Freitag, Mai 3, 2024

Der Staatsanwalt für besondere Fälle

Mit der Anklage gegen Ibiza-Regisseur Julian Hessenthaler geriet Staatsanwalt Bernd Schneider in den öffentlichen Fokus. Im ÖVP-U-Ausschuss wird es am Donnerstag auch um seine Rolle in der Causa BMI-Chats gehen.

Wien, 21. April 2022 | Wenn Bernd Schneider am Donnerstag im ÖVP-Korruptions-Ausschuss auftritt, dürfte er mit heiklen Fragen konfrontiert werden. Der junge Staatsanwalt (StA Wien) sorgte zuletzt international für Aufsehen. Mit seiner Anklage gegen Ibiza-Regisseur Julian Hessenthalter ebnete Schneider den Weg für die nicht rechtskräftige Verurteilung, die nicht nur aufgrund dubioser Zeugenaussagen vielfach kritisiert wurde.

Bei Schneider bündelten sich zumindest bis zuletzt politisch brisante Verfahren: Hessenthaler, BMI-Chats und schließlich ein Teil des BVT-Komplexes um Egisto Ott. Die Causa BMI-Chats hat mit Fridolin M. mittlerweile ein anderer Staatsanwalt übernommen. Sicher ist aber: Schneider ist ein Mann, dem gewisse Kreise besonders vertrauen. Justiz-Chats belegen, dass er bei Kripo-Direktor Andreas Holzer, Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek sowie Oberstaatsanwalt Johann Fuchs hoch im Kurs steht.

Die befangenen Ermittler

Bei heiklen Ermittlungen unterstützte ihn die mittlerweile berüchtigte Sondereinheit AG FAMA. Sie verfolgt Ex-BVT-Mann Egisto Ott, geht gewissen Wirecard-Spuren nach und soll undichte Stellen im kaputten Sicherheitsapparat stopfen. Wie sie das tut und welche Bedeutung Staatsanwalt Schneider dabei zukommt, könnte den U-Ausschuss besonders interessieren.

So ist die AG FAMA augenscheinlich mit Vertrauensleuten der Bundeskriminalamtsspitze besetzt. Die meisten davon stammen aus Oberösterreich, einige werden gerne für große Verfahren nach Wien abgestellt. Die AG FAMA erinnert frappant an die SOKO TAPE, die schon in einem frühen Stadium der Ibiza-Ermittlungen kritisiert wurde. Der Vorwurf: parteipolitische Befangenheit. Damals hatte die SOKO in Schneider einen prominenten Unterstützer, denn ihm zufolge seien die Ermittler nicht befangen.

Jetzt, nur wenige Jahre später, trifft es die AG FAMA. Am 5. Juli 2021 trudelt im Bundeskriminalamt eine kleine Bombe ein. In einem Amtsvermerk wird notiert: die Top-Ermittler Andreas Holzer, dessen Vertrauter Dieter C. sowie Karl O. erklären sich selbst für befangen. Ein erstaunlicher Vorgang, denn so erhalten die drei Beamten Opferstatus. Die Leitung der AG FAMA wird vom Bundeskriminalamt ins Bundesamt für Korruptionsbekämpfung übertragen.

(Faksimile ZackZack)

Offiziell zumindest, denn zahlreiche Belege deuten darauf hin, dass die befangene Kripospitze im Hintergrund weiter agiert.

Der Kloibmüller-Stick: „Nicht zum Akt genommen“

Eine der offenen Fragen ist, warum sich Holzer, C. und O. tatsächlich für befangen erklärt haben. Offiziell heißt es, die drei könnten durch die Weitergabe personenbezogener Daten geschädigt werden. Gemeint ist das Kloibmüller-Handy. Ein Bericht der AG FAMA gibt aber auch Aufschluss darüber, wie explosiv der USB-Stick mit den Daten für die Ermittler wirklich ist:

(Faksimile ZackZack)

Und hier kommt Staatsanwalt Schneider ins Spiel. Am 22. September 2021 berichtet ein IT-Experte der Staatsanwaltschaft Wien, die Sicherung und Strukturierung der Daten des Kloibmüller-Handys sei abgeschlossen. Spätestens jetzt könnte Schneider mit Ermittlungen gegen politische Amtsträger und Beamte beginnen. Immerhin finden sich auf dem Handy zahlreiche Hinweise auf mutmaßlichen Amtsmissbrauch. Doch der Staatsanwalt beauftragt den IT-Experten plötzlich mit einer erneuten Auswertung des USB-Sticks. Diese sei „dahingehend vorzunehmen, ob sich darauf Daten befinden, die geeignet sind, öffentliche oder private Interessen zu verletzen.“

