Samstag, Juli 27, 2024

Bald auch in Österreich? – Italiens Energiekonzerne wehren sich gegen Übergewinnsteuern

Bald auch in Österreich?

Einige Energiekonzerne wollen in Italien die Übergewinne durch die hohen Preise nicht bezahlen. Die Kontroverse könnte bald in Österreich ankommen.

 

Rom, 31. August 2022 | In Italien ist Realität, was in Österreich immer öfter gefordert wird: Die sogenannte „Übergewinnsteuer“ auf Extragewinne von Energieunternehmen. Konkret soll der Gewinn höher versteuert werden, der nur aufgrund der hohen Energiepreise infolge des Kriegsausbruchs in der Ukraine lukriert werden konnte. In Italien rechnete Ex-Ministerpräsident Mario Draghi mit mehr als zehn Milliarden Euro aus der Gewinnabschöpfung. Gekommen ist es anders.

Unternehmen zahlen nicht

Wie Draghi dem „Corriere della Sera“ erklärt, liegt das Problem nicht bei der Einhebung der Steuern, sondern bei den Energieunternehmen. Denn diese wollten mehrheitlich bisher einfach nicht zahlen, ließen die Frist kommentarlos verstreichen. Draghi schmeckt das gar nicht: „Ich möchte, dass sie alles bezahlen: Es gibt Maßnahmen, die die Strafen für Zahlungsverpflichtungen drastisch erhöhen. Wenn es keine Reaktion gibt, sind wir bereit, andere Maßnahmen zu ergreifen”, so Draghi.

Die Abgabe soll in Italien vor allem dazu genutzt werden, private Haushalte und Firmen zu entlasten. „Wir fordern, dass diese Gelder unverzüglich an die Familien und Unternehmen direkt auf ihre Girokonten zurückerstattet werden”, so Angelo Bonelli, Co-Sprecher der Grünen Europa. Er hält es für möglich, dass die Zahlungsverweigerung einiger Unternehmen ein schweres Delikt sein könnte. Bonelli hat deshalb bereits eine Anzeige bei der römischen Staatsanwaltschaft eingebracht.

Österreich hinkt hinterher

Hierzulande fordert nur die SPÖ eine Gewinnabschöpfung der Krisengewinner. Nach dem sozialdemokratischen Modell sollen die ersten zehn Prozent der erhöhten Gewinne von der neuen Steuer unberührt bleiben. Für alles, was darüber hinausgeht müsse eine Abgabe gezahlt werden. Die SPÖ rechnet mit zusätzlichen vier bis sechs Milliarden Euro, die so in den Staatshaushalt fließen könnten.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) brachte die Sondersteuer auf Gewinne von Energiekonzernen vor einigen Wochen ins Spiel, verstummte danach jedoch. Seitdem ist von der ÖVP wenig zu dieser Option zu hören.

Experten unentschlossen

WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller empfiehlt auf ZackZack-Anfrage, von “Zufallsgewinnsteuern”, wie sie sie nennt, abzusehen. Denn es sei schwer, festzulegen, ab wann überhaupt ein „Übergewinn“ eintrete. Ein solcher muss klarerweise immer im Vergleich zu einem vergangenen Zeitraum stattfinden. Schratzenstaller empfiehlt, einen längeren Vergleichszeitraum in Betracht zu ziehen. Besser als die “Zufallsgewinnsteuer” sei eine Deckelung der Strompreisrechnungen, so Schratzenstaller. Erhöhte Gewinne stehen über gestiegene Steuereinnahmen ohnehin im Staatshaushalt zu Buche.

Anders sieht das AK-Steuerexperte Dominik Bernhofer. Er hält gegenüber ZackZack an einer Abschöpfung von „Übergewinnen“ fest. Aus anderen europäischen Ländern sei bisher keine Abwälzung auf die Kunden von Energieunternehmen bekannt. Im Bedarfsfall könnte der Gesetzgeber außerdem ein „Überwälzungsverbot mit entsprechenden Strafen“ einführen, sagt Bernhofer.

„Die Rekordteuerung wird im Wesentlichen durch den Energiesektor getrieben. Da liegt es nahe, den Energiesektor an den aus der Rekordinflation entstandenen volkswirtschaftlichen Kosten zu beteiligen. Würde man das nicht tun, würden die Anti-Teuerungsmaßnahmen im Effekt auf staatliche Gewinnsubventionen im Energiesektor hinauslaufen. Angesichts der Milliardenbeträge ein unhaltbarer Zustand“, so Bernhofer weiter. Die Liquidität bei Energiekonzernen sieht er angesichts der Wien Energie-Causa nicht bedroht. Zwar würden Landesversorger wie die Wien Energie keine Übergewinne machen. Das schließe jedoch nicht aus, „dass insbesondere Verbund, OMV und private Ökostromanbieter enorme Übergewinne machen werden.“

(dp)

Titelbild: MIGUEL MEDINA / AFP / picturedesk.com

 

Autor

  • DanielPilz

    Taucht gern tiefer in komplexe Themengebiete ein. Lebt trotz Philosophiestudiums nicht im Elfenbeinturm und verpasst fast kein Fußballspiel.

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