Freitag, Dezember 13, 2024

Skylla & Charybdis: True Colors

Es bleibt zu hoffen, dass die segensreiche Wirkung des vorübergehend enttürkisierten Sebastian Kurz auch bei Donald Trump ähnliche Sogwirkung entfaltet, wie bei Armin Laschet und Janez Janša, kommentiert Julya Rabinowich.

Julya Rabinowich

Wien, 30. April 2022 |

Alles neu macht der Mai: der Spargel sticht, der Flieder erbricht sich großzügig mit Gerüchen und Farben, die Prater Hauptallee braucht bald keine Heizpilze mehr in der Grüngastro. Menschen lecken zaghaft an diversen Eiskugeln. Und die ÖVP macht sich wieder frei. Oben- und untenrum. Also neu. Das heißt, alt. Genau genommen nicht so wie sie zuvor alt war, sondern richtig neu alt. Das Türkis verliert etwas Raum und wird zum Strich unter der alten Rechnung. Vielleicht könnte man den Farbton noch ein bisschen kühler gestalten, damit er perfekt zur alten neuen Sozialpolitik der alten neuen alten ÖVP passt.

Das Neue wird ganz gestrichen, das Neue hat seine Schuldigkeit getan, das Neue kann gehen. Wer nicht gehen kann, ist der geschasste türkise Großmeister. Mit kaum wieder weg, schon wieder da hat er zwar eine steile Vorlage aus dem Bärental, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Das Neue Alt zelebriert jedenfalls den Parteitag mit dem seltenen Gast, der als Delphinhörnchen über den großen Teich entfleuchte. Allerdings nur, um unerwartet wieder aufzutauchen. Wenn vielleicht schon nicht im Untersuchungsausschuss, so wenigstens bei neugewonnen alten Freunden!

Zu schade, dass manche nicht mehr ein Stück des Weges mitgehen, jedenfalls derzeit nicht: Sophie Karmasin wird vermutlich nicht erwartet werden. Aber der Eiserne Heinrich, die Abrissbirne unter den Politikern, unerbittlich zum variabel deklarierten Feind, zart besaitet bezüglich der eigenen Türmatte, der wird sicher da sein. Der vormalige Kanzler, der vor dem neuen Uraltkanzler, dem neuen Altkanzler und der Ehefrau des derzeit amtierenden Kanzlers, pardon, natürlich dem derzeitig amtierenden Kanzler die Kanzlerschaft erfüllte, lebt zudem offenbar in einer anderen Zeitzone als sein Nachfolger: Denn Sebastian Kurz ist eingeladen, Reinhold Mitterlehner hingegen wird eine Einladung bekommen, ob er dann auch erschienen sein wird, ist wieder eine andere Frage.

Anbetracht der katastrophalen Ergebnisse, die Politiker europaweit einfahren, die bei Wahlkämpfen von Sebastian Kurz unterstützt wurden, ist seine groß angekündigte Rede beim Parteitag vielleicht nicht ganz so günstig, wie die neue alte Partei zu glauben scheint. Aber Glauben ist bekanntlich eine Privatsache. Die Politik für manche aber auch. Familie, Politik, wer kennt sich da schon so genau aus! Vielleicht ist aber der kühle Schatten, der dabei auf den gebeutelten Nehammer Karl fällt, sogar erwünscht. Es bleibt zu hoffen, dass die segensreiche Wirkung des vorübergehend enttürkisierten Sebastian Kurz auch bei Donald Trump ähnliche Sogwirkung entfaltet, wie bei Armin Laschet und Janez Janša.

Titelbild: APA Picturedesk

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