Donnerstag, April 25, 2024

Bald auch in Österreich? – Italiens Energiekonzerne wehren sich gegen Übergewinnsteuern

Bald auch in Österreich?

Einige Energiekonzerne wollen in Italien die Übergewinne durch die hohen Preise nicht bezahlen. Die Kontroverse könnte bald in Österreich ankommen.

 

Rom, 31. August 2022 | In Italien ist Realität, was in Österreich immer öfter gefordert wird: Die sogenannte „Übergewinnsteuer“ auf Extragewinne von Energieunternehmen. Konkret soll der Gewinn höher versteuert werden, der nur aufgrund der hohen Energiepreise infolge des Kriegsausbruchs in der Ukraine lukriert werden konnte. In Italien rechnete Ex-Ministerpräsident Mario Draghi mit mehr als zehn Milliarden Euro aus der Gewinnabschöpfung. Gekommen ist es anders.

Unternehmen zahlen nicht

Wie Draghi dem „Corriere della Sera“ erklärt, liegt das Problem nicht bei der Einhebung der Steuern, sondern bei den Energieunternehmen. Denn diese wollten mehrheitlich bisher einfach nicht zahlen, ließen die Frist kommentarlos verstreichen. Draghi schmeckt das gar nicht: „Ich möchte, dass sie alles bezahlen: Es gibt Maßnahmen, die die Strafen für Zahlungsverpflichtungen drastisch erhöhen. Wenn es keine Reaktion gibt, sind wir bereit, andere Maßnahmen zu ergreifen”, so Draghi.

Die Abgabe soll in Italien vor allem dazu genutzt werden, private Haushalte und Firmen zu entlasten. „Wir fordern, dass diese Gelder unverzüglich an die Familien und Unternehmen direkt auf ihre Girokonten zurückerstattet werden”, so Angelo Bonelli, Co-Sprecher der Grünen Europa. Er hält es für möglich, dass die Zahlungsverweigerung einiger Unternehmen ein schweres Delikt sein könnte. Bonelli hat deshalb bereits eine Anzeige bei der römischen Staatsanwaltschaft eingebracht.

Österreich hinkt hinterher

Hierzulande fordert nur die SPÖ eine Gewinnabschöpfung der Krisengewinner. Nach dem sozialdemokratischen Modell sollen die ersten zehn Prozent der erhöhten Gewinne von der neuen Steuer unberührt bleiben. Für alles, was darüber hinausgeht müsse eine Abgabe gezahlt werden. Die SPÖ rechnet mit zusätzlichen vier bis sechs Milliarden Euro, die so in den Staatshaushalt fließen könnten.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) brachte die Sondersteuer auf Gewinne von Energiekonzernen vor einigen Wochen ins Spiel, verstummte danach jedoch. Seitdem ist von der ÖVP wenig zu dieser Option zu hören.

Experten unentschlossen

WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller empfiehlt auf ZackZack-Anfrage, von “Zufallsgewinnsteuern”, wie sie sie nennt, abzusehen. Denn es sei schwer, festzulegen, ab wann überhaupt ein „Übergewinn“ eintrete. Ein solcher muss klarerweise immer im Vergleich zu einem vergangenen Zeitraum stattfinden. Schratzenstaller empfiehlt, einen längeren Vergleichszeitraum in Betracht zu ziehen. Besser als die “Zufallsgewinnsteuer” sei eine Deckelung der Strompreisrechnungen, so Schratzenstaller. Erhöhte Gewinne stehen über gestiegene Steuereinnahmen ohnehin im Staatshaushalt zu Buche.

Anders sieht das AK-Steuerexperte Dominik Bernhofer. Er hält gegenüber ZackZack an einer Abschöpfung von „Übergewinnen“ fest. Aus anderen europäischen Ländern sei bisher keine Abwälzung auf die Kunden von Energieunternehmen bekannt. Im Bedarfsfall könnte der Gesetzgeber außerdem ein „Überwälzungsverbot mit entsprechenden Strafen“ einführen, sagt Bernhofer.

