Samstag, Juli 27, 2024

Wien: Sogar ÖVP und Grüne gegen Rauchs Quarantäne-Aus

Wien:

Aus den Wiener Politik-Reihen der ÖVP und der Grünen kommt Kritik am Quarantäne-Aus durch die Bundesregierung. Auch GECKO ist unzufrieden.

 

Wien, 28. Juli 2022 | Erstaunlich kritische Töne an der Entscheidung der türkis-grünen Bundesregierung kommen aus den Wiener Landesparteien der beiden Fraktionen. Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck (ÖVP) warnt vor den Mehrkosten für die Unternehmen, die aufgrund des Quarantäne-Entfalls auf diese zukommen: “Für die Wiener Unternehmen wird der Entfall der Quarantäne richtig teuer. Aus Sicht der Wirtschaft ist diese Maßnahme nicht wirklich zu Ende gedacht.”

Denn der Bund wird die Ersatzzahlungen für coronabedingte Ausfälle von Mitarbeitern nicht mehr übernehmen. Die Entgeldfortzahlung wird nun auf die Arbeitgeber umgewälzt.

Wirtschaftskammer Wien rechnet vor

Die WKW hat die Kosten für diese Krankenstände anhand der Infektionszahlen für das zweite Quartal berechnet. Demnach hätten die Wiener Unternehmen theoretisch für diesen Zeitraum rund 91 Millionen Euro an Entgeltfortzahlung leisten müssen. Hochgerechnet auf ein Jahr seien das 365 Millionen Euro, wobei hier nur Menschen mit symptomatischen Verläufen berücksichtigt seien.

Wiener Grüne: “Völlig falscher Weg”

Auch von den Wiener Grünen kommt Kritik an den Entscheidungen der Regierung, allen voran des Grünen Gesundheitsministers Johannes Rauch. Viktoria Spielmann, Grüne Gemeinderätin, richtete am Dienstag an den Grünen Minister auf Facebook aus: „Halte es für den völlig falschen Weg & unverantwortlich die Quarantäne Regelung aufzuheben! Die Quarantäne führt dazu, dass man die Wahrscheinlichkeit der Übertragung ganz massiv verringert & das muss im Interesse aller sein. Eigenverantwortung reicht nicht & die Pandemie ist nicht vorbei!“ Spielmann sei mit dieser Meinung, bei den traditionell bundeskritischen, Wiener Grünen nicht alleine.

GECKO sieht “unkalkulierbare Risiken”

Die staatliche Krisenkoordination GECKO steht dem von der Regierung verfügten Ende der Corona-Quarantäne ebenso höchst skeptisch gegenüber. Dies geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zur Sitzung vom Montag hervor. In der aktuellen Situation sei der Wegfall der Isolierung positiv Getesteter “mit einer Reihe von unkalkulierbaren Risiken verbunden”. Dies könne zum Kontrollverlust über das Infektionsgeschehen bei gleichzeitig steigenden Infektionszahlen führen.

Wie sich der Verzicht auf die Quarantäne auswirkt, könne man “derzeit nicht präzise angeben”. Aber angesichts der aktuellen SARS-CoV-2-Varianten rechnen sie mit einer “sehr labilen Ausgangssituation” für den Spätsommer bzw. Frühherbst. Vieles sei noch unklar, etwa die Eigenschaften von BA.4/5 bzw. Dauer und Effizienz des Impfschutzes dagegen.

Für “nicht sinnvoll” hält GECKO den Vergleich mit anderen Staaten – den Gesundheitsminister Johannes Rauch und auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) immer wieder zur Rechtfertigung vorgebracht haben. Es gebe aber wesentliche Unterschiede, merkte GECKO an: So seien die Durchimpfungsraten zum Beispiel in Spanien oder Dänemark viel höher, teils andere Impfstoffe verwendet worden – und zudem habe man in anderen Ländern diesen Schritt eigentlich immer bei steil nach unten abfallender Neuinfektionskurve gesetzt.

“Das sollte man in Österreich auch berücksichtigen” und “grundsätzlich nicht dann Maßnahmen reduzieren, wenn die Kurve gerade ansteigt oder sich seitwärts auf hohem Niveau bewegt”, hatten die Experten die Regierung vor ihrer Entscheidung zur Abschaffung der Quarantäne mitten in der Sommerwelle wissen lassen.

(bf/apa)

Titelbild: APA Picturedesk

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

10 Kommentare

10 Kommentare
Meisten Bewertungen
Neueste Älteste
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare

Jetzt: Die Ergebnisse der Pilnacek-Kommission

Nur so unterstützt du weitere Recherchen!