Mittwoch, April 24, 2024

Das Oligarchen-Hotel in Wien

ZackZack am Feiertag: Das „Radisson Blu”-Hotel in Wien-Schönbrunn hat eine illustre Geschichte. Sie beginnt mit dem Kaufangebot einer mysteriösen Firma und endet bei Firmen im Dunstkreis des Kreml-nahen Oligarchen Wladimir Jakunin. Ein internationales Rechercheteam hat sich auf die Spuren eines weit verzweigten Netzwerks begeben.

Sebastian Reinfeldt und Benjamin Weiser

In Österreich veröffentlichen ZackZack und Semiosis die Ergebnisse; in Deutschland die TAZ. Wir bedanken uns bei unseren Kolleg*innen Sylvain Besson, Anastasia Kirilenko, Sofia Izmaylova, Bernhard Odehnal, Hazel Sheffield, Silvia Stöber und bei Paul Toetzke.

Wien, 13. August 2022 | Wohnen in Wien mit Blick auf das Schloss Schönbrunn?

Das muss kein Traum sein – wenn Sie knapp zwei Millionen Euro flüssig haben. On top zu einem geräumigen Appartement (133 Quadratmeter) mit weitläufiger Terrasse und Dachgarten bekommen Sie kostenfreien Zugang zu Fitness-Center, Wellnessbereich, Sauna und Dampfbad. Reception-Services und Schlüssel-Service kosten Sie keinen Cent extra. Zudem wacht ein Concierge darüber, dass unerwünschter Besuch von der Wohnungstüre fernbleibt.

Dieser Wohn-Traum befindet sich im obersten Stock des „Radisson Blu Park Royal Palace”- Hotels in Wien, das direkt neben dem Technischen Museum liegt, dort, wo früher einmal ein IMAX-Kino stand. In diesem haben Besucher bis 2005 Filme in größtmöglichen Bildern bestaunt und dank mächtiger Tonanlage auch erlebt.

Vom IMAX zum Hotel

Am Beginn der Geschichte dieses Hotels steht ein Kaufvertrag. Denn sowohl IMAX als auch der Grund samt Park gehörten einmal der Republik Österreich. Als der IMAX-Betreiber pleite ging, entschied man sich für den Verkauf, angeblich, weil die Umwidmung so komplex sei. ZackZack und Semiosis zeichnen den Weg des Hotels nach. Über Umwege endet er im Dunstkreis eines umstrittenen Oligarchen.

Das Radisson Blu in Wien-Schönbrunn. Bild: Tobias Reinfeldt zVg.

Der Verkauf der Liegenschaft erfolgte Ende 2007. Am 5. Dezember des Jahres unterzeichnete die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), der größte staatliche Immobilieneigentümer in Österreich, einen Vertrag mit einer Tochterfirma der Unternehmensgruppe Schweighofer über das 13.000 Quadratmeter große Areal gegenüber dem Sissi-Schloss. Kosten: 4,5 Millionen Euro.

Zu dieser Zeit war Sozialdemokrat Alfred Gusenbauer Bundeskanzler. Der Kurzzeit-Regierungschef bewegt sich in verschiedenen Rollen und Funktionen im Umfeld der handelnden Personen dieser atemberaubenden Immobiliengeschäfte rund um das heutige Radisson Blu.

Auf unsere detaillierte Nachfrage über eine etwaige Rolle bei den Hotel-Deals meinte Gusenbauer, er habe keine Erinnerungen und Wahrnehmungen mehr dazu.

Mysteriöse Klein-Firma zog sich nach wenigen Tagen zurück

Die Merkwürdigkeiten bei den Hotel-Geschäften beginnen bereits rund um die Ausschreibung der damaligen BIG für den Verkauf des Grundstücks samt IMAX. Eigentlich sollte das Angebot mit dem überzeugendsten Nutzungskonzept gewinnen.

Das legte die damalige Firma namens finanz4you Projekt Invest GesmbH vor, die in Kooperation mit dem benachbarten Technischen Museum auf dem Gelände ein Technologiezentrum errichten wollte. Eine der Bedingungen der Ausschreibung war es, dass das Technische Museum in die neue Nutzung integriert wird.

Das finanz4you-Konzept, mit dem die Firma die Ausschreibung gewonnen hatte, ließ sich seltsamerweise nicht realisieren, was kurze Zeit nach Zuschlagserteilung bekannt wurde.

Die Firma, die von 2006 bis 2014 existierte, hatte gemäß Firmenbuch ihren Sitz an einer kompakten Wohn-Villa in der Nähe des ORF-Zentrums Küniglberg. Nach Geschäftsadresse sieht das eher nicht aus.

