Sonntag, April 28, 2024

Firtaschs ewiger Kampf: Oligarch scheitert vor VfGH

Der umstrittene Oligarch Firtasch wollte das Auslieferungsgesetz ändern lassen, blitzte aber vor dem VfGH ab. Zuletzt poppte im ÖVP-Korruptions-Ausschuss eine delikate Firtasch-Verbindung auf.

Wien, 08. Juli 2022 | Dmytro Firtasch kämpft, so viel steht fest. Der umstrittene ukrainische Oligarch, der in einer Villa von ÖVP-Großspender Alexander Schütz lebt, soll eigentlich in die USA ausgeliefert werden. Das entschied Übergangs-Justizminister Clemens Jabloner bereits im Jahr 2019. Nicht erst seitdem zieht der Putin-nahe Tycoon alle rechtlichen Register.

Wollte Gesetz ändern lassen

Zuletzt wollte Firtasch sein Auslieferungsverfahren komplett neu aufrollen lassen – er scheiterte. Am 1. Juli bekam er die nächste Justiz-Klatsche. Denn der Verfassungsgerichtshof (VfGH) lehnte einen Antrag Firtaschs mit der Begründung ab, dass dieser „keine hinreichende Aussicht“ auf Erfolg“ habe. Das Höchstgericht sieht nicht, dass §39 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes in Strafsachen gegen die Unschuldsvermutung verstößt.

Firtasch wollte das Gesetz ändern lassen. Dabei störte er sich an dem Wort „erheblich“. Wiederaufgenommen werden kann ein Verfahren laut Gesetz nämlich nur dann, wenn durch neue Beweise „erhebliche“ Bedenken gegen einen Beschluss aufkommen würden.

Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Was das Verfahren betrifft, steht ein Termin für die Entscheidung über Firtaschs Berufung offenbar noch nicht fest. Seine Anwälte lehnten eine Stellungnahme via PR-Mann Daniel Kapp „höflich“ ab.

PR-Schwenk: Kein Putin-Vertrauter mehr?

Unterdessen lässt es sich offenbar ganz gut leben in Wien. Zuletzt wurde Firtasch in einem bekannten Wiener Lokal gesichtet. Ausreisen darf er laut ZackZack vorliegenden Informationen aber nicht – auch wenn er die Öffentlichkeit im Zuge des Ukraine-Krieges wissen ließ, er könne einen kurzen Abstecher in seine bombardierte Heimat machen, um dort anzupacken.

Die neuerdings kritischen Töne in Richtung Wladimir Putin sind bemerkenswert. Eine Strategie, um die Auslieferung zu verhindern? Firtaschs Schwenk könnte andererseits auch dadurch erklärt werden, dass unter anderem sein Chemiewerk „Asot“ im ukrainischen Sjewjerodonezk zerbombt wurde.

USA wittern Bestechungsgefahr

Dass sich Firtasch mit Händen und Füßen gegen seine Auslieferung wehrt, ist jedenfalls nicht überraschend. Denn das FBI sieht in ihm einen Putin-nahen Oligarchen und eine Art Statthalter der russischen Mafia in Europa. Hinzu kommen Korruptionsvorwürfe, die USA wollen ihn auf die Anklagebank zwingen. Firtasch bestreitet alle Vorwürfe und sieht sich als Opfer politischer Interessen.

Aufgrund des jahrelangen Verfahrens in Wien vermuten die USA, Firtasch könnte die österreichische Justiz bestochen haben – was allerdings vehement zurückgewiesen wird. Ihre Sicht der Dinge stützen die Amerikaner auch auf Recherchen von ZackZack.

So listet ein sorgenvolles Schreiben an Außenminister Antony Blinken, das sowohl Demokraten als auch Republikaner unterzeichneten, mehrere Artikel auf, die einschlägige Russland-Connections der österreichischen Politik thematisieren. Darunter auch ein Bericht der „Kyiv Post“, die eine ZackZack-Recherche zu Sebastian Kurz‘ Flug im Privatjet von Firtasch zitiert.

Delikate Mieterverhältnisse

Der Oligarch pflegt einschlägige Kontakte im Umfeld der ÖVP. So mietet er etwa eine luxuriöse Villa des ÖVP-Großspenders Alexander Schütz in Wien-Hietzing, wobei das von letzterem herunterspielt wird: Im ÖVP-Korruptions-Ausschuss meinte Schütz sinngemäß, er habe mit der Vermietung selbst gar nichts zu tun gehabt, abgewickelt hätten die Vereinbarung eine Maklerin und Firtaschs Ehefrau Lada.

In der Schütz-Befragung poppte aber ein weiterer delikater Name aus dem Firtasch-Dunstkreis auf: Dmitry Torner. NEOS-Politikerin Stephanie Krisper fragte im U-Ausschuss nach dem schillernden Ehemann eines stadtbekannten Top-Models. Schütz bestätigte daraufhin: „Das ist ein anderer Mieter von mir, ja“.

