Macron droht Niederlage bei den Parlamentswahlen
Bei den französischen Parlamentswahlen dreht sich alles um die Frage, ob das Linksbündnis um Mélenchon wichtige Sitze erkämpfen kann oder Präsident Macron auf eine absolute Mehrheit hoffen darf. Unterdessen wurden am Montag Betrugsvorwürfe laut.
Paris, 13. Juni 2022 | Betrugsvorwürfe überschatten die erste Runde der französischen Parlamentswahlen, der sogenannten “Législatives”. Nachdem am Sonntagabend alles auf einen knappen Sieg des Macron-Lagers “Ensemble! Majorité présidentielle” hindeutete, haben sich die Vorzeichen am Montagmorgen umgekehrt. Das Wahlbündnis “Nupes” rund um den Linkskandidaten Jean-Luc Mélenchon wirft dem französischen Innenminister Schwindel beim Veröffentlichen des Wahlergebnis vor.
Das sagen französische Medien:
»’Manipulation’, ‘Betrug’… Auseinandersetzung über die Resultate des Innenministers« (Libération)
»Nupes wirft dem Innenminister vor, die Zahlen ‘manipuliert’ zu haben, um die Mehrheit an die Spitze zu setzen« (Le Figaro)
»Parlamentswahlen: Warum Nupes eine ‘Manipulation’ der ersten Wahlrunde anprangert« (Le Parisien)
Hintergrund der Vorwürfe ist eine womöglich falsche Zuweisung der angetretenen Kandidaten. Das linke Wahlbündnis wirft dem Innenminister vor, die Zugehörigkeit einiger Kandidaten zu “Nupes” nicht anzuerkennen, um Macrons Wahlbündnis “Ensemble” zum Sieger der ersten Wahlrunde erklären zu können.
“Obwohl Nupes 6.101.968 Stimmen (das sind 26,8%) erzielt hat, schreibt der Innenminister ihm nur 5.836.202 (das sind 25,7%) zu um die Partei von Macron künstlich an der Spitze erscheinen zu lassen”, twitterte Manuel Bompard vom Linksbündnis Nupes.
Adieu, absolute Mehrheit?
Auch die absolute Mehrheit, mit der Macron bisher regierte, ist nach Ansicht einiger Zeitungen unsicher geworden:
»Nupes bringt die Mehrheit des Präsidenten in Gefahr« (Le Monde)
»Parlamentswahlen 2022: Präsidentielle Mehrheit von Nupes ins Wanken gebracht« (La Croix)
»Macron und seine »Mehrheit« in einer knappen zweiten Stichwahlrunde favorisiert« (La Tribune)
Obwohl das Linksbündnis “Nupes” mehr Stimmen auf sich vereinigen könnte, wird es nach übereinstimmender Einschätzung sämtlicher Medien keine Mehrheit im Parlament gewinnen. Denn die wenigsten Sitze werden bereits im ersten Wahlgang entschieden.
In Frankreich gilt das Mehrheitswahlrecht. Der endgültige Ausgang wird daher erst in einer zweiten Runde in der Stichwahl am kommenden Sonntag festgelegt. Dort wird sich Macron wohl durchsetzen, weil konservative Kräfte einen Block gegen “Nupes” bilden könnten. Während sich in den meisten Wahlkreisen Macrons und Mélenchons Bündnis in der Stichwahl gegenüberstehen, gibt es andernorts das brisante Duell Links gegen Rechts – Mélenchon gegen Le Pen.
Macrons Bewegung erklärte Montagvormittag bereits, dem Rechtsextremismus keine Stimme zu geben, unterstützt in diesem Fall also seinen größten Konkurrenten. Le Pen hatte in der ersten Wahlrunde schwach abgeschnitten und muss sogar um den Einzug ihrer Partei als Fraktion ins Parlament bangen.
(dp)
Titelbild: APA Picturedesk