Sonntag, Mai 5, 2024

Nach Vorwürfen: Festival streicht Premiere von Ulrich Seidls »Sparta«

Nach Vorwürfen:

Die Vorwürfe, die junge rumänische Laiendarsteller und ihre Familien gegen den österreichischen Filmemacher erheben, wiegen schwer. Jetzt wird das Toronto International Film Festival (TIFF), wo “Sparta” am Freitag Weltpremiere gefeiert hätte, den Film doch nicht zeigen.

Toronto/Wien, 09. September 2022 | Am 2. September ließ der deutsche “Spiegel” die Bombe platzen. Nur wenige Tage vor der Weltpremiere in Toronto veröffentlichte das Nachrichtenmagazin eine Recherche über die Dreharbeiten von Ulrich Seidls neuestem Streifen “Sparta”. In dem Bericht werden sowohl Mitarbeiter des österreichischen Regisseurs als auch die Familien der jungen rumänischen Laiendarsteller – allesamt anonym – zitiert.

Kinder mussten laut Bericht unangenehme Szenen drehen

Die Vorwürfe, die sie gegen Seidl erheben, der in “Sparta” das Thema Pädophilie behandelt, haben es in sich. So sei man im Vorfeld nicht über die Thematik aufgeklärt worden, Eltern sei der Zutritt zum Set verweigert worden. Kinder hätten mit erwachsenen Darstellern ihnen unangenehme Szene drehen müssen.

Zudem seien in Rumänien vorgeschriebene Auflagen zum Dreh mit Kindern wie etwa die Zustimmung von Kinderärzten und Psychologen nicht eingehalten worden. Ein Vater sagte laut “Spiegel”: “Ich glaube, sie haben uns betrogen, weil wir arm sind.”

Festival zeigt Film nicht

Die “Spiegel”-Recherchen haben nun schwerwiegende Folgen für Seidl und seinen Film. Eigentlich hätte “Sparta” am heutigen Freitag auf dem 47. Toronto International Film Festival (TIFF) Weltpremiere feiern sollen. Nun wird das Werk aber doch nicht in Kanada zu sehen sein. Das Festival hat die Premiere gestrichen.

“Das TIFF wird ‘Sparta’ unter der Regie von Ulrich Seidl nicht länger zeigen”, teilte das Filmfestival in einem knappen Statement mit, das der APA vorliegt: “Alle öffentlichen und die professionellen Screenings wurden gestrichen.”

Der 69-jährige Kultregisseur selbst hat die Vorwürfe aufs Schärfste zurückgewiesen und seinerseits rechtliche Schritte angekündigt. Laut Medienberichten sollen in Rumänien bereits eingestellte Ermittlungen nun wieder aufgenommen worden sein.

“Sparta” könnte bei anderem Festival Premiere feiern

Unklar ist nun einstweilen, ob “Sparta” dennoch wie geplant kommende Woche beim Filmfestival von San Sebastián zu sehen sein wird, wo das Geschwisterwerk zu Seidls vergangenem Film “Rimini” in den Wettbewerb berufen wurde. Gegenüber der APA hatte das am 16. September beginnende Festival erst am Dienstag betont, an der Vorführung festhalten zu wollen. “Wenn jemand Beweise für ein Verbrechen hat, sollte er dies der Justiz melden. Nur ein Gerichtsbeschluss könnte dazu führen, dass wir eine geplante Vorführung aussetzen”, antwortete die Festivalleitung auf Anfrage der APA.

(apa/red)

Titelbild: HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

Markus Steurer
Markus Steurer
Hat eine Leidenschaft für Reportagen. Mit der Kamera ist er meistens dort, wo die spannendsten Geschichten geschrieben werden – draußen bei den Menschen.
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8 Kommentare

  1. In Zeiten wo es sogar Winnetou ans Leder geht, kein Wunder. Was hätten sie erst mit Pasolini gemacht. Also, es ist wieder soweit. Alles wieder in den Untergrund….

    • Das mit Winnetou war ein Fake zur Förderung der Verkaufszahlen, soviel ich mitbekommen habe.

      • Habe ich nicht gelesen, aber danke, für die Info.

        In Zeiten wo sogar Operntexte umgeschrieben werden müssen, wie z.b. im Lohengrin, wo man nicht mehr singen darf, der Führer von Brabant, ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis man bald, z.b. den Führerschein umbenennen muß.

        Politisch korrekt ist ja gut und schön, aber absolut ohne Sinn und Verstand zu sein, wie Kinderlieder, Kinderbücher, Operntextzeilen, Filme usw. entweder umzuschreiben oder umzubenennen oder total verbannen ist mir einfach zuviel.

        Wenn es so weiter geht, dann gute Nacht, dann wird es bald keine Opern mehr geben, denn wo ein Krieg vor kommt, darf man im Moment erst gar nicht aufführen, wie z.b. die Regimentstochter, das ist einfach zuviel. Tut mir leid, aber nicht ein Operntext oder eine Apotheke die Mohrenapotheke heisst umzubenennen, mag ja für viele super sein, ich denke mir, nicht das macht uns zu “bösen” Menschen, es ist das, was wir tun, wie wir leben und wie wir mit unseren Mitmenschen, egal woher sie kommen, egal welche Farbe sie haben aus.
        Wie man denkt, wie man handelt ist wichtig, aber nicht solche Schwachsinnigen Sachen, die im Moment los ist.

        Wenn eine deutsche Frisörin Morddrohungen bekommt, weil sie Rastalocken in ihrem Geschäft macht, dann läuft irgendwas schief, vor lauter Gut……… weil wenn man schon soweit ist, dann bitte auch keine ….. in Lederhosen, oder keine……mif Tirolerhut.

        Man kann alles übertreiben und die Welt wird durch so schwachsinnigen Sachen, die da im Moment laufen,keinen Funken besser, leider, es bedient nur einen Teil so mancher Menschen, die sich aufregen aber in Wirklichkeit gar nicht so schöne Dinge tun, machen und denken.

  2. So etwas nenne ich Vorverurteilung. Dass die Eltern nicht aufgeklärt wurden, worum es in dem Film geht glaube ich nicht. Der Aussage: “Wir wurden betrogen weil wir arm sind…” kann ich auch nichts abgewinnen. Vermutlich war es eher so: “Wir haben zugestimmt weil wir arm sind..

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