Samstag, Juli 27, 2024

Corona, Russland, Klima – Kickl-Rundumschlag im ORF-Sommergespräch

Corona, Russland, Klima

Herbert Kickl hat Montagabend im ORF-Sommergespräch erneut ein Ende der Sanktionen gegen Russland gefordert. Auch sonst gab sich der FPÖ-Chef gewohnt angriffslustig und teilte neben der Regierung auch gegen den ORF aus.

Wien, 23. August 2022 | “Wir arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen”, musste Moderator Tobias Pötzelsberger Montagabend im Gespräch mit Herbert Kickl nicht nur einmal betonen. Der FPÖ-Chef sparte an diesem Abend nicht mit Angriffen und Kritik gegen den öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Dieser habe als – Zitat Kickl – “oberste Propagandamaschine” die Spaltung in der Gesellschaft in der letzten Zeit voran getrieben. Die Moderatoren verwehrten sich gegen die Aussagen.

Kickl, der während Corona vor allem mit Empfehlungen für Pferdeentwurmungsmittel und seinen Polter-Reden auf Corona-Demos aufgefallen war, setzte bei der Frage, wie man solcherlei Gräben wieder zuschütten könne, prompt zum Gegenangriff an. Und auch bei Fragen zum internen Zustand seiner Partei, Teuerung, Russland-Sanktionen und Klima setzte Kickl auf Konfrontation.

“Partei ist stabil”

Es waren zuletzt turbulente Wochen, die die FPÖ speziell durch die Causa Jenewein erlebt hat. Kickl selbst betonte gegenüber den Interviewern Tobias Pötzelsberger und Julia Schmuck, fest im Sattel zu sitzen. “Die Partei ist sehr stabil. Ich weiß, dass sich manche etwas anderes wünschen.” Er habe als “verantwortlicher Chef” Konsequenzen in der Causa Hans-Jörg Jenewein gezogen. Zu Details müsse man diesen befragen.

Der ehemalige Nationalratsabgeordnete und spätere Klubmitarbeiter Jenewein, der auch als Vertrauter Kickls gegolten hat, soll eine Anzeige gegen die Wiener FPÖ verfasst haben. In dieser geht es laut Berichten um mutmaßlichen Fördermissbrauch. Kickl hat Mutmaßungen, er habe von der Anzeige gewusst, stets zurückgewiesen. Jenewein ist inzwischen aus der Partei ausgetreten.

Russland: “Auch die andere Seite verstehen”

Was den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine betrifft, sprach sich der Chef der Freiheitlichen erneut für ein Ende der Sanktionen gegen Russland aus. Diese würden Europa in eine Wirtschaftskrise treiben. Es drohe ein Winter ohne Versorgungssicherheit – etwa bei Erdgas.

Auf die Frage, ob er glaube, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sofort mit uneingeschränkten Gaslieferungen reagieren werde, würde man Sanktionen aufheben, meinte Kickl: “Da wird man Gespräche führen müssen, um Gottes Willen.” Es sei “unglaublich viel Porzellan zerschlagen worden”.

Denn in Russland hingegen würden die Sanktionen nicht wie gewünscht wirken, zeigte sich Kickl überzeugt. Auf den Hinweis, dass dort die Wirtschaft deutlich eingebrochen sei, behauptete der Chef-Blaue: “In Moskau herrscht ein weitgehend normales Leben.” Er bat generell um eine differenzierte Betrachtung des Überfalls: “Man muss den Versuch machen, auch die andere Seite zu verstehen.”

Putinversteher-Modus

Denn es gebe eine “Vorgeschichte” des Konflikts, man müsse Verständnis für die “Sicherheitsinteressen” Russlands haben. Der FPÖ-Chef meldete Zweifel an einem Sieg der Ukraine an. “Denken Sie, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann?” Russland sei immerhin eine Supermacht mit Atomwaffen. Als Lösungsmöglichkeit sieht er etwa eine Zwei-Staaten-Lösung, wie Kickl erläuterte.

“Das ganze Klima ist ein Wandel”

Generell wünsche er sich, dass man aufhöre, Gas zu verteufeln, bat der FPÖ-Obmann. Er sei dafür, dass man in der Klimafrage mit “mehr Besonnenheit” agiere. Diese will Kickl auch nach einem Sommer mit Rekordtemperaturen, ausgetrockneten Seen und heftigen Unwettern behalten. In den letzten Jahren sei “Angst und Panik” verbreitet worden. Seine gewagte These: Ein kompletter Umstieg auf erneuerbare Energien hätte einen Zusammenbruch der österreichischen Industrie zur Folge, Energie würde zudem “unleistbar” werden.

Eine von Pötzelsberger vorgelegte Grafik, die die Häufung der Hitzetage seit dem Jahr 1950 und damit die steigende Erderwärmung zeigt, beeindruckte Kickl wenig, das ganze Klima sei schließlich “ein Wandel”.

Das ganze Sommergespräch können Sie hier nachsehen.

(mst/apa)

Titelbild: Screenshot/ORF TVthek

Autor

  • Markus Steurer

    Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.

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