Torner, der als Firtasch-Berater gilt, soll Medienberichten zufolge eine Vorliebe für mehrere Identitäten haben. Zumindest dürfte Torner demnach im Jahr 2019 versucht haben, unter falschem Namen für eine Putin-nahe Partei ins ukrainische Parlament einzuziehen – er wurde schließlich disqualifiziert. Ukrainische Sicherheitskreise behaupten, Torner sei in Wahrheit ein Moldauer.

Welche Rolle Torner für Firtasch spielt, kann man einem „Washington Post“-Bericht zufolge nur erahnen. Demzufolge soll der mutmaßliche Moldauer Trump-Anwalt Rudi Giuliani in einer edlen Zigarrenbar in Paris getroffen haben. Giuliani wiederum gilt als einer der Drahtzieher der Schmutzkampagne gegen Joe Bidens Sohn Hunter und dessen angeblich dubiose Geschäfte in der Ukraine.

Kontakte im Umfeld von ÖVP und FPÖ

Wie auch immer: Schütz ist nicht der einzige Firtasch-Kontakt aus dem Umfeld der ÖVP. Firtasch beschäftigt etwa Ex-Pröll-Sprecher Daniel Kapp als PR-Mann. In der Vergangenheit war der Oligarch zudem mit Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger in der sogenannten „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“ verbunden.

Es gibt auch FPÖ-nahe Kontakte: So betreut Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfers Kanzlei den Oligarchen. Ob sie dessen Auslieferung verhindern können, wird sich zeigen. Wann es so weit ist, steht in den Sternen.

(wb)

Titelbild: APA Picturedesk

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
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21 Kommentare

  1. Kleine Anmerkung zur Schmutzkampagne gegen Joe Bidens Sohn Hunter: Hunter Bidens Laptop aus einer Reparaturwerkstätte in Delaware wurde authentifiziert und die darauf gespeicherten Emails der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Es wird erwartet, dass aufgrund der brisanten Informationen zur Rolle Hunters zur Finanzierung von Biolabs in der Ukraine und Geldflüssen zu seinem Vater, Joe Biden, im November ein aussichtsreicher Antrag auf Impeachment gegen Joe Biden gestellt wird, da die Republikaner dann vermutlich die Mehrheit in beiden Häusern haben werden.

    Somit hat sich wieder eine sogenannte Verschwörungstheorie bewahrheitet.

  2. Als Mafiapate lebt es sich ganz gut und sicher in Wien. Da werden Grundstücke und Villen in rauen Mengen mit Blutgeld erworben. Die politischen Akteure und die Verwaltung werden mit diversen Zuwendungen Milde gestimmt, die Polizei darf nichts unternehmen. Selbige ist mit dem Aufspüren und der Verfolgung kritischer Geister beschäftigt.
    Kompliziert wird es erst, wenn internationale Auslieferungsansuchen eintrudeln. Da muss dann die “Diplomatie” ran. Im Übrigen unterscheidet die OK nicht zwischen Parteien. Sie benutzt selbige zu ihrem Vorteil.
    Firtasch ist nicht der einzige Verbrecher der hier fröhliche Urständ feiert…
    Gute Nacht Österreich!

  3. Moi, selten noch ein bedauernswerteres “Opfer” erlebt.
    Er tät ja so gern anpacken im Elend seiner Heimat, sitzt aber zu seinem Unglück ohnmächtig in fernen Wien fest.
    Hoffentlich lieferns ihn aus!.
    (Blöd nur dass die USA über keine Arbeitslager mit sibirischem Eis und Kälte verfügen).

  4. Da passt es gut, dass der Kurz nun gemeinsam mit dem Schütz ins Investorengeschäft einsteigt. Ob auch der Firtasch stiller Teilhaber ist? Da ließe sich gut Geld waschen, wo die Firma doch in Dubai und in Israel tätig sein wird. In der Umgehung von Gesetzen hat der Kurz ja seine Erfahrung.

  5. Die Ukrainer können mich: (ich meine nicht die Menschen die dort leben jedoch meine ich den Komiker)
    Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist beim Antrittsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht auf dessen Forderung nach einer Ausweitung der Sanktionen gegen Russland eingegangen.

