Samstag, Juli 27, 2024

Wiener Wirtschaftskammer will Ministeranklage gegen Gewessler – Lobautunnel

Lobautunnel

Die Wiener Wirtschaftskammer hält eine Ministeranklage der Umweltministerin Leonore Gewesslers für möglich. Grund: der Lobautunnel. Dazu holte man auch ein Gutachten ein, wonach die Weisung Gewesslers, den Tunnel nicht zu bauen, „rechtwidrig“ wäre.

Wien, 20. April 2022 | Im Dezember 2021 stoppte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Bau des Lobautunnels. Doch die Auseinandersetzung über das Straßenprojekt – das Befürworter als große Entlastung für den 22. Bezirk (Donaustadt), Gegner als schweren Eingriff in das Ökosystem Lobau sehen – dürfte noch nicht ihr letztes Kapitel erreicht haben.

Tunnel-Absage laut Gutachten “rechtswidrig”

Die Wirtschaftskammer Wien (WKW) hat den Verfassungs-Experten Heinz Mayer ein Gutachten zum Baustopp erstellen lassen, den Gewessler Anfang Dezember 2021 bekannt gab. Laut Mayer sei eine Ministerklage gegen Klimaministerin Leonore Gewessler möglich, sollte diese eine Weisung an die Asfinag zur Einstellung des Baus erteilt haben.

Eine solche Weisung des Ministeriums an die Asfinag ist laut Mayer nicht möglich und rechtswidrig. “Das letzte Wort hat nicht ein Verwaltungsorgan, sondern der Gesetzgeber”, so der Verfassungsexperte. “Sollte belegt werden, dass eine solche Weisung ergangen ist, hätte das eine Ministerklage und in weiterer Folge auch zivil- und strafrechtliche Folgen.” Auch Gesellschaftsrechtsexperte Jörg Zehetner sagte am Mittwoch, eine Weisung der Ministerin gegen eine Aktiengesellschaft sei “aktienrechtlich unzulässig”. Über eine mögliche Ministeranklage entscheidet der Nationalrat. “Dieser könnte mit einfacher Mehrheit Anklage wegen schuldhafter Rechtsverletzung beim Verfassungsgerichtshof erheben”, so Mayer.

Der Präsident der WKW, Walter Ruck, erneuerte indessen seine Position für den Bau des Lobautunnels mit Verweis auf die geltende Rechtslage. “Der Lobautunnel kann nicht von heute auf morgen vom Tisch gewischt werden. Dafür fehlen die rechtliche Grundlage und das notwendige Einvernehmen mit dem Finanzministerium,” so Ruck am Mittwoch. Ruck fordert daher vom Asfinag-Aufsichtsrat, dass der Baustopp zurückgenommen wird.

FPÖ scheiterte mit Ministeranklage

Es ist unwahrscheinlich, dass eine Ministeranklage gegen Gewessler im Nationalrat eine Mehrheit findet. Schließlich müsste auf jeden Fall die ÖVP – Koalitionspartner der Grünen – für eine Ministeranklage stimmen.

Im Februar brachte die FPÖ bereits einen Antrag auf Ministeranklage gegen die Grüne Ministerin ein, dieser wurde jedoch mit Stimmen aller anderen Parteien abgelehnt. Neben der FPÖ und der WKW zeigten sich auch das Land Niederösterreich und die Stadt Wien über die Tunnel-Absage Gewesslers im Dezember nicht erfreut. Man kündigte ein gemeinsames Vorgehen und Klagen an.

Wiener Grüne kritisieren Stadt und WKW

Peter Kraus, der Parteivorsitzende der Wiener Grünen, kritisiert in einer Aussendung das Gutachten und die Stadt Wien: „Die Stadt Wien hat Klimaziele und diese sind mit dem Lobautunnel nicht in Einklang zu bringen. Wer also nun gegen die Absage des Lobautunnels klagt, klagt gegen das Pariser Klimaabkommen“. ÖVP-Gremien würden Zeit und Geld verschwenden auf der Suche nach rechtlichen Schlupflöchern, kritisiert Kraus die Wirtschaftskammer.

(bf)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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