Das Wirtschaftsministerium unter Ex-Ministerin Margarete Schramböck ist im Fokus des U-Ausschusses. Zwei hochrangige Ministeriumsbeamte unter Schramböck sollen umfangreich befragt werden – unter anderem zu fragwürdigen Auftragsvergaben. Schramböck fällt kurzfristig aus.
Wien, 22. Juni 2022 | Am Mittwoch widmet sich der U-Ausschuss ganz dem Wirtschaftsministerium unter Ex-Ministerin Margarete Schramböck. Schramböck selbst fällt wegen eines positiven Corona-Tests kurzfristig aus, aber zwei hohe Beamte aus ihrem Ministerium sind zu allen vier Befragungsthemen geladen.
Der U-Ausschuss dürfte also viele Fragen haben – nicht zuletzt zu Auftragsvergaben an die in den Fokus von Korruptionsermittlungen geratene Meinungsforscherin und Ex-ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Michael Esterl (ÖVP)
Michael Esterl war ab 2018 Margarete Schramböcks Kabinettschef und Generalsekretär im Wirtschaftsministerium. Zuvor hatte er bereits das Kabinett von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) geleitet.
Im April 2022 geriet das Wirtschaftsministerium unter Schramböck durch die Ermittlungen rund um die ÖVP-Inseraten-Affäre in den Fokus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Das Ministerium hatte Anfang 2019 die Meinungsforscherin und Ex-ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin beauftragt, ein neues Leitbild zu erstellen. Karmasin ist mittlerweile das Ziel umfassender WKStA-Ermittlungen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Das Spannende: Einem Mitbewerber mit hohem Profil wurde abgesagt, als noch kein finales Angebot von Karmasin Research & Identity vorlag.
Karmasins Tagsatz überstieg letztlich das Angebot des abgewiesenen Mitbewerbers wesentlich. Die Vergabe wurde damit gerechtfertigt, dass das Angebot das günstigste gewesen sein soll. Denn Karmasin hatte weniger als halb so viele Tage für den Auftrag veranschlagt, bekam später aber noch zwei Folgeaufträge. Karmasin lieferte für den Ursprungsauftrag laut “Falter”-Recherchen eine DIN-A4-Seite ab und außerdem 32 Powerpoint-Folien, mit dürftigem Inhalt. Laut Experten, die der „Falter“ befragte, hatten diese nicht das Potential, ein neues Leitbild zu schaffen.
Sophie Karmasin hatte das finale Angebot für den umstrittenen Leitbild-Auftrag nicht an die für Vergaben zuständige Präsidialsektion im Wirtschaftsministerium geschickt, sondern direkt an Michael Esterl, an den „lieben Michael“. Es sollte nicht der letzte Auftrag an Karmasin sein, bei dem Esterl involviert war. Eine Corona-Nachhilfe für Abteilungsleiter um 6.000 Euro wurde laut eines Mails auf seinen expliziten Wunsch in Auftrag gegeben.
Zuletzt hatte sich Michael Esterl für die Präsidialsektion im Wirtschaftsministerium interessiert, die für Budget und Vergaben zuständig ist. Die jüngste Ausschreibung für den Posten hatte im Gegensatz zu jener von 2018 kein abgeschlossenes Jus-Studium als Kriterium angeführt. Esterl wäre mit seinem Abschluss von der Universität für Bodenkultur also infrage gekommen. Mit Schramböcks Rücktritt Anfang Mai war diese Chance Geschichte.
Anfang Juni vermeldete das Wirtschafts- und Arbeitsministerium unter Martin Kocher die Neuausschreibung der Stelle. Die Begründung: Die neuen Anforderungen aufgrund der Zusammenlegung der Ressorts Arbeit und Wirtschaft. Esterl soll laut Berichten der Tageszeitung „Die Presse“ zum einfachen Abteilungsleiter degradiert worden sein. Das neue Organigramm für das Ministerium liegt noch nicht vor.
Paul Rockenbauer
Paul Rockenbauer war unter Margarete Schramböck zunächst Fachreferent im Wirtschaftsministerium und ist 2020 zum Kabinettschef-Stellvertreter aufgestiegen. Unter Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) ist er Kabinettschefin-Stellvertreter für das Ressort Wirtschaft geworden.
(pma)
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