Samstag, Juli 27, 2024

Volkshilfe: Teuerung belastet Armutsbetroffene

Volkshilfe:

Die Teuerungswelle macht vielen Menschen schwer zu schaffen. Opposition und mehrere Organisationen kritisieren die unzureichenden Maßnahmen. Der Direktor der Volkshilfe, Erich Fenninger, hat die Lage anhand einer repräsentativen Umfrage bewertet.

Wien, 27. April 2022 | Die Teuerung wirkt sich auf mehrere Bereiche aus und betrifft einen großen Teil der Bevölkerung. Der Direktor der Volkshilfe, Erich Fenninger, hat anhand einer Umfrage des Sozialforschungsinstituts Sora die Einstellungen der Menschen zu den steigenden Kosten und den angekündigten Reformen der Regierung in einer Pressekonferenz präsentiert. Er fordert substanzielle Veränderungen und wirkungsvolle Maßnahmen.

Verzweiflung groß

Die Verbraucherpreise sind im März 2022 im Jahresvergleich um 6,8 Prozent und im Vergleich zum Vormonat um zwei Prozent gestiegen. Die Teuerung betreffe zwar alle, aber nicht alle gleich, so Fenninger. Menschen mit hohem Einkommen könnten die Preissteigerungen verkraften, während einkommensschwache Gruppen mit existenziellen Sorgen zu kämpfen hätten. Zu den besonders Betroffenen gehören Langzeitarbeitslose, Menschen die Mindestpension, Sozial- oder Notstandshilfe empfangen sowie Menschen mit geringem Einkommen, die zum Teil als armutsgefährdet gelten. Für diese seien die Kosten des täglichen Lebens nicht mehr zu bewältigen, wodurch sie in Verschuldung geraten würden.

Die Verzweiflung der Betroffenen werde immer größer und Unterstützung komme bei ihnen nicht an. Daher fordert Fenninger strukturelle Maßnahmen, die das Sozialsystem krisensicher machen, anstelle von Paketen, die lediglich „Reförmchen“ sein sollen.

Bessere Maßnahmen und Arbeitsbedingungen

Als rasche und wirkungsvolle Maßnahmen für Armutsbetroffene fordert er eine kostenlose Energieversorgung, eine Erhöhung der Wohnbeihilfe – die aktuell gegen die Sozialhilfe gegengerechnet wird –, eine Rücknahme der Mieterhöhungen, Einmalzahlungen, eine Umverteilung von Steuereinnahmen, Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent, eine Erhöhung des Mindestlohns auf 1.750 Euro Netto und Änderung der Kindergrundsicherung.

Die angekündigte Reform des Arbeitslosengelds des Arbeitsministers Martin Kocher (ÖVP) basiere auf Fehlannahmen, kritisiert Fenninger weiter. Der Mensch werde dabei nur als Subjekt betrachtet, der sich der Arbeit entziehen wolle. Dabei seien vorherrschende Arbeitsbedingungen zu ändern. Mehr als 86 Prozent der Befragten sollen der Ansicht sein, dass Unternehmen bessere Arbeitsbedingungen bieten sollten, als Druck auf Arbeitslose zu machen. Außerdem ist die Mehrheit der Befragten gegen eine automatische Senkung des Arbeitslosengelds.

Teuerung dominerte Nationalratssitzung

Im Rahmen der heutigen Nationalratssitzung sparte auch die Opposition nicht mit Forderungen und Kritik an den Maßnahmen der Regierung. SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner setzt vor allem auf das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der zuletzt vielfach kritisiert wurde, nachdem er die Teuerung als „Hysterie“ abgetan haben soll, hat sich in Interviews mittlerweile für die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf ausgewählte Lebensmittel ausgesprochen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), dessen Abwesenheit im Plenum von FPÖ-Klubchef spöttisch mit „Helden von Moskau und Kiew“, die vor der eigenen Bevölkerung kneifen, kommentiert wurde, hält nichts von dieser Maßnahme. Er verwies auf bereits geschnürte Entlastungspakete und kommende Steuerreformen. Die NEOS traten für die Abschaffung der Kalten Progression ein.

(nb)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Nura Wagner

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