Das „öffentliche Interesse“ meint in diesem Fall Geheimhaltung. Es wird also gezielt nach Staatsgeheimnissen gesucht. Im Jänner 2022 hält Schneider-Nachfolger Fridolin M. noch einmal gesondert fest, dass man den USB-Stick vorerst nicht zum Ermittlungsakt nehme, „um einen weiteren Missbrauch der Daten hintanzuhalten.“

Ein Problem an dieser Erzählung ist jedoch, dass Kloibmüller in seiner Befragung angibt, er könne „fast ausschließen, dass sich in der Kommunikation Sachverhalte finden, die als Staatsgeheimnisse zu werten wären.“ Das sieht wohl auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) so. Nachdem Peter Pilz der WKStA einen Kloibmüller-Datensatz übergab, sind aufgrund der BMI-Chats immerhin Ermittlungen gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eingeleitet worden. Für Sobotka gilt die Unschuldsvermutung.

Fest steht: Am Donnerstag wird der U-Ausschuss wohl einiges zu tun haben. Bernd Schneider wird sich in dem Fall in der Rolle des Befragten wiederfinden.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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49 Kommentare

  1. Wenn die Justiz nicht mehr wirksam kontrolliert werden kann wird die geheime Einflussnahme nicht besser sondern noch schlimmer. Es braucht eine Kontrolle mit immer neuen Köpfen, die auch bei Verdacht, hart durchgreifen kann. Vertrauensverlust muss auch Jobverlust bedeuten wie in der Privatwirtschaft. Man kann nicht immer warten, bis eine Straftat oder Amtsmissbrauch nach Monaten nachgewiesen werden kann, das sieht man an den Chats sehr deutlich. Die Netzwerke werden in Zukunft einfach auf Telefonate oder persönliche Kontakte zurück greifen und schon gibt es keine Beweise für die Netzwerke mehr. Vertrauen und Anstand sind auch in der Privatwirtschaft das Maß und Fundament für Dienstverträge. So sollte es auch in der Jutiz wieder werden.

  2. Richter sind “Machtgeil, bequem, entscheidungsfaul” so Thorsten Schleif selbst Richter.

    Staatsanwälte und Richter tun was sie wollen und nicht was sie sollen. Die Justiz kontrolliert sich selbst und das funktioniert überhaupt nicht. Man kennt sich und man richtet sich’s – daher heißen sie wohl Richter.

    • Nur “ein Schippchen” harmloser Frage sei mir an dieser Stelle bitte noch gestattet, Herr Staats-an-walt: Wird hier gelegentlich Staatsan- mit Staats-gewalt-schaft verwechselt???

  3. Und immer wieder die „unaufgeklärte“ Causa Eurofighter. Solange sie in Graz Tanner Hof stationiert sind und die Schwarzen Hände, die die Schmiergeldzahlungen angenommen haben, nicht bekannt gegeben werden, darf es um dieses Thema auch nicht ruhig werden.
    Ex WKStA Mitarbeiterin Poppenwimmer sagte aus, daß in der Causa Eurofighter die Nerven blank lagen!
    Warum wohl? Die Adressaten, also die korrupten Entscheidungsträger, hatten kein Interesse daran, daß die Österreicher jemals die Wahrheit erfahren sollten. Dies ist auch der Grund dafür, daß die vollmundigen Tanner Ankündigungen bald verstummten.

  4. Frau Justizministerin Zadic!

    Setzen sie die Interessen des landes durch! So wie es ihre Aufgabe ist! Es reicht nicht sich auszurasten auf dem Umstand, dass besser sie Justizministerin sind als wer von der ÖVP.

    Geht schon!

  5. Besagter Schneider ist ein verlässlich, korrupter und devoter schwarzer Parteisoldat. Er ließ schon in der Vergangenheit, einen Stapel an Anzeigen gegen den Fußfesselinnenminister Strasser so lange auf (oder unter) seinem Schreibtisch liegen, bis selbige verjährten.
    Justizintern ist er bestens bekannt…
    Es muss heller werden Österreich!

  6. Mir gefällt die tägliche Zusammenschau der UA-Befragten und Befragungen. Auch, worum es jeweils geht. Es ist ja so schwer den Überblick zu behalten.

    “Der Staatsanwalt für besondere Fälle” ist wieder mal ein krachend schöner Titel. 🙂 Da fragt man sich wirklich, wenn man die Verfahren, die ihm zugeschanzt wurden, anschaut, wie so eine Fallzuteilung wirklich abläuft. Bisher dachte ich die Staatsanwaltschaft diesbezüglich unabhängig. Das schaut nun nicht mehr danach aus.