Spannend ist auch der Werdegang von Frau W., eine der beiden früheren, namensgleichen finanz4you-Eigentümer. Folgt man Frau W.s LinkedIn-Profil, will sie nach ihrer früheren Immo-Tätigkeit in der US-Filmbranche Fuß gefasst haben. Viel mehr lässt sich über das mutmaßliche Vater-Tochter-Duo nicht herausfinden.

Aber was sagt W. zum damaligen Ad hoc-Rückzug? Warum kaufte man das Hotel doch nicht? Bis Ablauf der Frist kam keine Antwort auf unsere Nachfrage.

Schweighofers Moment

„Also übernahm der Wiener Industrielle Gerald Schweighofer das Grundstück”, stellt die BIG die folgenden Entscheidungen lapidar dar. Und siehe da, die Schwierigkeiten waren aus dem Weg geräumt: Plötzlich ließ sich doch ein Umwidmungsprozess anstoßen, gemeinsam mit der Stadt Wien.

Im Herbst 2012 eröffnete das Hotel unter dem Namen „Park Royal Palace”, betrieben von der Austria Trend-Gruppe. Die geforderte Anbindung an das Technische Museum erfolgte ganz simpel: mittels einer Brückenverbindung. Eine wirkliche Funktion hat sie indes wohl nicht.

Bei der Eröffnungsfeier tanzte die österreichisch-russische Ballerina Karina Sarkissova zu Medusenklängen durchs golden schimmernde Hotel. Die „Serviced Apartments” am Dach des „Royal Palace” waren von Anfang an Teil des Hotel-Konzeptes.

Schweighofer (2. v.l.) bei der symbolischen Schlüsselübergabe. Bild: APA OTS – Austria Trend Hotels/RGE-Photo (Rainer Gregor Eckharter).

Die Schweighofer-Gruppe hatte sich zuvor nicht mit Hotellerie beschäftigt. Ihr Kerngeschäft: Holz und Gold. Zur selben Zeit, als das Gelände bei Schönbrunn erworben wurde, entstand in der rumänischen Kleinstadt Rădăuți nahe der ukrainischen Grenze ein weiteres Vier-Sterne-Hotel, das The Gerald´s.

Der Name des Hotels leitet sich ganz offensichtlich aus dem Vornamen von Firmengründer-Sohn Gerald Schweighofer ab. In unmittelbarer Nähe des Hotels errichtete die Gruppe ein großes Sägewerk. Das wurde mittlerweile stillgelegt.

Anders ist die Sache in Wien gelaufen.

Von Schweighofer zur Familie Jakunin

Einige Monate nach der pompösen Eröffnungsfeier des Radisson Blu-Hotels veränderten sich plötzlich die Eigentümerverhältnisse. In den Firmenbuch- und Grundbuchauszügen finden sich als die damals neuen Gesellschafter weitere Firmen, nämlich Töchter des Venture and Yield Investment Management, kurz: VIYM.

Das ist die Beteiligungsgesellschaft des Oligarchen-Sohnes Andrej Jakunin. Schließlich wurden alle Hotel-Anteile an dessen Firmen übertragen. Das Hotel sei – so die offizielle Darstellung – in der Zeit weiterentwickelt worden. Unter anderem stellt nicht mehr Austria Trend den Betrieb sicher, sondern die internationale Radisson Blu-Kette.

Screenshot: Auszug aus dem Portfolio des http://viymanagement.com/.

Am 19. Juli 2019 wechselte das nunmehr fertig entwickelte Hotel den Besitzer. Für schlappe 66,1 Millionen Euro ging es an ECHO Park Hotelimmobilien GmbH & Co KG – eine Firma, die erst wenige Monate zuvor gegründet wurde.

Hinter dieser Firma steht eine Struktur mit Tochterfirmen und Gesellschaften in Luxemburg und der Schweiz. Folgt man den Firmenregister-Auszügen, landet man am Ende bei einem Investmentfonds der Schweizer Syz Bank, der wiederum vom Investmentmanager (Nevastar Finance) einer Stiftung von Papa Wladimir Jakunin gemanaged wird.

Unklar scheint, wer letztendlich die Hintermänner bei den Deals rund um das Hotel waren und sind.

Der Weg des Radisson Blu in Wien-Schönbrunn führt indes von einer mysteriösen Kleinfirma, die sich nur Tage nach dem Zuschlag zurückzieht, über Holz-und Gold-Tycoon Schweighofer zu Jakunin junior und schließlich zu Firmen im Dunstkreis des Putin-Freundes Jakunin senior selbst.

Die österreichische Finanzmarktaufsicht führt die Nevastar Finance in Luxemburg als Vermögensverwalterin des Echo Fonds. Dieser ist 100-prozentiger Gesellschafter der Echo Park, der wiederum das Hotel gehört. Zugleich verwaltete die Nevastar das Vermögen eines Jakunin-Fonds. Screenshot FMA.

