Sonntag, Dezember 8, 2024

Blaue Doppelstandards bei Bezahlkarte für Asylwerber

Im Herbst 2022 kritisierte die FPÖ die Grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, weil sie für die Abwicklung des Klimabonus einen Millionenauftrag an das französische Unternehmen Sodexo gab. Jetzt macht die FPÖ Niederösterreich bei der Bezahlkarte für Asylwerber Ähnliches.

In Niederösterreich soll ab Juni eine Bezahlkarte für Asylwerber eingeführt werden. Das Pilotprojekt gilt vorerst in acht Asylunterkünften und könnte danach ausgeweitet werden. Auch Oberösterreich will eine ähnliche Bezahlkarte ab Juli einführen. Beide Bundesländer werden von einer ÖVP-FPÖ-Koalition geführt. In Niederösterreich hatte die von Udo Landbauer geleitete FPÖ bei den letzten Landtagswahlen stark dazugewonnen.

Schnedlitz-Attacke gegen Gewessler vergessen

Der zuständige FPÖ-Landesrat Christoph Luisser in Niederösterreich beauftragte das Unternehmen “Pluxee” mit der Umsetzung der Bezahlkarte. “Pluxee” wurde 2023 gegründet und gehört zum französischen Konzern Sodexo, der vor allem für seine vielseitig einsetzbaren Gutscheine bekannt ist. Die harsche Kritik von FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz an Klimaschutzministerin Leonore Gewessler wegen der Auszahlung des Klimabonus scheint vergessen.

Im Herbst 2022 hatte Schnedlitz die grüne Ministerin in einer Aussendung scharf angegriffen, weil diese Sodexo mit der Bereitstellung der Klimabonus-Gutscheine beauftragt hatte. Schnedlitz witterte dabei einen Skandal der „schwarz-grünen Geldverschwender” und verurteilte „wie in der größten Not dem Bürger in die Tasche gegriffen und dann an irgendwelche Unternehmen verschwendet wird.” Der FPÖ-General fragte sich außerdem „was diese schwarz-grüne Regierung noch alles im Schilde führt, um Unternehmen unser Steuergeld in den Rachen zu stopfen”.

Kritik an der Bezahlkarte

Mit der niederösterreichischen Bezahlkarte sollen Asylwerber nur noch Lebensmittel und Drogerieartikel kaufen können. Die Karte wird nur bei Partnerbetrieben akzeptiert. In Oberösterreich soll die Bezahlkarte ersten Schilderungen zufolge überall dort einsetzbar sein, wo auch Bankomatkarten gültig sind. Von einer Beschränkung der käuflichen Waren wie in Niederösterreich war dort vorerst keine Rede. Erklärtes Ziel des Bezahlkartensystems sei es laut ÖVP und FPÖ, zu verhindern, dass das Geld ins Ausland oder an Schlepper überwiesen wird. In Niederösterreich erhalten Asylwerber in den acht Modellunterkünften künftig pro Monat 210 Euro auf die Bezahlkarte und 40 Euro in bar.

Dass die von den ÖVP-FPÖ-Landesregierungen eingeführte Bezahlkarte das öffentliche Budget zusätzlich belasten könnte, betonte nicht nur der Sprecher der Asylkoordination Österreich, Lukas Gahleitner-Gertz. Dieser stellte schon im Februar gegenüber der “Krone” klar: „Ein separates System bringt massive Mehrkosten, von dem hauptsächlich der Betreiber des Bezahlkartensystems profitiert”. Auch Wiens Stadtrat für Soziales, Peter Hacker (SPÖ), äußerte sich skeptisch: „Bevor wir da jetzt sinnlos Geld ausgeben nur für eine Superbürokratie muss man mir einmal erklären: wie geht’s technisch, wie geht’s juristisch, da gibt’s keine Erklärung, sondern nur Emotion.”

Am heutigen Dienstag kamen im niederösterreichischen Hernstein die Flüchtlingsreferenten der Bundesländer mit Innenminister Karner (ÖVP) zusammen. Auch die Bezahlkarte für Asylwerberinnen wurde dort thematisiert. Karner stellte laut “orf.at” einen Fahrplan für die Einführung bis 2025 vor.

Stillschweigen über Kooperation mit Sodexo-Nachfolger

ZackZack wollte vom niederösterreichischen FPÖ-Asyllandesrat Christoph Luisser und von der Firma Pluxee wissen, wieviel das Pluxee-Bezahlkartensystem kosten wird. Beide hüllten sich in Schweigen. Pluxee bekundete lediglich, dass es sich bei dem Projekt um eine Pilotphase handele. Auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz wollte sich nicht zur Causa äußern.


Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com, Screenshot sodexo.at (bearbeitet)

Autor

  • Daniel Pilz

    Redakteur bei ZackZack. Studierte Philosophie an der Uni Wien und schreckt auch vor komplexen Themen nicht zurück.

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