  7. Es gibt Netzwerke in der Justiz und es wär Aufgabe der Justiz Ministerin diese zu zerschlagen…..uns zwar mit Wumms!

    • Schon richtig. Man muss allerdings bedenken, dass Zadic erst 2 Jahre im Amt ist und sich diese Netzwerke in den vergangenen 20 Jahren zu einem undurchsichtigen Geflecht entwickelt haben. Wenn ich zb Frau Poppenwimmer mit Zadic vergleiche, erscheint mir die eine als eine völlig abgebrühte, machtgeile Grenzgängerin mit Überschreitung von Linien zum Selbstzweck – die andere wie die Unschuld vom Lande. Ich bin wirklich nicht genügsam, ungeduldig obendrein, aber doch froh, dass sie wenigstens ein paar wichtige Aktionen gesetzt hat. Ein Anfang. Das ist auch was.

  8. Allein schon, dass VFGH-Richter Suppan so nebenbei, und völlig unbefangen versteht sich, Exkanzler Kurz vertritt, als Anwalt ( eh nur privat…..und völlig unabhängig von seinen richterlichen Tätigkeiten) ist der absolute Wahnsinn!

    Wieso darf er das und wieso hindert ihn niemand dran. Und wieso wird das so dezent behandelt??

  9. In Ö gibt es ein Netzwerk, bestehend aus pensionierten OGH-Leuten, Ersatzleuten des VfGH, Anwälten mit prominenten Büroadressen, suspendierten Beamten, willfährigem “Kleinvieh”, Verrätern von Hausdurchsuchungen sowie gesteuerter Regierungspropaganda. Gemeinsam bilden sie das Schutzschild für die ÖVP. Geld ist genügend da, Großspender liefern jeden Betrag für halbseidene Zeugen; was dem Machterhalt der ÖVP schadet, wird daschlogn oder mit Klagen eingedeckt. Die Korruption der ÖVP beginnt beim kleinen Funktionär mit “Bürgeranfragen”, geht über Vorarlberg zu den nö. Wohnbaugeldern über das OLG Graz weiter zur Justiz nach Wien. Diese allgegenwärtige und seit Jahren praktizierte Machterhaltungsstrategie von Schüssel, Kurz, Sobotka, Haslauer, Stelzer, ÖAAB, Schützenhöfer, Platter, Hörl, Wallner, WK, Mikl-Leitner, Nehammer und Handlangern droht jetzt zu scheitern. Ich warte auf richtige Knaller. Der Besuch Diekmanns bei P (Nehammer durfte ihn begleiten) war ja ein Rohrkrepierer.

    • Das ist keine Analyse mehr sondern die gelungene Abrechnung mit einem hochkriminellen Syndikat, bzw. erschreckende Veranschaulichung eines politischen Infernos.🔥

    • 20 Jahre Justiz/Innenministerium für die Familiäre – Struktur haben genügt, um das Land oder die Staatsgewalt an sich zu reißen.
      Rückblickend gesehen, wäre ohne den “Ibiza-Fall” bis heute nichts rausgekommen und der “Clan” würde weiter unbehelligt bzw. unbeobachtet agieren.
      Wen man glaubt ALLES unter Kontrolle zu haben und die Dekadenz der Macht in ungeahnte Höhen führt, ist der Fall vorprogrammiert
      Sozusagen verdanken wir der Überheblichkeit/ Machtrausch den selbst zugefügten Knieschuss.
      Irgendwie eine Genugtuung, die Hoffnung auf Änderung bleibt vage bis ungenügend.

      • Bin sicher, dass es sukzessive eine Änderung geben wird, denn die Schneewalze der Aufdeckung hat sich in Bewegung gesetzt und ist nicht mehr aufzuhalten.

    • Gestern hat P.P. im Fernsehen gesagt,es kommen noch Chats,in denen die Schmähhammerin eine große Rolle spielt,das ist die Dame,die sich selber mit Brigitte Macron vergleicht :).

      Vielleicht sieht man dann nochmal etwas mehr,wie diese Netzwerke funktionieren.

      Also da kommt noch was,das wird dann nochmal knallen,denn sie hockt im BK-Amt natürlich gratis,berät den Karli,auch gratis und den Diekmann hat sie auch an Land gezogen.

      Bin gespannt wann diese Chats an die Öffentlichkeit kommen und deren Auswirkungen.