Unklar ist auch, woher das Geld für das Investment des Jakunin-Clans kam und warum sie sich gerade für dieses Hotel entschieden. Der Echo Fonds, der zunächst nicht auf eine Anfrage antwortete, legt Wert auf die Feststellung, dass man nichts mit der Familie Jakunin zu tun habe. Eine Erklärung für die gesellschaftliche und personelle Verflechtung sowie das Zustandekommen des Geschäfts gab es indes nicht.

Die Website der VIYM von Jakunin junior war vor Veröffentlichung nicht erreichbar.

Einen Tag später meldete sich dann doch eine Mitarbeiterin und bat um mehr Informationen zu unserer Recherche. Wir werden unsere Recherche aktualisieren, sollte es noch zu einer inhaltlichen Antwort kommen.

Die Jakunins: eine schrecklich nette Familie?

Wer sind die Jakunins? Papa und Patriarch Wladimir Jakunin war in der Sowjetzeit KGB-Spion gewesen, später operierte er auch in der Auslandsspionage. Er gehört zum engsten Kreis von Wladimir Putin, der sogenannten Datschen-Kooperative Osero, einem Männer-Netzwerk, das sich bei der Karriere und bei oftmals dubiosen Geschäften unterstützte.

Bis 2015 war er der mächtige Chef der russischen Staatsbahnen, der Rossijskije schelesnyje dorogi. In dem Buch „Putins Netzwerk” wird Wladimir Jakunin eine zentrale Bedeutung im Kreise von Putins Leuten zugeschrieben.

Die Autorin Catherine Belton bezeichnet ihn als „Treuhänder Putins”. Der russische Politologe Alexander Morozov nennt Jakunin in einem Interview mit dem grenzüberschreitenden Recherchenetzwerk einen „Pionier der russischen Einflussnahme”. Dazu gleich mehr.

Sohnemann und Radisson Blu-Zwischenstopp Andrej Jakunin ist britischer Staatsbürger. Er lebt in London und ist wohl von Beruf vorrangig „Sohn” – auch wenn er das nicht gerne hört. Laut einer „Quartz“-Recherche von 2017 habe er eine Corporate Intelligence-Firma in London damit beauftragt, negative Berichterstattung zu verhindern und Online-Suchergebnisse durch offenbar fabrizierte positive Meldungen zu beeinflussen.

„Jede Andeutung, dass mein Vater einen unzulässigen Einfluss auf meinen Reichtum hatte”, ist „unbegründet, völlig unzutreffend, ganz zu schweigen von einer tiefen Beleidigung” für seine Mitarbeiter, heißt es etwa. Dennoch ist unklar, woher sein enormes Vermögen stammt. In England jedenfalls erwarb er mehrere Anwesen für Millionen-Pfund-Beträge.

Mama Jakunin – Natalia Jakunina – ist eine zentrale Figur beim reaktionären „World Congress of Families”. Zudem ist sie in verschiedenen Jakunin-Stiftungen aktiv, die ein ebenso rückständiges wie christlich-orthodoxes Weltbild propagieren.

Die Methode Wladimir Jakunin

In Verbindung mit seinen Geschäften versucht ihr Ehemann Waldimir Jakunin mittels Stiftungen und NGOs, die Politik in Europa zu beeinflussen, auch von Österreich aus. Er agiert dabei auf zwei Ebenen. Als Geschäftsmann will er das Familien-Vermögen vermehren, wobei die Herkunft der Gelder im Vermehrungskreislauf hinterfragt werden muss. Das Rechercheteam rund um Kreml-Kritiker Alexej Navalny spricht in Bezug auf Jakunin von „gestohlenem Geld“.

Jakunin sei einer der Top-Kleptokraten in Russland, da er als Eisenbahn-Chef durchgängig mit öffentlichen Geldern zu tun gehabt haben soll. Eine gut belegte These der russischen Recherche-Plattform „The Insider” besagt, dass das Geld aus einem „Pool” stamme, der aus Extrazahlungen bei Eisenbahngeschäften in der Jakunin-Ära gespeist worden sei.

Die zweite Ebene ist sein „gesellschaftliches Engagement”. Jakunin macht sich politische Freunde, gründet wohlklingende NGOs, mit deren Hilfe er ideologischen Einfluss auf die europäische Politik nehmen möchte. Mit wechselndem Erfolg.

Eine Wiener NGO im Dienste des russischen Imperialismus

Bekanntestes Beispiel ist die erst in Wien und später in Berlin operierende Organisation „Dialogue of Civilizations DOC”,die finanziell reichlich ausgestattet ist und sich für die gute alte Völkerverständigung einsetzt. Die Organisation operierte zuerst in Wien unter dem Namen World Public Forum – Dialogues of Civilzations und später in Berlin als Dialogue of Civilizations – Research Institute.

