Donnerstag, März 28, 2024

Nach tödlichem Unfall: Lenker bestreitet alles

Nach tödlichem Unfall:

Auf der Wiener Ringstraße ist eine Frau zu Tode gekommen, weil sich zwei PKWs mutmaßlich ein Autorennen lieferten. Der Lenker, der das Auto der Frau rammte, bestreitet, zu schnell gefahren zu sein. Die Causa weckt Erinnerungen an ein Aufsehen erregendes Mord-Urteil in Deutschland.

Wien, 13. September 2022 | Nachdem er am Sonntagabend das Auto einer Frau gerammt hatte, die kurz darauf ihren schweren Verletzungen erlag, bestreitet der 26-jährige Lenker, dass er mit einem anderen PKW um die Wette gefahren sein soll. “Er bestreitet es grundsätzlich und sagt, er ist kein Rennen gefahren, und will auch nicht zu schnell gefahren zu sein”, so Polizeisprecher Markus Dittrich zur APA am Dienstag. Zeugen des Unfalls hatten schon kurz danach von einem Wettrennen mit einem anderen PKW gesprochen.

Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr gegen den Lenker des Fahrzeugs, der das Auto des Opfers rammte. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Lenker des zweiten Autos, das an dem Straßenrennen beteiligt gewesen sein soll, hat sich noch am Sonntag gestellt und wird zunächst nur als Zeuge geführt.

Vorfall gefilmt

Gegen 19.45 Uhr ist der der 26-Jährige am Schottenring auf Höhe der alten Wiener Börse laut Polizei über Rot in die Kreuzung bei der Wipplingerstraße eingefahren und dabei in das Auto einer 48-jährigen Frau geprallt, die gerade die Ringstraße queren wollte. Laut Polizei ist der gesamte Vorfall mitgefilmt und das Video sichergestellt worden. Dittrich bestätigt, dass jemand aus einem Auto hinter den beiden Rasern den gesamten Vorfall gefilmt habe: “Es ist das ganze Rennen und der Unfall zu sehen, natürlich aus einer gewissen Entfernung, weil die beiden schneller weggestartet sind als die anderen Verkehrsteilnehmer”, so Dittrich.

Die Frau wurde durch den Aufprall eingeklemmt und musste von der Berufsfeuerwehr aus dem Fahrzeug befreit werden. Sie erlag wenig später ihren schweren Verletzungen und hinterlässt laut Medienberichten einen Sohn.

Lenker festgenommen

Der Lenker wurde bei dem Unfall leicht verletzt und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft (StA) Wien noch an Ort und Stelle festgenommen. Weit hatte es die Polizei dabei nicht: Der Unfall ereignete sich quasi direkt vor ihrer Haustür, nur wenige Meter von der Landespolizeidirektion Wien entfernt. Die Amtsärztin hat laut Polizei bei dem 26-Jährigen Übermüdung festgestellt.

Laut Informationen der APA ist der Fahrer mit einem belgischen Führerschein unterwegs und hat angegeben, als Tourist in Wien zu sein. Das Auto war auf ihn zugelassen.

Erinnerungen an Raser-Mordprozess Berlin

Der Fall weckt Erinnerungen an den Februar 2016, als bei einem illegalen Straßenrennen am Ku’damm ebenfalls eine unbeteiligte Person getötet wurde. Die Lenker der ins Rennen involvierten Autos wurden 2017 in einem Aufsehen erregenden Urteil des Mordes schuldig gesprochen. Der deutsche Bundesgerichtshof kippte das Urteil, weil er den Tötungsvorsatz nicht für erwiesen ansah. Im Jänner 2022 war letztendlich ausgefochten: Jener Lenker, dessen Auto das Fahrzeug des Opfers gerammt hatte, blieb wegen Mordes verurteilt, das Urteil gegen den zweiten Raser wurde auf versuchten Mord abgeschwächt.

Nach dem Fall wurde in Deutschland ein neuer Paragraf in das Strafgesetzbuch aufgenommen, durch den ein „verbotenes Kraftfahrzeugrennen“ mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann, wenn dabei ein anderer Mensch zu Tode kommt.

Seit 2021 Tatbestand in Österreich

In Österreich ist die Teilnahme an illegalen Autorennen seit September 2021 strafbar  auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung (StVO) – allerdings nur als Verwaltungsstrafe. Die Novelle war Teil des im Juni desselben Jahres durch Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) angekündigten und im Juli im Nationalrat beschlossenen „Raserpakets“.

Auto als “Waffe”

Aus dem BMK heißt es auf Anfrage: „Bei diesen Geschwindigkeiten wird das Auto zur Waffe – und das Leben anderen Verkehrsteilnehmer:innen gefährdet.“ Derzeit laufe eine regierungsinterne Abstimmung über die Möglichkeit, das Auto von Wiederholungstätern zu beschlagnahmen.

Auch Haftstrafen drohen

Es kann sich ein Straftatbestand ergeben, etwa wenn andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder sogar getötet werden, wie ZackZack auf Anfrage aus dem Justizministerium (BMJ) erfuhr. Es drohen Haftstrafen, Einziehung des Autos und „im Extremfall sogar lebenslange Freiheitsstrafen“. Einen eigenen Straftatbestand wie in Deutschland, gibt es aber nicht. Neue Regelungen analog zu Deutschland würden fortlaufend evaluiert, sagt dazu das BMJ, es fände regelmäßig ein Austausch mit dem deutschen BMJ statt. Die Polizei führt immer wieder Schwerpunktaktionen gegen die Roadrunner- und Tuningszene durch. Sie ist dafür im Sommer 2021 mit leistungsstarken Zivilfahrzeugen ausgestattet worden.

Die Wiener Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) forderte in einem Statement von Dienstag eine Gesetzes-Verschärfung nach deutschem Vorbild und sagte weiter: “Seit April weisen wir darauf hin, dass diese Szene immer aktiver wird und gesetzliche Verschärfungen auf Bundesebene notwendig sind. Wir müssen endlich ein klares Signal an die Raser-Szene ausschicken, dass es null Toleranz für Straßenrowdies gibt, so etwas wollen wir in Wien nicht!”

UPDATE: Dieser Artikel wurde um 17.11 Uhr um das Statement von Verkehrs-Stadträtin Ulli Sima ergänzt.

(pma)

Titelbild: ZackZack/ Christopher Glanzl

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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6 Kommentare

  1. Strafverschärfungen nutzen hier gar nichts, gefährden aber die Existenz unbescholtener Bürger. Die Polizei und die Politik wissen ganz genau, in welchem Milieu die Raser überwiegend zuhause sind. Aber sie getrauen sich nicht einmal nach so einem Unfall diese Gruppen öffentlich anzusprechen. Da lassen sich dann irrwitzge Strafen schon politisch korrekter verkaufen. Und die sind jedenfalls billiger als efiziente Kontrollen.

  2. Warum lässt sich das IM da so auf den Schädel scheixxen?
    DIese ganzen “Roadrunner” müssen die volle Härte des Gesetzes spüren. Fahrzeugabnahme, Führerscheinentzug auf Jahre, Haftstrafen wegen vorsätzlicher Gefährdung.
    Wo ist das Problem?
    Die Kieberer hecheln den Trotteln hinterher, – setzt eindeutige Signale und dann ist das vom Tisch.
    Da gibt es nichts zu verhandeln. Wer 160 am Ring fährt nimmt Tote mit in Kauf, daher ist er ein Mörder.

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