Freitag, April 19, 2024

SPÖ kündigt Neuwahlantrag an – Oppositionskritik an ÖVP-Ministerkarussell

Oppositionskritik an ÖVP-Ministerkarussell

Die kolportierten neuen Gesichter nach den Rücktritten von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) stoßen bei den Oppositionsparteien gar nicht auf Begeisterung. Die SPÖ kündigte einen Neuwahlantrag an.

Wien, 10. Mai 2022 | NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos warf Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) schlechte Besetzungen von Ministerposten vor. Die SPÖ wird in der nächsten Nationalratssitzung einen Antrag auf Neuwahlen einbringen. Auch die FPÖ pocht auf Neuwahlen.
“Nach diesen beiden Rücktritten ist endgültig Game-Over. Die Regierung Nehammer ist gescheitert”, sagte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Für diese Regierung sei es an der Zeit, zur Seite zu treten. Die SPÖ werde deshalb in der nächsten Nationalratssitzung einen Neuwahlantrag einbringen.

“Transparenz und Kontrolle haben noch nie ÖVP gewählt”

Leichtfried macht die Regierung für den Absturz in “sämtlichen Rankings” verantwortlich. Wo geschlossenes Handeln gefordert sei, gäbe es einen Rücktritt nach dem anderen. “Der Kanzler wählt seine Minister nicht nach Kompetenz aus, sondern danach, keinen Ärger mit der ÖVP Tirol oder dem Bauernbund zu bekommen”, kritisierte er die Postenbesetzungen der vergangenen Jahre. “Transparenz und Kontrolle haben noch nie die ÖVP gewählt, inzwischen wählt der Anstand auch nicht mehr die Grünen”.

Bei den Themen Teuerung, Energie und Pflege sei “nichts weitergegangen”. Es sei Zeit für die Senkung von Steuern und Lohnsteuern und Pensionserhöhungen, so Leichtfried. Er kritisierte auch fehlende Pläne der Bundesregierung, um die Gasversorgung zu sichern.
FPÖ-Obmann Herbert Kickl ortete am Dienstag in einer Aussendung einen “ÖVP-Regierungsbasar”, notwendig sei “ein Aufwachen des Bundespräsidenten”, findet der FPÖ-Chef. Alexander Van der Bellen müsse “jetzt endlich seine staatspolitische Verantwortung leben und nicht wieder in den unreflektierten Angelobungstrott verfallen. Er muss diesem jämmerlichen ÖVP-Schauspiel ein Ende setzen”, forderte Kickl. Das Regierungsteam habe nichts mehr mit jenen Personen zu tun, die im Jahr 2019 in die Nationalratswahl gegangen seien. Van der Bellen müsse den Weg für Neuwahlen freigeben.

“Skandal der Sonderklasse” für FPÖ

Einen “Skandal der Sonderklasse” sieht außerdem FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer darin, dass die Wirtschaftsagenden ein “Anhängsel” im Arbeitsministerium werden sollen. Arbeitsminister Martin Kocher habe sich schon bisher nicht ausreichend um den Arbeitsmarkt gekümmert, befand auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. In der Corona-Krise sei Kocher zudem als “Scharfrichter” aufgefallen, legte Belakowitsch deftig nach.
Kritik an Nehammers Postenbesetzungen übten auch die NEOS: Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe nichts weitergebracht, vom Bildungsminister bleibe nichts in Erinnerung und in Sachen Energie habe es keine Weiterentwicklung gegeben, sagte Hoyos bei einer Pressekonferenz. Ministerposten würden lediglich aufgrund der Herkunftsbundesländer der Anwärter vergeben, kritisierte er. “Es kann doch nicht sein, dass ich Minister werde, nur weil ich Tiroler bin.”

NEOS sehen Korruptionsproblem

Weiters warf Hoyos der ÖVP ein Korruptionsproblem vor. “Wir erleben, was wir schon die letzten Jahre erlebt haben: Die ÖVP hat ein Korruptionsproblem.” Ein Volksbegehren und ein Landeshauptmann, der sein Handy lösche, würden die Notwendigkeit zeigen, gegen Korruption vorzugehen, kritisierte Hoyos mit Verweis auf die Affäre um den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). “Die ÖVP hat aus all den Skandalen nichts gelernt. Es zählt nach wie vor nicht was man kann, sondern wen man kennt und aus welchem Bundesland man stammt.”
Die derzeit im Raum stehende Wiederzusammenführung in ein Ressort der Agenden für Wirtschaft und Arbeit mache Sinn, findet Hoyos. Jörg Leichtfried sieht dies erwartungsgemäß anders. Die Zusammenlegung von Arbeit und Wirtschaft unter einem Minister Kocher sei “ein schwerer Fehler, der die Arbeitnehmerinteressen vernachlässigt”. Spekulationen um die Besetzung der frei gewordenen Ministerposten wollten beide nicht kommentieren.