Wer von den Politikern und Ehemaligen, die an den glamourösen Foren und Round-Tables auf der griechischen Halbinsel Rhodos teilnahmen, hat dabei je gefragt, woher das Geld der spendablen Organisation stammt und was ihr strategisches Ziel ist?

In Wahrheit verbreitete die DOC nämlich die putintreue Ideologie einer russischen Frontstellung zum Westen und einer ihr entgegenstehenden „euro-asiatischen” Allianz. Ziel: Die westliche Öffentlichkeit mit solchen Gedanken vertraut zu machen.

Das Büro der Vorgängerinstitution DOC lag einmal in Wien am Ring. Bemerkenswert ist, dass zwei prominente österreichische Politiker im Ruhestand jahrelang für diese NGO in verantwortlicher Position tätig waren. In Österreich stellen sie ihre Gesichter und ihre Reputation zur Verfügung. Dies sind, ganz großkoalitionär, Walter Schwimmer (ÖVP), der den DOC mitgegründet hat, und Alfred Gusenbauer (SPÖ). Er saß im Board der Organisation.

Letzteren sehen Sie auf dem Foto, wie er 2008 freudestrahlend einen Dialog-Preis verliehen bekommt, im Namen der russischen Jakunin-NGO. Der Mann hinter dem Goldrahmen ist Jakunin selbst. Zufrieden lächelnd.

Gusenbauer (l.) und Jakunin (m.). APA OTS – World Public Forum, WPF, verlieh Alfred Gusenbauer den Award „Dialogue of Civilizations“: vl. Nicholas Papanicolaou (WPF), Alfred Gusenbauer, Wladimir Yakunin (WPF), Jagdish Kapur (WPF) und der Kosmonaut Oleg Atkov (WPF).

Geheimdienstähnliche Aktivitäten

Nach der russischen Krim-Besetzung 2014 ging ein Engagement für die Dialog-NGO damit einher, sich öffentlich gegen die Russland-Sanktionen auszusprechen. Heute weiß man, dass die Krim-Besetzung das Vorspiel und den Testlauf für die jetzige Invasion der Ukraine bildete.

‘Sanktionen sind kein Weg aus der Krise, sondern sie führen tiefer in die Krise’, kritisierte (…) Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer aktuelle westliche Maßnahmen gegen Russland. Er trat in Rhodos bei einer Konferenz des in Wien ansässigen ‘World Public Forum Dialog of Civilizations’ auf, dem er gemeinsam unter anderem mit dem Putin-Vertrauten Wladimir Jakunin vorsteht.” So der Kurier im September 2014.

Das DOC sieht nur von außen wie eine harmlose Dialog-Gesellschaft aus. In Wahrheit verschleiert sie Aktivitäten, die denen von Geheimdiensten zumindest nahekommen. Carolina Vendil Pallin und Susanne Oxenstierna orten in der Organisation ein russisches soft-power-Instrument

Ein Beispiel dafür ist der augenscheinliche Lockversuch gegenüber dem deutschen Ex-Politiker Fabio De Masi. Er war bis 2021 Bundestagsabgeordneter der Linken und kritisch gegenüber Oligarchen. Noch besser also, gerade ihn zu kontaktieren, denn aus Geheimdienst-Kreisen weiß man: Kritiker einzukaufen ist besser als sie zu bekämpfen.

Der DOC-Anwerbeversuch eines deutschen Politikers

Auf Twitter beschreibt er den Anwerbeversuch des DOC so: De Masis Büro sei einst von einem deutschen Wissenschaftler mit dem Hinweis angesprochen worden, er arbeite für ein Institut, das sich der internationalen Zusammenarbeit widme. Man sei „an Publikationen von mir interessiert”, habe es geheißen.

De Masi habe bezüglich bezahlter Nebentätigkeiten abgesagt, einen möglichen Gedankenaustausch in Form eines Seminars hätte man prüfen können. Allerdings:

„Wie ich später herausfand, stand hinter der Anfrage das Dialogue of Civilizations Institute mit Nähe zu russischen Oligarchen und Büros in Berlin, Wien und Moskau.”

Er, De Masi, sei dann bei einer Recherche darauf gestoßen, „dass ich auf der Homepage der Stiftung als Teilnehmer an dem Seminar geführt werde”. Er habe an einem solchen aber nie teilgenommen.

In Österreich erfolgreicher

Das klappte also nicht. Anders in Österreich. Hier ging nicht nur das Geschäft mit dem Hotel reibungslos über die Bühne. Freundliche Medienberichte begleiteten die Eröffnung des Radisson bis hin zum letzten Verkauf des architektonischen Gustostückerls 2019. „Oligarch checkt im Wiener Radisson aus”, titelte etwa der „Standard” zum Verkauf.

