Der umstrittene Oligarch Firtasch wollte das Auslieferungsgesetz ändern lassen, blitzte aber vor dem VfGH ab. Zuletzt poppte im ÖVP-Korruptions-Ausschuss eine delikate Firtasch-Verbindung auf.
Wien, 08. Juli 2022 | Dmytro Firtasch kämpft, so viel steht fest. Der umstrittene ukrainische Oligarch, der in einer Villa von ÖVP-Großspender Alexander Schütz lebt, soll eigentlich in die USA ausgeliefert werden. Das entschied Übergangs-Justizminister Clemens Jabloner bereits im Jahr 2019. Nicht erst seitdem zieht der Putin-nahe Tycoon alle rechtlichen Register.
Wollte Gesetz ändern lassen
Zuletzt wollte Firtasch sein Auslieferungsverfahren komplett neu aufrollen lassen – er scheiterte. Am 1. Juli bekam er die nächste Justiz-Klatsche. Denn der Verfassungsgerichtshof (VfGH) lehnte einen Antrag Firtaschs mit der Begründung ab, dass dieser „keine hinreichende Aussicht“ auf Erfolg“ habe. Das Höchstgericht sieht nicht, dass §39 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes in Strafsachen gegen die Unschuldsvermutung verstößt.
Firtasch wollte das Gesetz ändern lassen. Dabei störte er sich an dem Wort „erheblich“. Wiederaufgenommen werden kann ein Verfahren laut Gesetz nämlich nur dann, wenn durch neue Beweise „erhebliche“ Bedenken gegen einen Beschluss aufkommen würden.
Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Was das Verfahren betrifft, steht ein Termin für die Entscheidung über Firtaschs Berufung offenbar noch nicht fest. Seine Anwälte lehnten eine Stellungnahme via PR-Mann Daniel Kapp „höflich“ ab.
PR-Schwenk: Kein Putin-Vertrauter mehr?
Unterdessen lässt es sich offenbar ganz gut leben in Wien. Zuletzt wurde Firtasch in einem bekannten Wiener Lokal gesichtet. Ausreisen darf er laut ZackZack vorliegenden Informationen aber nicht – auch wenn er die Öffentlichkeit im Zuge des Ukraine-Krieges wissen ließ, er könne einen kurzen Abstecher in seine bombardierte Heimat machen, um dort anzupacken.
Die neuerdings kritischen Töne in Richtung Wladimir Putin sind bemerkenswert. Eine Strategie, um die Auslieferung zu verhindern? Firtaschs Schwenk könnte andererseits auch dadurch erklärt werden, dass unter anderem sein Chemiewerk „Asot“ im ukrainischen Sjewjerodonezk zerbombt wurde.
USA wittern Bestechungsgefahr
Dass sich Firtasch mit Händen und Füßen gegen seine Auslieferung wehrt, ist jedenfalls nicht überraschend. Denn das FBI sieht in ihm einen Putin-nahen Oligarchen und eine Art Statthalter der russischen Mafia in Europa. Hinzu kommen Korruptionsvorwürfe, die USA wollen ihn auf die Anklagebank zwingen. Firtasch bestreitet alle Vorwürfe und sieht sich als Opfer politischer Interessen.
Aufgrund des jahrelangen Verfahrens in Wien vermuten die USA, Firtasch könnte die österreichische Justiz bestochen haben – was allerdings vehement zurückgewiesen wird. Ihre Sicht der Dinge stützen die Amerikaner auch auf Recherchen von ZackZack.
So listet ein sorgenvolles Schreiben an Außenminister Antony Blinken, das sowohl Demokraten als auch Republikaner unterzeichneten, mehrere Artikel auf, die einschlägige Russland-Connections der österreichischen Politik thematisieren. Darunter auch ein Bericht der „Kyiv Post“, die eine ZackZack-Recherche zu Sebastian Kurz‘ Flug im Privatjet von Firtasch zitiert.
Delikate Mieterverhältnisse
Der Oligarch pflegt einschlägige Kontakte im Umfeld der ÖVP. So mietet er etwa eine luxuriöse Villa des ÖVP-Großspenders Alexander Schütz in Wien-Hietzing, wobei das von letzterem herunterspielt wird: Im ÖVP-Korruptions-Ausschuss meinte Schütz sinngemäß, er habe mit der Vermietung selbst gar nichts zu tun gehabt, abgewickelt hätten die Vereinbarung eine Maklerin und Firtaschs Ehefrau Lada.
In der Schütz-Befragung poppte aber ein weiterer delikater Name aus dem Firtasch-Dunstkreis auf: Dmitry Torner. NEOS-Politikerin Stephanie Krisper fragte im U-Ausschuss nach dem schillernden Ehemann eines stadtbekannten Top-Models. Schütz bestätigte daraufhin: „Das ist ein anderer Mieter von mir, ja“.
Torner, der als Firtasch-Berater gilt, soll Medienberichten zufolge eine Vorliebe für mehrere Identitäten haben. Zumindest dürfte Torner demnach im Jahr 2019 versucht haben, unter falschem Namen für eine Putin-nahe Partei ins ukrainische Parlament einzuziehen – er wurde schließlich disqualifiziert. Ukrainische Sicherheitskreise behaupten, Torner sei in Wahrheit ein Moldauer.
Welche Rolle Torner für Firtasch spielt, kann man einem „Washington Post“-Bericht zufolge nur erahnen. Demzufolge soll der mutmaßliche Moldauer Trump-Anwalt Rudi Giuliani in einer edlen Zigarrenbar in Paris getroffen haben. Giuliani wiederum gilt als einer der Drahtzieher der Schmutzkampagne gegen Joe Bidens Sohn Hunter und dessen angeblich dubiose Geschäfte in der Ukraine.
Kontakte im Umfeld von ÖVP und FPÖ
Wie auch immer: Schütz ist nicht der einzige Firtasch-Kontakt aus dem Umfeld der ÖVP. Firtasch beschäftigt etwa Ex-Pröll-Sprecher Daniel Kapp als PR-Mann. In der Vergangenheit war der Oligarch zudem mit Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger in der sogenannten „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“ verbunden.
Es gibt auch FPÖ-nahe Kontakte: So betreut Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfers Kanzlei den Oligarchen. Ob sie dessen Auslieferung verhindern können, wird sich zeigen. Wann es so weit ist, steht in den Sternen.
(wb)
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