Freitag, Dezember 13, 2024

»ZiB2« für die Geschichtsbücher: Wolf zerlegt den »Krone«-Kandidaten

»ZiB2« für die Geschichtsbücher:

Am Montagabend war die Schöpfung der “Krone” und Hofburg-Kandidat Tassilo Wallentin in der „ZiB2“ zu Gast. Es kam zu einem der hitzigsten „ZiB2“-Abende der vergangenen Jahre: wilde Streits, “ferngesteuerte Konsum-Trottel” und „falsche Fakten“.

 

Wien, 20. September 2022 | Als dritter der sieben Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl wagte sich Tassilo Wallentin (parteilos) zu Armin Wolf ins „Zeit im Bild 2“- Studio. Es sollte das bislang hitzigste Aufeinandertreffen des Journalisten mit einem Kandidaten für die bevorstehende Bundespräsidentenwahl werden.

“Wo sind Sie unabhängig?”

Rechtsanwalt, “Krone”-Kolumnist und Autor Wallentin musste gleich einmal bei der Einstiegsfrage seine Kandidatur rechtfertigen. Wolf wollte wissen, ob es sich nicht nur um eine „billige Werbekampagne“ für sein neues Buch oder um eine Rache-Aktion gegen Amtsinhaber Alexander Van der Bellen handle. Von der ehemaligen Türkis-Blauen Regierung hätte Wallentin zum Verfassungsrichter bestellt werden sollen, Van der Bellen winkte ab. Beides verneinte der Kandidat. Er kandidiere, weil er ein Gegengewicht zur Regierung sein wolle.

Wallentin betonte dabei immer wieder seine Unabhängigkeit. Ebenjene stellte Wolf infrage. Wallentin hat eine wichtige Verfassungsklage für die FPÖ gemacht, er schreibt für die größte Tageszeitung Österreichs und war bei der zweitgrößten im Vorstand der Privatstiftung der Eigentümerin, zählte Wolf auf. Zudem wird er finanziell von Milliardär Frank Stronach unterstützt. „Wo sind Sie unabhängig?“, fragte der Anchorman plakativ. Wallentin sieht darin kein Problem. Die Unterstützung Stronachs sei ein „sehr geringer Betrag“. Zur Erinnerung: Für ein doppelseitiges Inserat in der “Kronen Zeitung” samt herausnehmbarer Unterstützungserklärung hat Stronach 110.000 Euro springen lassen. Am vergangenen Wochenende ist ein unkritisches Porträt über Wallentins Buch in der größten Zeitung Österreichs erschienen. Diese Art der Berichterstattung habe kein anderer Kandidat in der “Kronen Zeitung”, so Wolf. Wallentin sieht hingegen in der “Krone” keine größere Unterstützung für sich als für andere Kandidaten.

Wallentins düstere Welt

Die Stimmung zwischen Wolf und Wallentin heizte sich merklich auf. Wallentin wollte länger darauf eingehen, wieso er für Heinz-Christian Strache eine Verfassungsklage gegen den ESM-Rettungsschirm (Europäischer Stabilitätsmechanismus, Anm.) eingebracht hatte. Wolf wollte die ausschweifenden Erläuterungen des Kandidaten allerdings unterbinden, inhaltlich würde dies den Rahmen sprengen. Wallentin eher unterkühlt: „Dann erwähnen Sie es bitte nicht.“

Richtig in die Mangel kam Wallentin, als Wolf seine Kolumnen und Bücher sezierte. Wallentin würde in seinen Texten ein äußerst düsteres Bild von Österreich zeichnen, befand Wolf und zählte gleich wörtliche Zitate auf: „Österreich sei auf dem Weg zu einem Dritte-Welt-Staat“, „Wir verarmen kollektiv“ und „Aus dem freien Bürger wird ein ferngesteuerter Konsum-Trottel, das ist keine Fantasie, das ist Realität“. Wolf fragte ungläubig: „Glauben Sie das wirklich alles?“

Wallentin berief sich auf den Chef des Wirtschaftsinstitutes und meinte, dieser habe selbst vom Ende der Markwirtschaft gesprochen. Wolf sprang ein: „Das hat er nicht gesagt.“ Wallentin beharrte auf seiner Behauptung, Wolf blieb ebenfalls bei seinem Punkt. Die darauffolgenden Minuten wurden allerdings zum Schwimmkurs für Wallentin. Denn Wolf, der acht Bücher des Kandidaten als Vorbereitung gelesen hatte, konfrontierte Wallentin mit Fakten, die die Behauptungen des Kandidaten in seinen Werken gehörig auseinandernahmen.