Jakunin steht seit dem Krim-Einmarsch Russlands 2014 auf den Sanktionslisten der USA und Australiens. Das störte in Österreich auf politischer Ebene kaum jemanden. Dort konnte DOC in der Zeit der türkis-blauen Regierung punkten und Einfluss nehmen. So war es Partner bei fünf sicherheitsrelevanten Workshops der Landesverteidigungsakademie zum Kaukasus.

Generös übernahm man die Reisekosten von Teilnehmenden und stellte mit dem Putin-freundlichen Politikwissenschafter Peter W. Schulze fünfmal hintereinander den Keynote Speaker. Das Verteidigungsministerium bestätigte auf unsere Nachfrage sogar, dass die Workshop-Resultate Eingang in die Lagebeurteilungen der Region fanden.

Und das, obwohl Peter W. Schulze mit der Zielsetzung der Jakunin-NGO nie hinter dem Berg hielt. In einem “SPIEGEL”-Interview von 2016 meinte er:

„Russland versucht, seinen Einfluss zu vergrößern – auch im kulturellen Feld. Das ist kein Geheimnis. Sicher werden wir in manchen Fragen Nähe zu Positionen des Kreml haben. Und natürlich hoffen wir, dass unsere Themen, wenn sie überzeugend begründet sind, zu den Entscheidungsträgern in Politik, Wirtschaft und Medien durchdringen.”

In Österreich war einer wie er immer herzlich willkommen.

Update am 19.08., um 14:52 Uhr: Zwei Absätze ergänzt bzw. geändert:

“Hinter dieser Firma steht eine Struktur mit Tochterfirmen und Gesellschaften in Luxemburg und der Schweiz. Folgt man den Firmenregister-Auszügen, landet man am Ende bei einem Investmentfonds der Schweizer Syz Bank, der wiederum vom Investmentmanager (Nevastar Finance) einer Stiftung von Papa Wladimir Jakunin gemanaged wird. Unklar scheint, wer letztendlich die Hintermänner bei den Deals rund um das Hotel waren und sind.”

“Unklar ist auch, woher das Geld für das Investment des Jakunin-Clans kam und warum sie sich gerade für dieses Hotel entschieden. Der Echo Fonds, der zunächst nicht auf eine Anfrage antwortete, legt Wert auf die Feststellung, dass man nichts mit der Familie Jakunin zu tun habe. Eine Erklärung für die gesellschaftliche und personelle Verflechtung sowie das Zustandekommen des Geschäfts gab es indes nicht.”

Titelbild: Tobias Reinfeldt; ERIC PIERMONT/AFP/picturedesk.com; Montage: ZackZack.

Ben Weiser
Ben Weiser
Ist Investigativreporter und leitet die Redaktion. Recherche-Leitsatz: „Follow the money“. @BenWeiser4
LESEN SIE AUCH

Liebe Forumsteilnehmer,

Bitte bleiben Sie anderen Teilnehmern gegenüber höflich und posten Sie nur Relevantes zum Thema.

Ihre Kommentare können sonst entfernt werden.

38 Kommentare

  1. Wie üblich bei solchen Arrangements, spielt auch der SPÖ-Exkanzler Gusenbauer eine Rolle. Die Roten konnten es schon immer gut mit der russischen Oberschicht und deren Politprominenz – für Deutschland der Schröder, für Österreich der Gusi.
    Auch die Neos-Hintermänner lieben Putin und seine Freunde. Wer hat doch gleich das olympische Dorf für Putin gebaut?

    • Ausserdem wurde Gusenbauer im November 2008 von Jakunin ausgezeichnet. Da war er noch Kanzler, und die SPÖ hat auf Wunsch des Oligarchen Oleg Deripaska einen Scheinwohnsitz im Burgenland für die Jumaschews gedeckt. Walentin Jumaschew berät Putin und leitete Jelzins Präsidialverwaltung; er machte Geschäfte mit Pawel Fuchs, der Geld für Viktor Janukowitsch wusch (für den Gusenbauer lobbyierte). Er ist in 2. Ehe mit Tatjana Dyachenko, Boris Jelzins Tochter verheiratet, der Putin lebenslang Schutz vor Strafverfolgung zusicherte. Im November 2008 hat Doskozil gerade bei Niessl angefangen. Der Scheinwohnsitz in Winden am See lag direkt an Niessls täglicher Route.

  2. Wenn man ein paar Namen ändert, passt der Artikel auf so gut wie jeden Großinvestor. Aber was genau war jetzt das Verbrechen, das man Jakunin zur Last legt oder warum er zwielichtiger wäre als westliche Oligarchen?