Auch Ludwig gegen türkise Rochade

Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte die türkisen Rochaden. “Wir haben eine Situation, wo mehrere Krisen übereinander gelagert sind. Wir befinden uns immer noch in der Coronakrise, es gibt den Krieg in der Ukraine, es gibt eine Teuerungswelle, wie wir sie seit vielen Jahrzehnten nicht erlebt haben. In einer solchen Situation wäre eine stabile Bundesregierung notwendig”, befand er am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Wenn man bedenke, dass es seit Jänner 2020 insgesamt 14 Wechsel in der Bundesregierung gegeben habe, sei klar, dass es sich dabei nicht um stabile politische Verhältnisse handle. “Die wären aber gerade jetzt notwendig”, zeigte sich Ludwig überzeugt.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Benedikt Faast
Benedikt Faast
Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.
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15 Kommentare

  1. Im Juli kann man ein Volksbegehren unterschreiben, das die Regierung auffordert zurück zu treten!

    Ich hoffe, die Initiatoren sorgen dafür, dass es noch eine zweite Dokumentation gibt, zusätzlich zu der des Innenministeriums.

    Sieht man ja, an Sobotka, was alles passieren kann, aus “technischen Schwierigkeiten”.
    Es gab auch schon mal Serverprobleme letztes Jahr bei einem Volksbegehren.

    Kann die SPÖ da nicht was machen? Vielleicht gibts da auch eine Möglichkeit…. Vertrauen ist ja gut, aber beim Innenministerium ist derzeit Kontrolle besser….

  2. Nicht liebe ÖVP, nicht liebe Grüninnen: Bitte denkt daran: Dieses mal werden es die österreichischen BürgerInnen bis zu den nächsten Wahlen nicht vergessen, was ihr ihnen angetan habt. Also – nicht zuwarten, sofort Neuwahlen!

  3. Also ich bin zwar auch für Neuwahlen, denn ich will diese Regierung echt nicht im Herbst haben wo folgendes auf uns zukommt.

    Verschärfung der Teuerung, die ersten Waren die Knapp werden, Hundert Tausende Menschen die sich das Heizen nicht Leisten können und eine Corona Welle.

    Aber auf der anderen Seite sollen sie doch weiter Wurschteln. Irgendwann ist diese Bundesregierung zusammen bei 15%.

    Liebe ÖVP ihr könnt den Wahltag nicht verhindern, und um so länger dieses Trauerspiel Dauert um so Brutaler wird die Watsche die ihr kassieren werdet.

    • Ich bin auch für Neuwahlen, aber wen sollen wir denn wählen. Irgenwie werden wir doch von jeder Partei verraten und verkauft. Wobei es ja eigentlich nicht mehr schlimmer kommen sollte, ich mir aber bei der ReindlMeisinger und der ImpfPamJoy nicht sicher bin.

      • Ich bin für eine Rot Grün Neos Regierung. Wird das die perfekte Regierung sein? Nein, aber diese Konstellation ist zumindest halbwegs Korruptionsfrei.

        Ja der Impfpflicht zuzustimmen war ein großer Fehler der SPÖ, aber man muss auch sagen, dass die Regierung positive Impfanreize nachwirkend für alle der SPÖ für die Zustimmung versprochen hat die dann nie gekommen sind. Und die SPÖ hat zumindest eingesehen das die Zustimmung ein Fehler war und das dieses Gesetz Nicht Funktioniert.

        Sein wir mal ehrlich, es gibt keine Impfpflicht.

        Bei Rot Grun Neos hätten wir den Schwerpunkt auf ArbeitnehmerInnen, ohne die Umwelt zu Ignorieren und die Wirtschaft komplett zu Ignorieren. Eine Partei die der Wirtschaft nahe Steht in der Regierung zu haben ist durchaus Wichtig. Aber sie sollte 10% und keine 30 haben.

        Rot Blau wäre Spannend. Jedoch sehe ich hier zu viele Stolpersteine.

        Einmal ist die FPÖ nicht Regierungsfähig das haben sie unter Türkis Blau wunderbar bewiesen. Aber es gibt halt noch immer zu viele Anknüpfungspunkte in den Rechtsextremismus dass das NOCH nicht möglich ist.

        Mein Widerstand zur FPÖ in der Regierung ist weg. Das hat die ÖVP geschafft. Denn die ÖVP hat nicht nur das was Strache besoffen in Ibiza gefesselt hat umgesetzt. Nein sie waren dabei eine “moderne” Form des Austrofaschismus wiederzubeleben. Aber zurzeit hätte auch Rot Blau (wie Schwarz Blau übrigens auch.) keine Mehrheit. Aber ich muss sagen von eine Regierung aus FPÖ NEOs KPÖ und Grüne wäre besser als weitere 5 Jahre ÖVP in egal was für eine Konstellation auch immer in der Regierung. Diese Partei muss sich erneuern und das geht nur in der Opposition

  4. Neuwahlantrag der SPÖ …
    Tja, der wird abgeschmettert, logo, denn wie man ja seit dem Kurz-Desaster gut erkennen kann, braucht man zum Machterhalt weder die Opposition noch die Bevölkerung …
    Höchstens fürs Räuberleiter machen.

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