„Die Rekordteuerung wird im Wesentlichen durch den Energiesektor getrieben. Da liegt es nahe, den Energiesektor an den aus der Rekordinflation entstandenen volkswirtschaftlichen Kosten zu beteiligen. Würde man das nicht tun, würden die Anti-Teuerungsmaßnahmen im Effekt auf staatliche Gewinnsubventionen im Energiesektor hinauslaufen. Angesichts der Milliardenbeträge ein unhaltbarer Zustand“, so Bernhofer weiter. Die Liquidität bei Energiekonzernen sieht er angesichts der Wien Energie-Causa nicht bedroht. Zwar würden Landesversorger wie die Wien Energie keine Übergewinne machen. Das schließe jedoch nicht aus, „dass insbesondere Verbund, OMV und private Ökostromanbieter enorme Übergewinne machen werden.“

(dp)

Titelbild: MIGUEL MEDINA / AFP / picturedesk.com

 

DanielPilz
DanielPilz
Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.
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20 Kommentare

  1. Da haben wohl welche Angst das die 25 jährige Party vorbei ist, Zeit wirds das der Staat nicht nur fördert, sondern auch fordert.

  2. Ich möchte nicht für die Konzerne Partei nehmen, auch nicht für die Regeln eines oligopoliistischen und in dem Fall sogar Konzernen mit temporären lokalen Monopolen, aber lenkt das nicht von der Unsinnigkeit der gewaltsamen Durchsetzung einer Autarkie von russischem Gas innerhalb von 6 Monaten ab?
    Italien erzeugt mit 80% seinen Strom mit Gas, bzw verwendet zu 43% für den Gesamt-Energie-Input!!
    Wir in Ö habe “nur” einen Anteil von 23% von Gas am Gesamt-Energie-Input!
    Q: IEA
    Da kann ich nur sagen Hollodero hollodero! Und mit Nestroy schließen:
    “Die Welt (EU) steht nicht mehr lang, lang, lang!”

  3. “Hierzulande fordert nur die SPÖ eine Gewinnabschöpfung der Krisengewinner. ” Das ist definitiv falsch. Als erste politische Partei oder Bewegung hat das die MFG bereits vor einem halben Jahr gefordert. Oder ist diese Tatsache nicht genehm?
    MFG fordert auch – im Gegensatz zur SPÖ – eine Verstaatlichung oder Teilverstaatlichung der Energiekonzerne Österreichs.
    Auch die Forderung nach Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel kam zuerst von der MFG.

  4. Die Kontroverse könnte bald in Österreich ankommen: Energie, Rohstoffe, Wasser und Grundnahrung muss der Kapitalgesellschaft entrissen werden. Kein Platz für die Casino-Börse!

  5. In den USA wurde 1980 eine entsprechende Steuer auf Grund von plötzlichen Mehrgewinnen von Ölfirmen in Zusammenhang mit dem damaligen arabischen Ölembargo eingeführt und im Jahr 1988 wieder abgeschafft. In GB wurde 1997 eine windfall tax auf privatisierte Versorgungsunternehmen, die ein Monopol innehielten, erhoben, die einen Teil der als unverhältnismäßig hoch angesehenen Gewinne wieder abschöpfen sollte.

    So aussergewöhnlich ist eine derartige Steuer also nicht.
    Aber sie entspricht natürlich nicht der neoliberalen Maxime:
    Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen.

    https://www.hagerhard.at/echt-rot/2022/08/finde-den-fehler/

    • Das Problem in Österreich ist, das gerechtfertigte mangelnde Vertrauen der Bürger in die Pakttreue der Regierung. Wir haben die besondere KeSt mit 27,5% und die besondere Einkommensteuerstufe mit 55% auch nur vorübergehend für den Notfall bekommen – und haben sie heute noch. Wir haben die fast alle Asylanten immer noch, obwohl der Schutz nur auf begrenzte Dauer gelten sollte. Also haben wir gelernt, von vorneherein Nein zu sagen. Weil was man nicht zusagt, dem muss man dann auch nicht ewig hinterherlaufen und den Schaden tragen, um es wieder loszuwerden. Also werden wir einem “vorübergehenden” oder “einmaligen” Zugriff auf unser Eigentum aus genau diesen Gründen ganz sicher nicht zustimmen und dagegen lieber klagen, oder, wenn das Vertrauen in den Rechtsstaat auch schwindet, das Vermögen auslagern.

  6. Auch wir Bürger wehren uns und wollen uns immer noch mehr wehren
    Aber hilfts uns etwas?

    Bei diesen Unternehmen wird es wahrscheinlich anders sein?
    Wahrscheinlich haben sie ein gutes Lobbing zum EU Parlament und zur van der Layer?

