Samstag, Juli 27, 2024

Kripo-Chef Holzer und der Streit mit der WKStA

Am 11. Mai 2022 kommt Bundeskriminalamts-Chef Andreas Holzer in den ÖVP-Untersuchungsausschuss. Mit Justizsektionschef Pilnacek und OStA Wien-Leiter Johann Fuchs hat Holzer zwei seiner wichtigsten Verbündeten im Streit mit der WKStA verloren. Jetzt geht es um seine Zukunft.

Peter Pilz

Wien, 09. Mai 2022 | Im August 2019 spitzt sich der Streit zwischen der Pilnacek/Fuchs-Gruppe und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu. Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek hat nicht verhindern können, dass die WKStA die Ermittlungen im Ibiza-Zentralkomplex „Casinos“ übernimmt und damit neben der FPÖ und HC Strache auch die ÖVP und Sebastian Kurz bedroht. Nur eines ist gelungen: Mit der Doppel-Soko „Ibiza“ und „Tape“ kontrollieren Pilnacek-Verbündete im Bundeskriminalamt die polizeilichen Ermittlungen. Ihr Kopf ist Andreas Holzer, der heutige Direktor des Amts.

„Lieber Andi“

Pilnacek und seine rechte Hand, der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien-Chef Hans Fuchs, sind gewohnt, gut abgeschirmt zu werken. Im Sommer 2019 fürchten sie vor allem eines: „Leaks“. Immer wieder erfahren Journalisten und Abgeordnete von verdeckten Aktionen der Pilnacek/Fuchs-Gruppe. Jetzt will Fuchs die Leaks finden. Dazu wendet er sich am 24. August 2019 vertraulich an seinen Duz-Freund Holzer: „Lieber Andi, siehst du eine Möglichkeit dafür, dass sich bei euch jemand systematisch analytisch begleitend zu den Ermittlungen mit den ständigen Indiskretionen befasst und von jeweiligen Erscheinungszeitpunkt in einem Medium unsere Bezug habenden Prozesse und informierte Gelegenheitspersonen zurückverfolgt und allfällige Häufungen und Auffälligkeiten aufbereitet?“ Die Absicht ist offensichtlich: 1. Bei jedem „Leak“ feststellen, wer davon als „Gelegenheitsperson“ die Gelegenheit hatte, etwas darüber zu wissen; und 2. prüfen, welche Staatsanwälte und Polizisten damit als „Verräter“ infrage kommen.

„Versuch über die SOKO“

Hans Fuchs informiert Pilnacek über den Plan: „ein zusätzlicher Versuch über die SOKO“. Kripo-Ermittler Holzer ist gleich dabei: „Hallo Hans, das wäre natürlich möglich.“ Aber Holzer hat ein Problem: „Wenn wir aber in Richtung 310 gehen, wäre das BAK zuständig, der dortige Direktor pocht immer vehement auf das BAK-Gesetz.“ Für den § 310 StGB, den Verrat von Amtsgeheimnissen, ist nicht Holzers Bundeskriminalamt, sondern das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung BAK zuständig. Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Holzer nennt ihn: „Vor allem können wir (SOKO) theoretisch ja in dieser Causa auch zum potentiellen Täterkreis gehören.“

Holzer weiß, dass er mit einer informellen „SOKO Leaks“ ein hohes Risiko eingeht. Er will sich absichern und wohl mit Franz Lang den damaligen Direktor des Bundeskriminalamts und einen der ranghöchsten ÖVP-Beamten im Innenministerium einbeziehen: „Ich muss das mit Franz besprechen.“ Trotzdem macht Holzer eine Zusage: „Aber vorerst begleitend kann ich das natürlich machen.“ OStA-Chef Fuchs ist hochzufrieden. Aber er weiß, dass Holzer hier eigentlich nicht ermitteln darf. Fuchs findet eine Lösung: „Lieber Andi, ich sehe das aktuell eher als Maßnahme des begleitenden Risikomanagements und weniger als Ermittlungen.“ Holzer gibt den Startschuss: „Ok, das werde ich veranlassen!“

Im August 2019 beginnt besagtes “Risikomanagement”. Die Strafprozessordnung, an welche sich Polizei und Staatsanwaltschaft beim Verdacht einer Straftat zu halten haben, kennt ein solches “Risikomanagement” freilich nicht. Laut dem Gesetz wird entweder ermittelt, oder eben nicht. Bis heute bestehen daher Zweifel an der Legalität dieses Vorgehens. Ungeklärt ist auch, wie weit dieses “Risikomanagement” ging.

Aktion „Adamovic“

Pilnacek, Fuchs und Holzer scheinen zu wissen, wo das Risiko, das sie „managen“ wollen, liegt. Am 17. Mai 2019 taucht das Ibiza-Video auf. Bevor die WKStA noch Ermittlungen einleiten kann, nehmen Pilnacek und Fuchs einen Staatsanwalt der WKStA ins Visier. Am 19. Mai 2019 fragt Fuchs den „lieben Christian“, ob man „nicht vielleicht zeitnah ein generalpräventives Exempel (Suspendierung/Dienstzuteilung von Gregor für 3 Monate irgendwo hin) statuieren“ könne. Gregor ist der Vorname des WKStA-Ermittlers Gregor Adamovic. Pilnacek antwortet: „Ja, das müssen wir in Erwägung ziehen; ich denke in die gleiche Richtung.“

13 Minuten später wird Pilnacek deutlicher: „Mit A kann es keine Zusammenarbeit mehr geben, es sei denn, er geht auf deine Forderungen ein; er ist die treibende Kraft und das Gift.“ Fuchs schließt sich an: „Das ist genau meine Einschätzung. Es bedarf eines Akts höchster Demut oder es scheppert“.

So gerät Adamovic ins Visier der Pilnacek/Holzer-Gruppe. Der Streit der Pilnacek/Holzer-Gruppe gegen die WKStA hat begonnen. „Schreddergate“ und „Sachstandsbericht“ heißen die nächsten Stationen, an denen es „scheppert“.

Knapp drei Jahre später ist Pilnacek gestürzt, Fuchs in höchster Bedrängnis. Nur Holzer und sein SOKO-Trupp genießen nach wie vor das uneingeschränkte Vertrauen von Innenministern der ÖVP.

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

9 Kommentare

9 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Die Ergebnisse der Pilnacek-Kommission

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!