      Und was ich sehr schade finde,ist daß ich nicht beim Salon Pilz dabei sein kann,ich hoffe,daß es hier danach zum Sehen gibt,denn da wird P.P. Kern ebenfalls Chats zeigen,die weder Kern noch sonst wer kennt,also das wäre echt toll,wenn wir alle die keine Karten mehr bekommen haben,wenigstens dann hier ein Video davon anschauen könnten.Ich hoffe ZZ und PP lassen uns daran teilnehmen.

    • Von der Salzburger ÖVP fehlen noch Skandale.
      Die gibt es überall, wo ÖVP drauf steht, in allen BLn.
      Wann wird da mal genauer durchleuchtet?
      Die BH Zell am See ist schon ‘negativ ‘ aufgefallen, weil alle Bauvorhaben von Investoren durchgewunken wurden………

      • In Sbg gab es doch eine schräge Postenbesetzung, glaube da wird ermittelt. Dringender ist im Moment NÖ wegen der anstehenden Wahl.

  10. Keine Postenbesetzungen mehr nach politischer nähe!
    Dieses system hat sich längst als korumpiert herausgestellt und verhindert sinnvolle erneuerungen.

  11. Die Staatsanwaltschaft Wien scheint korrupt zu sein.

    Liebe Frau Justizministerin Zadic,
    Was macht man mit korrupten Staatsanwaltschaften? Kann man diese Typen noch mit Fällen betrauen, wenn offensichtlich ist, dass die einfach tun was sie wollen?
    Ich frag mich in letzter Zeit schon öfter…. Wie gut schützt uns die Justiz, wenns drauf ankommt?
    Die Justiz frei zu halten von schädlichen Einflüssen wie Korruption….. Das sollt uns heilig sein!!! Wir brauchen einen funktionierenden Rechtsstaat! Stattdessen schaut man zu, wie bei Fuchs die Suspendierung aufgehoben wird, obwohl es eine Anklage gegen ihn gibt!!!! Wieso darf ein Staatsanwalt arbeiten, wenn er selbst angeklagt ist? Und erwarten wir uns nicht zurecht von einer Justizministerin, dass sie für Aufklärung sorgt? Denn offensichtlich gibt’s auch am OGH ein Problem.

    • Ich denke Zadic tut, was sie kann. Sie hat ja Fuchs suspendiert, wenn das der OGH wieder aufhebt, kann sie nichts machen. Jahrzehntelanger Aufbau eines Netzes der Vertuschung, Korruption, Postenschacherei ect. kann diese Justizministerin nicht in ein paar wenige Jahren beseitigen.
      Ich bin froh, dass wir Alma Zadic als Justizministerin haben und nicht Edtstadler.

      • Genau so müssen wir es sehen. Zadic ist sicher sehr oft schwach. Da fehlt es am treuen Umfeld. Das haben die Grünen nicht. Wo ist unser Vizekanzler? Warum steht er nicht öffentlichswirksam hinter ihr?
        Er müsste sie stärken…bei jeder Gelegenheit. Aber das ist scheinbar zuviel verlangt vom ehemaligen Rebell Kogler.

        • Besonders bedauerlich ist auch die Tatsache, daß sowohl Van der Bellen, als auch Kogler ihre Grundsätze verraten und verloren haben!
          Die Grüne Basis befindet sich offensichtlich dieses Schocks ebenfalls im Koma!
          Wem auch immer Kogler heute zuspricht, wenigstens kriecht er nicht russischen Oligarchen und Putin in den Arsch, so wie der ehemalige Rebell Schröder.

      • Bin auch froh, dass keiner von der ÖVP auf ihrem Sessel sitzt. Trotzdem….sie muss jetzt durchgreifen!

        • Die ÖVP wird davor Neuwahlen vom Zaun brechen. Bei der Wahl kann der Schwarze Rest (Misthaufen) auf die Dummheit der Österreicher und Rendy Wagner zählen, unter deren Führung, in der nächsten Großen Koalition zwar die politischen Karten neu gemischt werden. Der politische Postenschacher und die Österreich immanente Korruption werden dann zu neuen Höhenflügen ansetzen!

      • Habe trotzdem den Eindruck sie weiß viel mehr, und könnte mehr eingreifen, wird aber aus parteipolitischen von der eigenen Partei daran gehindert.

    • Ja eben, wahrscheinlich das selbe Problem wie in den USA, wo am Supreme Court die Reps die Mehrheit innehaben und mit ihrer geschlossen Solidarität zu Trump eine unabhängige Urteilsfindung ad absurdum führen.

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