  3. Ohne Geldwäsche kann die organisierte Kriminalität nicht lange überleben, es sei denn im Untergrund. Da wollen die Profiteure aber nicht bleiben, von Gangsterromantik halten sie wenig. Also gilt es, den Ertrag der bösen Taten reinzuwaschen, auf dass Verbrechen sich lohne. Erstens müssen die Herkunft des Raubs verschleiert und alle Spuren verwischt werden, zweitens die schwarzen Gelder in die Kreisläufe der legalen Wirtschaft eingeschleust und drittens diese Vermögenswerte in legales Eigentum verwandelt werden – und ihre Eigentümer in respektable Mitglieder der guten Gesellschaft der Vermögensbesitzer. Die Umsätze der organisierten Kriminalität machen nach den gängigen Schätzungen der Vereinten Nationen zwischen acht und zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Dabei werden Drogen- und Menschenhandel, Prostitution, Waffenhandel, Raub, Betrug und Erpressung berücksichtigt, die Erträge systematischer Korruption wie im System Putin aber vernachlässigt.
    Die meisten der milli

    • ardenschweren russischen Oligarchen, die jetzt von der EU, den USA und Großbritannien sanktioniert werden, stehen schon seit 2014, seit der Krim-Annexion, auf Sanktionslisten. Neu hinzugekommen sind nur Putin selbst und einige Personen aus seinem engsten Umfeld. Geschadet hat es ihnen bisher kaum. Insgesamt 877 Personen sind in der EU mit Sanktionen belegt worden und müssen mit der Beschlagnahme ihres Vermögens bzw. dem Einfrieren ihrer Bankkonten rechnen. Nach der ersten Bilanz der EU-Kommission sind bis Mitte April gut 30 Mrd. Euro an Vermögenswerten von Oligarchen und mit dem russischen Staat eng verbundenen Unternehmen eingefroren worden, darunter Immobilien, Schiffe und Kunstwerke im Wert von fast sieben Mrd. Euro. Dazu sind Transaktionen in Höhe von fast 196 Mrd. Euro blockiert worden.
      Durchgesetzt werden müssen die Sanktionen allerdings von den Mitgliedstaaten. Dabei sind einige deutlich schneller und erfolgreicher als andere, Österreich fällt hier durch “Untätigsein” und verachtenswertes Taktieren auf. Frankreich, Italien und die Niederlande gehen voran. Deutschland hinkt hinterher, die Bilanz der bislang beschlagnahmten bzw. eingefrorenen Oligarchenvermögen ist mit weniger als 100 Mio. Euro eher mager. Daher hat die EU-Kommission in Kooperation mit den USA und Großbritannien begonnen, eine transatlantische Taskforce einzurichten, die die gut versteckten Reichtümer der Oligarchen aufspüren soll.
      Putins Clan und seine Oligarchen nutzen ihre Auslandsvermögen seit gut 20 Jahren nicht fürs Dolce Vita im vermeintlich dekadenten Westen. Sie nutzen sie, um politischen Einfluss zu kaufen, um populistische, antidemokratische Bewegungen zu finanzieren. In Großbritannien, in den USA, in Deutschland und in Österreich haben sie damit immer wieder Erfolg gehabt.
      Die demonstrative Verachtung des Westens, die in Putins Welt herrscht, entspringt der Erfahrung dieser Leute: Jeder und jede ist käuflich, es kommt nur auf den richtigen Preis an. Wie leicht und wie billig auch hochrangige aktive und ex österreichische und deutsche Politiker zu kaufen sind und waren, dürfte das einzige sein, was Putins Netzwerker bei ihren Aktivitäten in Europa überrascht haben könnte. Wer dieser Form der internationalen Politik mittels Korruption entgegentreten will, muss endlich die Geldquellen verstopfen, von denen sie lebt. Falcone und Borsellino in Italien haben es vorgemacht…
      Wer wohl von unserer stabilen Hassinkompetenzkorruptionskoalitionsregierung sollte hier entsprechend entgegenwirken?
      Danke für den Artikel Herr Weiser und Kollegen, selbiger gehört in alle Printmedien und TVBerichterstattungen in Österreich. Wird leider nicht geschehen und somit nur einem kleinen, kritischen und interessierten Personenkreis zugänglich. bekannt sein und auch bleiben…
      Einstweilen gute Nacht Österreich!

