Pop up: Die Popkultur-Kolumne
Ohne Heroisierung folgt Regisseur Daniel Rohrer dem russischen Oppositionellen Alexei Navalny für den gleichnamigen Dokumentarfilm mit der Kamera: eine brillante Zusammenfassung.
Stefanie Marek
„What the fuck? Das ist so dumm!“, soll Alexei Navalny gesagt haben, als er erfuhr, dass er mit Nowitschok vergiftet worden war – für Navalny als hätte Putin seine Unterschrift auf ihm hinterlassen. „Wenn du jemanden töten willst, dann erschieß ihn einfach!“, sagt er im Interview vor der Kamera in einer leeren Bar im Exil – erholt, angriffslustig und bereit, nach Russland zurückzukehren um Putin erneut die Stirn zu bieten.
Der preisgekrönte Dokumentarfilm „Navalny“ von Regisseur Daniel Rohrer läuft momentan in den Kinos und ist eine klare Anschau-Empfehlung. Ohne Heroisierung folgt Rohrer dem russischen Oppositionellen Navalny bis zu seiner Rückkehr und Verhaftung in Russland mit der Kamera.
Schockierendes Bildmaterial
Fotos und Videos aus verschiedenen Quellen von Navalnys politischen Auftritten in Russland, von Polizeigewalt gegen ihn, seine Mitarbeiter und Anhänger sowie Recherchen zu den Attentätern und zu den Vertuschungsversuchen seiner Vergiftung ergeben ein schockierendes Bild davon, wie der Kreml mit seinen Gegnern umgeht.
Für Gänsehaut beim Ansehen sorgt nicht nur die subtile Unterlegung mit Musik, es reichen die Umstände: David gegen Goliath, Navalny gegen Putin. Man fiebert mit, obwohl man weiß, wie es ausgeht: Navalny sitzt mittlerweile im Gefängnis.
Kurze Aufnahmen von ihm hinter Gitterstäben, ausgemergelt und mit kahl geschorenem Kopf wirken wie ein Schlag ins Zuschauer-Gesicht, das ihn den ganzen Film über als energisch auftretenden Mann erlebt. Ein Mann, der viel scherzt und flucht.
Showman Navalny
Der Film zeigt Navalny, die politische Figur. Navalny, den Menschen, kann man schwer erahnen. Spontane Emotionen sucht man eher vergebens. Zu sehr ist er Showman, der genau weiß, wie er vor einer Kamera agieren muss, um die Macht der Bilder für sich zu nutzen.
Am Ende fragt der Regisseur ihn noch: „Wenn du verhaftet oder getötet wirst, welche Botschaft willst du den Menschen in Russland hinterlassen?“ Navalny wurde verhaftet, es wurde versucht, ihn zu töten. Seine Botschaft ist einfach: Gebt nicht auf!
Titelbild: Dogwoof Ltd