Samstag, Juli 27, 2024

Opfer der Klimakrise verklagen europäische Regierungen

Das ist eine Unterüberschrift

Fünf junge Menschen bringen Klage gegen mehrere europäische Regierungen ein, darunter auch Österreich. Denn die Staaten sind Teil des umstrittenen Energiecharta-Vertrags, der die Energiewende weg von fossilen Brennstoffen blockiert. 

Strassburg, 21. Juni 2022 | Maya (19) aus Saint Martin hat einen großen Teil ihrer Kindheit durch Hurrikan Irma im Jahr 2017 verloren, Julia (17) hat im deutschen Ahrtal das “Jahrhunderthochwasser” miterlebt, bei dem 2021 über 130 Menschen starben. Und Alexandros (21) aus Athen hat jedes Mal Angst vor erneuten Waldbränden, wenn er Kiefern in der Sonne sieht. Zusammen mit Damien (23) aus Belgien und Marion (31) aus der Schweiz ziehen sie vor Gericht.

Am Dienstag haben sie Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen die österreichische und elf weitere europäische Regierungen eingebracht. Denn diese sind Teil des Energiecharta-Vertrags (ECT) durch den sinnvolle Maßnahmen der Klimapolitik abgeschwächt oder gar verhindert werden können.

“Charta verstößt gegen Menschenrechtskonvention”

Der Energiecharta-Vertrag trat vor zwanzig Jahren in Kraft und ermöglicht es Konzernen, die Energiewende von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien zu blockieren. Durch die Charta haben die Konzerne nämlich Sonderklagerechte gegen Staaten, mit denen sie sich gegen klimafreundliche Gesetze wehren können, die ihre Profite bedrohen.

Im Rahmen des ECT können ausländische Investoren die Vertragsstaaten verklagen, wenn sie der Meinung sind, dass diese Entscheidungen getroffen haben, die ihren Interessen schaden. 97 Prozent solcher Klagen kamen bisher laut der NGO “Attac” von Energiekonzernen, die hauptsächlich auf fossile und andere umweltschädliche Energiequellen bauen.

Der EU-Vorschlag, umweltschädliche Investitionen schrittweise aus dem Vertrag zu nehmen, scheitert an sämtlichen anderen Vertragsparteien. Japan oder Kasachstan blockieren sogar Vertragsänderungen, die nur die EU betreffen würden.

“Charta verstößt gegen Menschenrechtskonvention”

Gegen die Charta wollen die jungen Klägerinnen und Kläger nun vorgehen. Vertreten werden sie dabei von der Pariser Anwältin Clémentine Baldon. Ihr Statement: “Mit dem Energiecharta-Vertrag ermöglichen die beklagten Regierungen ihren Unternehmen, legitime Klimaschutzmaßnahmen anderer Staaten anzufechten. Dies ist unvereinbar mit internationalen Klimaverpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens und verstößt gegen die Verpflichtungen der Europäischen Menschenrechtskonvention.”

Mit Unterstützung des französischen Veblén Instituts klagen sie Österreich, Belgien, Zypern, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Luxemburg, die Niederlande, Schweden, die Schweiz und Großbritannien.

Urteil könnte Meilenstein für Klimaschutz sein

Sollte die Klage vor dem EGMR erfolgreich sein, könnte der Gerichtshof erklären, dass die Staaten Hindernisse für mehr Klimaschutz – wie eben den ECT – beseitigen müssen.

Es ist der zweite große Klima-Fall, bei dem junge Opfer der Klimakrise gegen mehrere Staaten beim EMGR vor Gericht ziehen. Der erste Fall wurde im September 2020 von sechs Portugiesen  gegen das Land Portugal und 32 andere Staaten eingebracht. Der EMGR hat das Verfahren vorgereiht, weil er es als sehr dringend eingestuft hat.

(sm)

Titelbild: AFP/Fred Scheiber

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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