die Bombe schlägt ein. Diese informellen Ketten sind brangefährlich in einem Krieg.

      • Ich denke die Ukrainer wissen, dass Österreich von russischen Spionen durchseucht ist und werden entsprechend vorsichtig sein, hoffentlich.

  3. Nachdem DiePresse mit ihrer Berichterstattung am weitesten von den Fakten entfernt war, eine allgemeine Anmerkung zu Anna Thalhammer: Als die BMI-Chats von ZackZack exklusiv veröffentlicht und für Furore gesorgt haben, gab es täglich fast gehässige Kommentare von ihrer Seite. Hab mir damals gedacht: What goes around comes back around.
    Kurze Zeit später ihre Tiergeschichte (Kurz als Pfau usw) ein Rohrkrepierer, sie musste zugeben, dass sie falsche Informanten mit Erinnerungslücken hatte. Peinlich. Und jetzt das nächste journalistische Waterloo. Wieder muss sie zugeben, dass ihre Leistung einfach nur schlecht war. Wenn einem der Hauptinformant durch Suspendierung abhanden kommt und man sohin keinen “geförderten Überblick” mehr hat, ist das nicht lustig. Da muss man dann kleine Brötchen backen und lernen, wie richtige Recherche geht, anstatt ein anderes Medium zu kritisieren, weil es einfach die besseren Leute mit dem besser recherchierten besseren Material hat.

  4. Danke für die Gegenüberstellung! Bei dieser Geschichte hakt es ja an allen Ecken und Enden! Im Nachhinein betrachtet, könnte der Bootsunfall (Frau Nehammer im Kreise mehrerer Männer) auch mit Alkoholkonsum in Verbindung gestanden sein…

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