      • Also was der Sigmar so von sich gibt und gab ist ja einerlei, aber…
        Das Minsker Abkommen wurde weder von der Ukraine, noch von den Separatisten eingehalten. Ob hier die Ukrainer das Spiel der Amis spielten, oder die Separatisten von Putin aufgestachelt wurden ist eine Diskussion die hier den Rahmen sprengt. Fakt ist das weder Russland noch die USA an der Situation unbeteiligt waren(=Stellvertreterkrieg). Die Ukrainer haben indes die Situation seit 2014 eskalieren lassen, speziell zu Zeiten Poroschenkos, der immerhin seit 2014 Krieg gegen die eigene Bevölkerung geführt hat. Der hat übrigen jüngst in einem Interview relativ freizügig eingeräumt daß es beim Minsker Abkommen nie um Frieden, sondern um eine Verschnaufpause für die Aufrüstung der Ukraine ging!
        Apropos Poroschenko – verwechseln sie den nicht mit Juschtschenko? Und dort wars Dioxin, nicht Säure. Säure hatte allerdings eine ukrainische Aktivistin und Systemkritikerin abbekommen(Kateryna Gandsjuk) und ist mittlerweile an den Folgen erlegen. Poroschenko hat dann noch “Gerechtigkeit” gefordert, was etwas zynisch ist, zumal er selbst auch Teil der Kritik bzw. des Problems ist! (Sprich ein Oligarch)
        Die Ukraine ist und war eben schon immer “a Shithole country” , wie mein alter Kumpel “You have to grab em’ by the p…-Donald” so schön zu sagen pflegte. 😉

        • Ich sehs auch so. Ich teile Ihre Ansicht gar nicht. RU ist das “shithole country” und durch rus Unterwanderung laufen die USA Gefahr auch eines zu werden. Zum Stellvertreterkrieg, der wohl seit 10 Jahren in der UA geführt wird: Ja, wenn es ein Krieg ist, muss der Krieg von jemandem begonnen worden sein. Und da ist RU wirklich dabei, sowohl was das politische Personal als auch die bezahlten Separatisten betrifft. Es gibt keinen Zweifel, dass RU den verdeckten Krieg begonen hat und nun auch den offenen Krieg. Der Krieg wird verdeckt auch in Europa und USA geführt.

          Wir spielten: “Stell dir vor, es ist Krieg, und jeder verdrängts.” Damit ist jetzt Schluss.

          Dass Poroschenko Krieg gegen die eigene Bevölkerung führte, ist rus Propaganda. Vor 10 Jahren sind wir rauf reingefallen. Nein, die Maidangeschichten sind mittlerweile aufgearbeitet und kann man nachlesen.

    • Wie Sigmar Gabriel gestern bei Markus Lanz preisgab, stand die Invasion in der Ukraine bereits 2015 kurz bevor. Um diese zu verhindern wurden die Sanktionen gering gehalten (Hollande-Merkel-Putin-Vereinbarung) und Nordstream2 beschlossen, “um dem Gegner etwas zu geben”. Das Minsker Abkommen fußt auf diesen Deals. Für die UA wurden umfangreiche Hilfen gewährt, um die wirtschaftliche Stärkung der UA zu fördern.

      Dass gerade die wirtschaftliche Stärkung der UA Putin zornig machte, “habe man nicht genügend berücksichtigt”. Sprich: Bereits unter Poroschenko (der einem Säureanschlag zum Opfer fiel und immer noch darunter leidet) war der Überfall auf die UA von RU geplant. Beide waren/sind keine Handpuppen Putins, wie einige andere zwischenzeitlich in der UA waren.

  6. Warum der Typ noch immer in Österreich ist , kann wohl nur die schwarze Brut beantworten.

  7. Is der Firtasch net a Hawara vom Kurz und vom Trump?

    Haaretz schreibt:
    Know Your Oligarch: A Guide to the Jewish Billionaires in the Trump-Russia Probe
    Of 10 billionaires with Kremlin ties who funneled political contributions to Donald Trump and a number of top Republican leaders, at least five are Jewish

    Quelle: https://www.haaretz.com/us-news/2018-05-23/ty-article/know-your-oligarch-a-guide-to-the-jewish-machers-in-the-russia-probe/0000017f-ef82-d223-a97f-efdfa3160000

  8. Wieso ist der nicht schon längst ausgeliefert, wenn die Auslieferungg 2019 entschieden wurde. Von rechtlichen Mitteln kann Firtasch ja auch nach der Auslieferung Gebrauch machen.

    Er wird geradezu hofiert!

    • Soweit ich in Erinnerung habe, muss noch das Außenministerium dem Auslieferungsantrag stattgeben. Schallenberg hat das nicht getan. Ich nehme an, dass er als Begründung angeben würde, dass die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Das wäre aber für ihn nicht bindend, nachdem das Justizministerium bereits grünes Licht gegeben hatte.

  9. Und wieder mal wird man in der Meinung und im Wissen bestätigt, daß das Recht in Österreich käuflich ist, der zuletzt erfolgte Freispruch betraf einen Spitzenbeamten, für dessen Zunft, genauso wie der politischen Kaste, Gesetze erst gar nicht zu gelten scheinen! ( Geschrieben in guter Absicht! )

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