Samstag, Juli 27, 2024

Kartenhäusler „Benko“ und Truthahn „Kurz“

2023 war das Jahr der einstürzenden Kartenhäuser. 2024 könnte für die ÖVP noch schlechter werden.

Er war ein paar Jahre lang Obmann der ÖVP. Das ist schon eine Zeitlang her. Dann hat er begonnen, „Geschäfte“ zu machen. Er machte alles, aber wusste eines: Am leichtesten verdient man seine Millionen in Immobilien, am besten als Aufsichtsratsvorsitzender in Pyramidenunternehmen in der Immobranche.

„Eh klar, die Kurz Partie!“ Inzwischen würde das keinen wundern, nicht einmal die, die Benko und Kurz zu den beiden Weltwundern aus Österreich hochgeschrieben hatten. Nur eine Kleinigkeit stimmt an dem oben nicht: Alfred Gusenbauer war nie Obmann der ÖVP. Er war von 2000 bis 2008 Vorsitzender der SPÖ und die letzten beiden Jahre davon auch noch Bundeskanzler.

Jetzt, am Ende eines langen Weges, könnte er ein Fall für die Strafjustiz werden. Der Verdacht lautet: Gusenbauer habe als Aufsichtsratsvorsitzender der beiden größten SIGNA-Firmen am 11. Dezember 2023 deren deutsche Vorstände fristlos entlassen, als sie Insolvenzen anmelden wollten.

Andreas Babler kann zusehen, wie die Gusenbauer-Einschläge näher kommen. Aber die SPÖ hat immer noch einen Vorteil: Alfred Gusenbauer ist ihr Einzelfall. Der Träger der Viktor Adler-Plakette, der höchsten Auszeichnung der SPÖ, ist das missratenste Kind der Partei, nicht mehr.

Missratene Partei

In der ÖVP ist das anders. Sie ist längst als Ganzes eine missratene Partei, deren Köpfe sich nicht im Verhältnis zur organisierten Korruption, sondern nur in der fachmännischen Beherrschung der dort gebräuchlichen Instrumente unterscheiden.

Das Jahresende 2023 hat so für beide Parteien ganz unterschiedliche Bedeutungen. In der SPÖ geht es darum, ob Andreas Babler endlich den Rücken freibekommt. Der Fall „Gusenbauer“ könnte für ihn Anfang 2024 sogar zu einem Geschenk werden. Babler müsste zum ersten Mal zeigen, dass er bereit ist, in der eigenen Partei aufzuräumen. Wenn es so weit ist, wird niemand in der SPÖ für Alfred Gusenbauer aufstehen.

In der ÖVP ist auch das ganz anders. Nicht einmal Karl Nehammer kommt auf die Idee, mit Korruption in seiner Partei aufzuräumen und dann verwundert festzustellen, dass nichts mehr da ist.

Truthahn „Kurz“

Die Wiederbelebung der ÖVP bleibt auch im neuen Jahr das schwierigste Unternehmen aller Parteien. Während sich Kickl und Babler auf ihr Duell im Frühherbst 2024 vorbereiten, sitzen Nehammer, Sobotka, Edtstadler und Mikl-Leitner am Fuß eines Hanges, der gerade abrutscht.

Im Herbst 2023 hatte es noch die letzte Hoffnung gegeben. Kurz werde sein Verfahren wegen falscher Zeugenaussage schnell gewinnen und vielleicht nicht wie ein Phoenix, aber zumindest wie ein beachtlicher Truthahn aus der Asche steigen. Die verlässlichen Medien würden dann gegen angemessene Inseratenleistung erklären, warum der Truthahn die alpine Prachtform des Phoenix sei.

Benko würde mit arabischen Millionen, die ihm Kurz gegen angemessenes Honorar besorgte, wieder auf die Füße kommen. Dann würde Kurz mit Steiner, Fleischmann, Bonelli, Blümel und Köstinger Karl Nehammer wegräumen und das vollenden, was er 2017 und 2019 begonnen hatte.

Ende 2023 steht fest: Daraus wird nichts. Für Kurz und Benko ist es vorbei. Beide Kartenhäuser stürzen ein, und jeder der beiden dient dem anderen als Fallbeschleuniger.

Karl Nehammer hat noch Glück. Für Benko war er nicht wichtig genug, und die Verfahren, die Nehammer persönlich treffen könnten, werden derzeit von Korneuburg bis St. Pölten noch in Provinzgerichten erledigt.

Kriminelle Vereinigung

Erst wenn die WKStA die Aufklärung der großflächigen und systematischen illegalen Parteienfinanzierung der ÖVP übernimmt, wird es für deren Inkasso-Obmänner von Kurz bis Nehammer eng.

„Ist das nicht riskant, wenn du so offen über kriminelle Machenschaften der ÖVP schreibst?”, fragen mich besorgte Freunde. Die Antwort darauf ist ganz einfach. Man muss nicht besonders mutig sein, um über diese Tatsachen zu berichten. Man müsste als ÖVP aber ziemlich mutig sein, das zu klagen und ein Beweisverfahren mitsamt Zeugenaussagen unter Wahrheitspflicht zu riskieren.

Es ist eine leicht beweisbare Tatsache: Die ÖVP ist – egal ob mit Kurz oder Nehammer an der Spitze – eine „kriminelle Vereinigung“ nach § 278 des Strafgesetzbuches. 2024 könnte das Jahr werden, in dem auch das aufgearbeitet wird. Wir werden versuchen, dazu mit Recherchen und Berichten beizutragen.

Für Alfred Gusenbauer, René Benko, Sebastian Kurz und Karl Nehammer gelten Unschuldsvermutungen.

Links:

https://www.nzz.ch/wirtschaft/ex-signa-chef-herzberg-wollte-benkos-elbtower-schon-vor-wochen-in-die-insolvenz-schicken-ld.1771368

Autor

  • Peter Pilz

    Peter Pilz ist Herausgeber von ZackZack.

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