      • Lieber Beobachter, Ihren Ausführungen nach wird eines klar: Korruption muss lediglich die Dimension des herkömmlichen Denkvermögens sprengen, dann bleibt man unantastbar. Kebab-Stände werden von der Finanz quartalsmäßig zerlegt, leichter tut sich dann schon eine Partei, die selbst den Finanzminister stellt, ganz schwierig wird es bei größeren Kalibern, die mit Nationalratspräsidenten dinnieren, unmöglich wird eine Aufdeckung beim Netzwerk der Milliardäre. Aber die Leistung Ben Weisers und dessen Recherche-Team sprengt auch eine Dimension👏

        • Liebe Summa summarum, leider erkennt der Pöbel diese Championsleaguekorruption nicht, weil er selbige nicht unmittelbar spürt. Er spürt zwar die vielfach dadurch bedingte Teuerungswelle (Bauwirtschaft, Immobilienpreisentwicklung, etc.etc…), kann selbige aber nicht zuordnen, oder wird mit medial einfach verständlichen “Wahrheiten” und Sündenböcken zufriedengestellt. Solange es übergroße Schnitzel in Möbelhäusern um einen Euro und die tägliche KarlichShow und diverse Sportveranstaltungen aus dem “Volksempfänger” gibt, kann es doch nicht so schlimm sein. Die “Brot- und Spielepolitik” hat lange und gut funktioniert. Sieht man sich allerdings die aktuellen Preisentwicklungen auf dem Lebensmittel- u Energiesektor und unsere unfähigen und korrupten Regierungsdilettanten mit dem Bewahrer der immerwährenden Stabilität an, könnte das bisherige System in Schwierigkeiten geraten.
          Wir befinden uns schon seit geraumer Zeit in der neuen Normalität, von nun an ging,s bergab…
          Auch deshalb sollte es schleunigst heller werden!

          • “Gib dem Affen Zucker” war die Devise von Schüssel. Seit Kurz und der Rechtsaußen-ÖVP wissen wir: Das Recht muss der Politik folgen und die Politik folgt dem Geld.

          • Liebe Summa summarum, Sie haben Recht. Das Paradoxe dabei aber ist, ausgenommen die politisch “verwalteten” Schwarz- u. Blutgeldmilliarden, dass wir Pöbelianer ungefragt mit unserem Geld, von den aktuellen Architekten orchestriert, unseren eigenen Weg in die Unfreiheit und somit den Untergang finanzieren. Es ist wiederum nur eine Frage der Zeit, bis sich der Pöbel an sein Untertanendasein gewöhnen wird…
            Es sollte dringend heller werden!

          • Sie sagen es, lieber Beobachter! Diese Einmalzahlungen, die jetzt in die Menge geworfen werden, sind ein paar Knochen für die Tiere – wie Schmid uns genannt hat – und sollen lediglich kurzfristig besänftigen. Dass wir uns diese Gelder dann in 6 Monaten selbst vom Mund absparen müssen, kapiert hier niemand. Die Wahl in Tirol bringt es bald ans Licht: wird in Ö wieder die Adlerrunde mit den Überförderungen und Strom fressenden Schneekanonen gewählt oder nicht. Die Bevölkerung hier tendiert allerdings dazu, sich ihr Grab selbst zu schaufeln, dann hineinzusehen und zu sagen: “Das konnte ich nicht wissen”…

      • Es fehlt noch vieles. Zum Beispiel, warum die SPÖ.Gusenbauer deckt. Und ihn letztes Jahr auch noch selbst auszeichnete. Oder dass Gusenbauer und Kern von Martin Schlaff gepusht wurden, der mit Putin in Dresden kooperierte (Darauf geht u.a. Catherine Belton ein). Und dass Gusenbauer eine wesentliche Rolle beim Eurofighter-Vergleich spielte und auch das mit Russland zu tun hat.

        • Lieber King, Sie haben schon Recht. Nur muss man einmal beginnen, diese Strukturen und die daraus entstandenen Malversationen zu thematisieren. Lüssel, Gusenbauer, Schröder, etc.etc…. sind kleine bigotte “Nehmer”, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wege geebnet haben. Selbiges nennt sich Lobbyismus und ist leider nicht strafbar. Über ein moralisches Strafrecht verfügen wir leider nicht. Ist in der neuen Normalität auch gar nicht mehr von Nöten…
          Es sollte trotzdem rasch heller werden!

          • Andere haben damit schon lange vorher angefangen – nur so bekommt man ja überhaupt ein umfassendes Bild davon. Es gehört auch dazu – da Kooperation von Jakunin (Ex-KGB) mit der Landesverteidigungsakademie angesprochen wurde -, der Unterwanderung beim Heer und im Ministerium nachzugehen. Auch dies hat unter anderem mit Gusenbauer zu tun und damit, dass das Abwehramt wegschaute. Man hätte annehmen müssen, dass Pilz als Abgeordneter dagegen auftritt, was nicht passierte.

          • Lieber King, wie Sie ja wahrscheinlich wissen sind nachrichtendienstliche Themen leider keine Themen in Österreich. Fangen wir beim DabeiVdB an. Auch PP deckt nur auf, was er aufdecken will…
            Es muss trotzdem heller werden!

