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Rechtsruck in Italien: Warum Europas Populisten jubeln

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Nach dem Sieg der Postfaschistin Giorgia Meloni bei den italienischen Parlamentswahlen herrscht Euphorie bei Europas Rechtsparteien. Das Auschwitz Komitee zeigt sich besorgt. 

Rom, 26. September 2022 | Die 45-jährige Rechtsaußen-Politikerin Giorgia Meloni wird allem Anschein nach mit der Regierungsbildung in Italien beauftragt und damit die erste Ministerpräsidentin Italiens werden. Aus den Parlamentswahlen am Sonntag ging ihre postfaschistische Partei Fratelli d’Italia mit den meisten Stimmen als Siegerin hervor. Die von ihr angestrebte Allianz, zu der auch die rechte Lega von Matteo Salvini und die Mitte-Rechts-Partei Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi gehören, kommt auf 41,1 Prozent der Stimmen.

Niedrige Wahlbeteiligung

Im italienischen Wahlsystem, einer Mischung aus Mehrheits-und Verhältniswahlrecht, reicht das aus, um die Stimmenmehrheit in Abgeordnetenkammer und Senat zu haben. Insgesamt lag die Wahlbeteiligung mit 64 Prozent auf einem historischen Tiefstand.

Meloni sprach von einer “Nacht des Stolzes” und einer “Nacht der Erlösung”. Die Sozialdemokraten gestanden ihre Niederlage ein, der Partito Democratico wolle in die Opposition gehen, sagte die Fraktionschefin der Partei im Abgeordnetenhaus Debora Serracchiani.

Europas Rechte Parteien jubilieren

Rechtspopulisten in ganz Europa feiern den Wahlsieg des Rechtslagers in Italien. Jubel-Gratulationen kamen bereits am Wahlabend von der französischen Rassemblement National von Marine Le Pen, von der polnischen Regierungspartei PiS, der spanischen Vox und der deutschen AfD. Glückwünsche schickte auch Balazs Orbán, dem politischem Berater des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán, sowie der polnische Premier Mateusz Morawiecki.

Auch die FPÖ begrüßte Montagfrüh das Wahlergebnis. “Italiener holen sich ihr Land zurück. Bravissimo”, erklärte der freiheitliche FPÖ-Europaabgeordneter Harald Vilimsky auf Twitter. Die FPÖ freue sich über diese “klare Absage” an das “EU-Establishment”, wie sie in einer Presseaussendung am Montag verkündete.

Auschwitz Komitee: “Schockierend und traurig”

Das Internationale Auschwitz Komitee dagegen zeigte sich besorgt. Der Wahlsieg der postfaschistischen Partei Fratelli d ́Italia sei ein “schockierender und trauriger Vorgang”, erklärte Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, am Montag in einer Aussendung. “Dass die Bürgerinnen und Bürger in Italien Versprechungen rechtsextremer Populisten Glauben schenken und Mussolinis selbsternannte Erben an den Tisch der Republik bitten, ist auch ein alarmierendes Zeichen dafür, dass die europäische Idee zunehmend unter Druck gerät”, so Heubner.

SPÖ im EU-Parlament: “Pro-europäische Mehrheit in Gefahr”

Auch der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder, kommentiert das vorläufige Wahlergebnis in einer Aussendung negativ: Eine Regierung unter Giorgia Meloni werde auch die Handlungsfähigkeit der EU einschränken. “Meloni macht kein Geheimnis daraus, dass sie sich einen stärkeren nationalen Fokus und eine Abkehr von einer engen europäischen Zusammenarbeit wünscht – Orbán hat jetzt eine weitere Verbündete in der EU! Insbesondere nach den Wahlen in Schweden, die eine populistisch geführte Regierung hervorgebracht haben, ist eine pro-europäische Mehrheit im Rat in Gefahr.“

Nie vom Faschismus losgesagt

Trotz EU-Kritik gilt Meloni als pro-westlich, sie betonte auch wiederholt ihre pro-ukrainische Position, wenn es um den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine geht. Laut Kritikern sei Melonis Partei eine der Nachfolgeparteien der von alten Faschisten nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Partei Movimento Sociale Italiano (MSI), und sie habe sich nie klar vom Faschismus losgesagt.

Auch wenn sich Meloni inzwischen von eigenen früheren Aussagen distanzierte, wonach Mussolini ein großer Mann gewesen sei, fehle nach wie vor eine klare Abgrenzung vom Faschismus. Meloni hielt auch trotz massiver Kritik an der “fiamma tricolore” in ihrem Parteilogo fest. Es ist die Flamme in den italienischen Nationalfarben, das Symbol der MSI.

Sonst gab sich Meloni im Wahlkampf betont moderat und bemühte sich besonders, auch Sorgen im Ausland vor einem Rechtsruck zu zerstreuen. Vertreter ihrer Partei fielen immer wieder mit rechtsextremen Ausfällen auf.

(sm/apa)

Titelbild: ANDREAS SOLARO / AFP / picturedesk.com

Autor

  • Stefanie Marek

    Redakteurin für Chronik und Leben. Kulturaffin und geschichtenverliebt. Spricht für ZackZack mit spannenden Menschen und berichtet am liebsten aus Gerichtssälen.

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