Samstag, Dezember 7, 2024

Schulstart ohne Masken und PCR-Tests: Positive dürfen in Klassen

Positive dürfen in Klassen

Wenige Tage vor dem Schulstart sind die neuen Corona-Regelungen für den Bildungsbereich fix. Der ÖVP-Bildungsminister wälzt die Verantwortung auf die Einzelnen ab. 

Wien, 29. August 2022 | Heute, Montag, gab ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek in einer Pressekonferenz bekannt, welche Corona-Regeln für dieses Schuljahr gelten werden: Keine, wie es scheint. Zumindest gibt es von Seiten des Bundes für das Schuljahr 2022/23 keine verpflichtenden Tests mehr und keine FFP2-Maskenpflicht. Es ist nun schon das dritte Jahr in Folge, in dem das Bildungsministerium Eltern, Lehrende sowie Schüler erst wenige Tage vor dem Schulbeginn informiert, ob und welche Corona-Regeln im kommenden Schuljahr gelten werden.

Auch jener Vorschlag, der schon in den letzten Wochen für Aufregung sorgte, ist jetzt fix: Lehrende sowie Kinder und Jugendliche, die positiv auf Corona getestet wurden, sich aber gesund fühlen und keine Symptome haben, können mit Maske unterrichten und am Unterricht teilnehmen. Wer sich krank fühlt, soll zuhause bleiben. Man setzt also auf Eigenverantwortung.

Ausnahme: Kinder unter elf Jahren, keine Vorgabe für Risikogruppen

„Wir zwingen Menschen nicht, zuhause zu bleiben“, erklärte Polaschek bei der Pressekonferenz am Montag auf Nachfrage eines Journalisten, ob man denn nun positiv in die Schule kommen müsse.  „Wenn Sie sich gesund fühlen, dann müssen sie“, so Polaschek. Ob man sich gesund oder krank fühle, sei aber jedenfalls subjektiv.

Die Ausnahme des Bildungsministeriums: Infizierte Kinder unter elf Jahren haben ein Betretungsverbot für pädagogische Einrichtungen. Der Grund sei, dass jüngere Kinder nicht durchgehend FFP2-Maske tragen können.

Es sei außerdem den Lehrenden überlassen, wie diese mit jenen Kindern umgehen, die entweder selbst zu einer Risikogruppe gehören oder durch Angehörige Kontakt zu einer Risikogruppe haben. Ob die Lehrenden nun Live-Streams aus den Klassenzimmern oder Material zur Verfügung stellen, um diese Kinder in den Unterricht zu integrieren, müssen die Lehrenden individuell entscheiden.

Widerstand in einigen Bundesländern

Was Infizierte betrifft, die nun in die Schule kommen können, kann der Bund allerdings nur über den AHS- und BMHS-Bereich entscheiden. Einzelne Bundesländer, wie etwa Wien, Salzburg und das Burgenland, verlassen sich hier nicht auf Eigenverantwortung und haben eigene Regeln für die Pflichtschulen beschlossen. Dort dürfen positiv getestete Lehrende nicht unterrichten.

„Wenn Länder andere Regeln festlegen, ist das zu akzeptieren“, sagte der Bildungsminister in der Pressekonferenz. Er halte diese „Insellösungen aber nicht für zielführend“ und betonte wiederholt, dass er froh über die „einheitlichen und klaren“ Regelungen vom Bund sei, die es jetzt gebe.

Freiwillige-Tests zu Schulbeginn empfohlen

Dass das Schuljahr ohne PCR-Tests startet hat auch juristische Gründe: Die Ausschreibung des Bildungsministeriums von Mai war beeinsprucht worden. Bis das Bundesverwaltungsgericht entscheidet, wird es noch dauern. Vom Bildungsministerium heißt es dazu, dass Tests und Maskenpflicht im Variantenmanagementplan der Regierung in der aktuellen Phase der Pandemie sowieso nur anlassbezogen und befristet vorgesehen seien. So dürfen etwa Schulen selbst bis zu zwei Wochen Antigentests oder Masken vorsehen.

Zu Schulbeginn empfiehlt das Ministerium aber auf freiwilliger Basis die Durchführung von Tests: Wie schon im Vorjahr sollen die Schüler nach Möglichkeit am ersten Schultag bereits mit einem gültigen (PCR)-Test an die Schule kommen. Außerdem werden in der ersten Schulwoche am Montag, Dienstag und Mittwoch an allen Schulen Antigentests angeboten, die Schüler, Lehrer und Verwaltungspersonal nutzen können. Für die zweite Schulwoche bekommen die Schüler auf Wunsch drei Antigen-Schnelltests für die Verwendung daheim mit, um sich etwa Sonntagabend oder Montagfrüh zu testen.

Bei besonderer Risikolage können Schulen für maximal zwei Wochen Test- und Maskenpflicht bzw. zeitversetzten Unterrichtsbeginn anordnen, bei Zustimmung der Bildungsdirektion auch länger. Distance Learning kann nur mit Erlaubnis der Bildungsdirektion angeordnet werden.

Polaschek zu Gewerkschaft: “Aufgeregtheit, die ich nicht teile”

Zur Kritik der Lehrergewerkschaft meint Polaschek: Es habe von verschiedenen Seiten den Wunsch nach einheitlichen Regelungen gegeben, wenn Lehrende eine Sonderregelung für ihren Berufsstand wollen, dann gehe das nicht. Er sehe keinen Grund den Bildungsbereich und die darin Arbeitenden anders zu behandeln als andere Bereiche.

Von der Gewerkschaft geäußerte Bedenken, dass Eltern klagen könnten, wenn sich Kinder bei positiven Lehrenden anstecken sollten, tat Polaschek als unrealistisch ab. Das sei „typisch politisches Geplänkel, eine Aufgeregtheit“, die er nicht teile. Sein Schlusswort: „In den Schulen soll es nicht um Covid gehen, sondern um Bildung.“

Bundesjugendvertretung warnt: Pandemie noch nicht vorbei

Kritik kommt von der BJV. Derzeit wiege man sich zwar in Sicherheit, dies könne aber zur gefährlichen Retourkutsche werden, warnt Sabir Ansari, der Vorsitzende der Bundesjugendvertretung in einer Aussendung. Es sei vor allem wichtig, dass die Politik auf eine Änderung der Infektionslage vorbereitet ist. „Da es Verzögerungen bei den Ausschreibungen für PCR-Tests an Schulen gegeben hat, droht die Gefahr, dass die Regierung das Problem wieder einmal verschläft. Denn, wie eine breite Testung im Akutfall funktionieren soll, ist völlig unklar“, so Ansari.

BJV-Vorsitzende Sabrina Prochaska: „Kinder ab 11 Jahren hier in die völlige Eigenverantwortung zu entlassen, ist aus unserer Sicht fahrlässig und mit vielen Risiken verbunden. Wir erwarten uns, dass diese neuen Regeln gut evaluiert und bei Bedarf sofort abgeändert werden. Eine reine Durchseuchungsstrategie bei Kindern und Jugendlichen darf es nicht geben.“ Es sei wichtig Rahmenbedingungen zu schaffen, damit infizierte Kinder nicht in die Schulen gedrängt werden oder Eltern sich Betreuungsfreistellungen erst erkämpfen müssen.

(sm)

Titelbild: FLORIAN WIESER / APA / picturedesk.com

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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