“Falsche Fakten und Unwahrheiten”

Wallentin hatte in einer Kolumne etwa behauptet, dass der Internationale Währungsfonds die Abschaffung des Bargelds fordere. „Das stimmt nicht“, so Wolf. Auch zitiere Wallentin regelmäßig ein völlig frei erfundenes Roosevelt-Zitat.

Wallentins Rechtfertigungen gingen dabei ins Leere: „Das sagen Sie alles“ oder „Herr Wolf, Sie werfen mir jetzt 20 Sachen vor.“ Wolf konterte: „Ich könnte noch Hunderte andere vorwerfen.“ Doch dem nicht genug, Wolf legte nach: Sie kritisieren ständig in Ihren Kolumnen, dass Politiker lügen würden, aber ihre Kolumnen sind voller falscher Fakten und Unwahrheiten. Wie passt das zusammen?“ Wallentin erbost: „Das stimmt überhaupt nicht“. Wolf drehte nun allerdings auf: „Ich kann ihnen Dutzende nachweisen.“ Der Hofburg-Kandidat kanzelte Wolfs Argumente als dessen „Meinung“ ab. Wolf hingegen: „Das ist keine Meinung, das sind Fakten.“ Wallentin behauptete daraufhin, er könne jedes Faktum in seinen Kolumnen nachweisen – ein Fehler, wie sich wenige Sekunden später herausstellen sollte.

Wolf beißt zu

Denn Wolf bezog sich auf eine Kolumne Wallentins, in der dieser behauptete, der Großteil der Mindestsicherungsbezieher seien Asylwerber. Der Krone-Kolumnist gab sich sicher, das stimme, das könne Wolf in der Statistik Austria nachlesen. Wolf allerdings trocken: „Asylwerber haben keinen Anspruch auf Mindestsicherung.“ Sichtlich ertappt versuchte Wallentin seine Kolumne zu verteidigen. Wolf kam ihm etwas zur Hilfe: „Sie meinen Asylberechtigte, aber Asylwerber haben keinen Anspruch.“ Wallentin winkte ab: „Wie auch immer. Es ist jedenfalls richtig, was ich geschrieben habe.“ Wolf schloss die Frage-Rubrik trocken: „Es ist falsch.“

Attacke gegen ORF-Stiftungsrat

Noch einmal hitzig wurde es, als Wallentin den ORF-Stiftungsratsvorsitzenden Lothar Lockl attackierte, der auch Ex-Wahlkampfmanager von Van der Bellen ist. Lockl hat ein Kind mit ORF-Moderatorin Claudia Reiterer. Wallentin monierte, dass Reiterer die „Im Zentrum“-Runde zur Bundespräsidentenwahl moderiert hatte und forderte strengere ORF-Compliance-Vorschriften. Wolf hatte vermutet, dass Wallentin darauf zu sprechen kommen würde, und erwiderte kühl: “Dass Herr Lockl und Reiterer lange getrennt sind, wissen Sie mutmaßlich. Dass Herr Lockl keinen Einfluss auf die Berichterstattung hat, wissen Sie mutmaßlich auch. Was das alles mit dem Bundespräsidenten zu tun hat, weiß ich nicht.“ Wallentin beharrte. Wolf erneut trocken: “Gut, interessanterweise steht das in der Verfassung nicht als Kompetenz des Bundespräsidenten.“

Seine Chancen, Bundespräsident zu werden, sieht Tassilo Wallentin übrigens als sehr groß an.

Das gesamte Interview finden Sie hier.

(bf)

Titelbild: ORF / Screenshot ZackZack

Autor

  • Benedikt Faast

    Redakteur für Innenpolitik. Verfolgt so gut wie jedes Interview in der österreichischen Politlandschaft.

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