    • Oh, nein, es gibt auch die amerikanischen, österreichischen Oligarchen etc. Auch sie werden unter de Lupe genommen. Da ist es immo allerdings schwieriger, weil man an die Dokumente rus Oligarchen immo leichter ran kommt. Außerdem leiten die Saktionslisten an. Das ist erst der Beginn des Aufräumens.

  4. Wenn ich nur den Namen Gusenbauer höre oder dessen Gesicht sehe, dann sträuben sich mir alle meine noch habenden Haare.
    Dieser Herr ist das Sinnbild der heutige SPÖ welche sich immer wieder gerne mit ihm ablichten läßt und ihn auch in alle möglichen europäischen Gremien noch hineinwählen läßt. Für mich ist er das totale Gegenteil und noch mehr…
    Was soll im roten Systemteil anders sein als im Schwarzen?

      • Nicht mehr, aber wie alles verflochten ist, wissen die wenigsten. Z.B. Benko und Siegfried Wolf, oder Benko und Haselsteiner oder Benko und Markus Braun von Wirecard oder Benko und TPA, wo man auch an Wirecard und die Commerzialbank denken muss.

    • Wer hat Gusenbauer bei Eurofighter die Mauer gemacht? Ein gewisser Abgeordneter, der jetzt Herausgeber ist.

  5. Sind es die Oligarchen, die Peter Pilz dazu zwingen, zu schweigen bezüglich des Inhaltes seiner Aussage über Sobotka im U-Ausschuss???

    Will er dafür nicht wenigstens eine Erklärung abgegeben?

  6. So eine Recherche, einfach nur großartig, alle die sich hier eingebracht haben, gebührt meine Hochachtung!! Wenn man den Gusi sieht, muß man eh Angst haben, dass einem der Hemdknopf anspringt!! Da sieht man wie alle sich das Geld zuschieben. Ehrlich gesagt, mich kotzt das alles nur mehr an🤢

    • Leider kam Gusenbauer im Eurofighter UA mit allem durch….und leider schützt ihn auch sonst die Korruptionsstaatsanwaltschaft …..

  7. Super recherchierter Artikel!

    Auch wenn ich euch finanziell mit Abo und anonymen Beiträgen unterstütze, so habe ich doch das Gefühl, dass sich in diesem Land zwecks (vielen von euch aufgedeckten) Korruptionsfällen nie was ändert. Wie sind mittlerweile mit Oligarchen bestückt, die sich konsequenzlos über alle Gesetze und durch jegliche Kontrollorgane hinwegsetzen können. Sozusagen Steuergeld und Staatsvermögen als Selbstbedienungsladen – und dennoch sind wir so mittellos, dass wir laufend die Staatsverschuldung erhöhen “müssen”…

    Sowas führt zu mehr Politikverdrossenheit, dazu mehr Korruption auf allen Ebenen, weil sich jede/r denkt, dass es ihr oder sein gutes Recht sei auch etwas vom Kuchen zu holen…

  8. Solche hochlöblich investigativen “Back-Ground-Stories” gehör(t)en eigentlich wöchentlich publiziert ins Portfolio seriöser österreichischer Mediensparte.

    Nicht zuletzt um den sorgsam gepflegten Nimbus sogenannter politisch erhabener Exzellenzen ins gebührende Licht zu stellen, den Mythos unbefangener Neutralität keineswegs unbescholten damit gründlich in Frage zu stellen, und angesichts dieser faktisch etwas miefig anrüchigen Machenschaften im (halb)dunklen Dunstkreis internationalen Olligarchentums, unser Staatsimage im hochkulturell gepflegten Kongress- wie auch erlauchten Diplomatentum – performed im weltoffen biederen Tourismuskleidchen – “ein wenig durchzulüften”…

    Allerbesten Dank daher an die (mutig engagierten) Teilnehmer dieser Recherge bzw. den Editoren für ihre diesbezüglichen Leistungen! 👍

    • Es fehlt der Kontext – z.B. eine Serie über Gusenbauer inklusive der Frage, was er mit dem Eurofighter Vergleich zu tun hat.

      • … dahin gehend bin ich seeehr aufnahmefähig … 👍
        (erwähnte ja die “politisch erhabenen Exzellenzen”)

        Mir gefallen aber auch Ihre anderen gestellten Fragen zu diversen Kommentaren hier im Thread!

        (und dass PP in einer solchen “Familienaufstellung” maßgeblich NICHT fehlen, die Geschichte ihn da nicht ignorieren / übergehen sollte, sei ihm bitte wohl gegönnt… 😉 )

Kommentarfunktion ist geschlossen.

Jetzt: Polizeiäffäre "Pilnacek"

Denn: ZackZack bist auch DU!