    Wir Bürger müssen meist auch noch auf Almosen warten, diese Unternehmen können wohl sehr gut in gute Kontakte “investieren” – auch das ist ein enormer und feiner Unterschied

  7. Das Vertrauen der Investoren basiert auch dem Rechtsstaat. Bereits die staatlich verordnete Dividendenpolitik in der Corona-Krise hat mein Vertrauen darin erschüttert. Seither habe ich etwa die Hälfte meines Riskokapitals im Ausland investiert. Beim nächsten Zugriffsversuch sind es 100%.

    Die Gewinne werden mit der KöSt und mit der KeSt besteuert. Die öffentlche Hand ist grossteils an den in Frage kommenden Unternehmen selbst beteiligt. Was soll denn dann eine zusätzliche Besteuerung noch bringen, ausser politisches Kleingeld und einen nicht wieder gutzumachenden Vertrauensverlust? Wir haben Politiker, deren Fachkompetenz der Populismus ist.

    • Sympathien für (ökonomische) Blutsauger?
      Ich wünsche Ihnen 3 Monate NUR mit der Mindestsicherung auskommen zu müssen.
      Widerlich Ihr Weltbild!

      • Ich habe schon alles gehabt. Ich habe mir auch schon nicht die Butter auf dem Brot leisten können. Aber ich kann Ihnen eines versichern, mit viel Geld lebt es sich definitiv angenehmer. Aber das wichtigste am vielen Geld ist – die Freiheit Nein sagen zu können. Nicht springegn müssen wenn andere es wollen und die Freiheit, die eigene Meinung ohne Angst vor negativen Konsequenzen vertreten zu können. Und deswegen will ich mir mein Geld nicht unrechtmässig wegnehmen lassen.

        • Bei mir ähnlich. Ich bin in ganz armen Verhältnissen aufgewachsen, habe noch Hunger in Erinnerung. Mein Studium mit nächtlichem Taxifahren selbst finanziert. Immer selbständig gewesen, da ich keine Autoritäten akzeptieren kann. Damit zu bescheidenem Wohlstand gekommen, lange Jahre in mehrern Ländern gelebt. Hab damals mit wenig Geld ein kleines Haus in Brasilien, eines in Kuba gekauft, beides vermietet seit langem. Vor 5 Jahren eine kleine Farm mit Fruchtplantage in den Philippinen sehr billig gekauft, da im Kriegsgebiet gelegen. Kann jederzeit dorthin und unabhängig und frei leben. Mit einem gewissen Risiko halt.
          Dann noch mit etwas Kapital – ich geb es zu – in Rohstoffe, Öl und Gas investiert, mit den abgeschöpften Kursgewinnen, die ich selber nicht brauche, unterstütze ich arme Familien auf den Philippinen. Schicke deren Kinder in die Schule und zahle das Schulgeld. Eine Freundin von mir macht es auch so, aber in Kenia.
          Sicher kann man so ein Investment kritisieren, aber es hilft nicht nur mir, sondern auch anderen.

          • @den Wahrheitsuchenden vulgo dieWahrheitistvielmehr…
            @LuisTrenker

            Na, jetzt wird ja Vieles klarer (endlich). Vor allem Ihre stets verlässlich souverän analytisch argumentierten Postings hier – erhaben über jegliche persönlichen Übergriffigkeiten – die gewiss ein kongruentes, lebenserfahren empathisches Abbild ihrer self-made-man-history / -heritage abgeben… Ich bin ein wenig stolz, mich mitten unter solchen authentischen Exzellenzen wähnen zu dürfen, die uns selbstlos mit deren fundierten Expertisen zum breiten Themenbogen, ja, man muss es so formulieren, hilfreich unterstützen. Auch Hr. Dr. Brunner wird sich letztlich froh und glücklich schätzen dürfen, Kapazunder Ihres würdigen, unabhängig liberalen Formates unter seinen Unterstützer:innen zu wissen. Wer, wenn nicht gerade Sie beide, weiss schließlich, wie es im Leben tatsächlich zu geschehen hat! Danke für Ihr mutiges Outing zur materiell saturierten Lebenssituation, war es doch gewiss nicht leicht für Sie beide, da über Ihren (glaubwürdigen) Schatten zu springen, um uns gemeinsam die Situation hier zu erhellen…

          • Ja, blöd. Es ist halt so hier, dass eine bestimmte Gruppe in seltener Einigkeit sofort reflexartig aufs Fähnchen drückt, wenn eine Meinung nicht genehm ist. Ansonsten, falls du gerne mehr wüsstest, einfach in anständiger Form fragen, dann wird sicher das meiste beantwortet. Wie man in den Wald ruft, kommt es zurück.

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