Nach Vorwürfen:
Die Vorwürfe, die junge rumänische Laiendarsteller und ihre Familien gegen den österreichischen Filmemacher erheben, wiegen schwer. Jetzt wird das Toronto International Film Festival (TIFF), wo “Sparta” am Freitag Weltpremiere gefeiert hätte, den Film doch nicht zeigen.
Toronto/Wien, 09. September 2022 | Am 2. September ließ der deutsche “Spiegel” die Bombe platzen. Nur wenige Tage vor der Weltpremiere in Toronto veröffentlichte das Nachrichtenmagazin eine Recherche über die Dreharbeiten von Ulrich Seidls neuestem Streifen “Sparta”. In dem Bericht werden sowohl Mitarbeiter des österreichischen Regisseurs als auch die Familien der jungen rumänischen Laiendarsteller – allesamt anonym – zitiert.
Kinder mussten laut Bericht unangenehme Szenen drehen
Die Vorwürfe, die sie gegen Seidl erheben, der in “Sparta” das Thema Pädophilie behandelt, haben es in sich. So sei man im Vorfeld nicht über die Thematik aufgeklärt worden, Eltern sei der Zutritt zum Set verweigert worden. Kinder hätten mit erwachsenen Darstellern ihnen unangenehme Szene drehen müssen.
Zudem seien in Rumänien vorgeschriebene Auflagen zum Dreh mit Kindern wie etwa die Zustimmung von Kinderärzten und Psychologen nicht eingehalten worden. Ein Vater sagte laut “Spiegel”: “Ich glaube, sie haben uns betrogen, weil wir arm sind.”
Festival zeigt Film nicht
Die “Spiegel”-Recherchen haben nun schwerwiegende Folgen für Seidl und seinen Film. Eigentlich hätte “Sparta” am heutigen Freitag auf dem 47. Toronto International Film Festival (TIFF) Weltpremiere feiern sollen. Nun wird das Werk aber doch nicht in Kanada zu sehen sein. Das Festival hat die Premiere gestrichen.
“Das TIFF wird ‘Sparta’ unter der Regie von Ulrich Seidl nicht länger zeigen”, teilte das Filmfestival in einem knappen Statement mit, das der APA vorliegt: “Alle öffentlichen und die professionellen Screenings wurden gestrichen.”
Der 69-jährige Kultregisseur selbst hat die Vorwürfe aufs Schärfste zurückgewiesen und seinerseits rechtliche Schritte angekündigt. Laut Medienberichten sollen in Rumänien bereits eingestellte Ermittlungen nun wieder aufgenommen worden sein.
“Sparta” könnte bei anderem Festival Premiere feiern
Unklar ist nun einstweilen, ob “Sparta” dennoch wie geplant kommende Woche beim Filmfestival von San Sebastián zu sehen sein wird, wo das Geschwisterwerk zu Seidls vergangenem Film “Rimini” in den Wettbewerb berufen wurde. Gegenüber der APA hatte das am 16. September beginnende Festival erst am Dienstag betont, an der Vorführung festhalten zu wollen. “Wenn jemand Beweise für ein Verbrechen hat, sollte er dies der Justiz melden. Nur ein Gerichtsbeschluss könnte dazu führen, dass wir eine geplante Vorführung aussetzen”, antwortete die Festivalleitung auf Anfrage der APA.
(apa/red)
Titelbild: HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com