Dienstag, April 30, 2024

Kommentar: Namenlose Tiroler Frauen

Die ÖVP in Tirol will zwar schwarz sein, aber ihre Kommunikation ist tief türkis. Das offizielle Pressebild der Volkspartei zu den laufenden Koalitionsverhandlungen strapaziert die Nerven des „Tirol-Experten“ auf ZackZack. 

Der Tirol-Experte

Innsbruck, 13. Oktober 2022 | Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Das ist das Bild, das von ÖVP und SPÖ in Tirol zu den Koalitionsverhandlungen ausgeschickt wurde. Es ist das einzige Verhandlungsbild. Für alle Medien geht die Tür zum Büro des Landesrats Mattle zu, wenn in den letzten Wochen seine Verhandlungsgegenüber aller Landtagsfraktionen auftauchten.

Gespräche nur für genehme Medien

Die Tiroler ÖVP will zwar schwarz sein, aber ihre Kommunikation ist tief türkis. Wochenlang gab es vom Landeshauptmannkandidaten Mattle keine Interviews, nur Statements. Kenner und Kennerinnen der Tiroler Medienszene kennen das. Am Höhepunkt der von Ischgl in Tirol ausgehenden Corona-Krise durften ausländische Medien bei Pressekonferenzen selbst keine Fragen mehr stellen.

Und es war auch unter Landeshauptmann Platter üblich, neben nichtssagenden öffentlichen und für alle Medien zugänglichen Pressekonferenzen – für die der ÖVP wirklich wichtigen Themen geladene Hintergrundgespräche – ohne die als kritisch bekannten Medien im Landeshauptmannbüro durchzuführen, statt im extra für über eine Million Euro neu ausgestatteten Medienraum.

Woher rührt die Geheimnistuerei?

Mattles erstes Interview mit Fragen gab es dann in „Tirol heute“. Kritische Fragen an die ÖVP gibt es am Innsbrucker Rennweg nie. Aber was haben die zu verstecken, fragen sich die interessierte Leserin und der Leser? Warum die Geheimnistuerei, warum das Schneiden der Öffentlichkeit, warum die Angst vor kritischen Fragen?

Nun, die ÖVP hat einiges zu verstecken und das Verhandlungsbild, zwei in die Unterhaltung vertiefte Männer, flankiert von zwei zuhörenden Damen, erzählt viele Geschichten.

1. Die ÖVP wird jenen zweithöchsten Politiker des Landes, der eine Flussexpertin vor laufender Kamera und ohne Widerspruch der Grünen-Politikerin Ingrid Felipe als „widerwärtiges Luder“ bezeichnet hat, auch weiter in einer hohen Funktion halten.

Sollte der sexistisch agierende Josef Geisler nicht erster Stellvertreter des Landeshauptmanns bleiben, ist er als Präsident des Tiroler Landtags, als Hüter der demokratischen Spielregeln, im Gespräch. Ein guter Grund, zum Schein zwei Frauen neben die beiden Parteichefs zu setzen.

2. Das 50/50 in der Tiroler Landesregierung, für das sich ÖVP und Grüne lobten, kam nur dank zweier grüner Frauen in der Regierung zustande. Die ÖVP hatte vier Männer und zwei Frauen in der Regierung und auch dieses Mal wird es keine 50 Prozent ÖVP-Frauen in der Regierung geben. Ganz zu schweigen von der Partei selbst: Im neu gewählten Landtag sind drei von 14 ÖVP-Abgeordnete Frauen, das entspricht einem Frauenanteil von 21 Prozent. Ein guter Grund, zumindest am einzig vorhandenen Foto der Verhandlungen zum Schein Halbe-Halbe abzubilden.

3. Die neue Tiroler Landesregierung wird in den wesentlichen frauenpolitischen Fragen keinen Millimeter vorwärts kommen, weil die ÖVP das alles blockiert. Weder ist eine Quote im öffentlichen Dienst vorgesehen, obwohl mehr als vier von fünf Führungsfunktionen der Tiroler Landesverwaltung (83 Prozent) mit Männern besetzt sind. Noch wird die mittelalterliche Nicht-Zuständigkeit der mit hunderten Millionen öffentlicher Gelder gefütterten Tiroler Krankenhäuser für schwangere Frauen auf der Suche nach einem leistbaren und sicheren Schwangerschaftsabbruch, beendet werden.

Bei der von Mattle angekündigten Ausweitung der Kinderbetreuung, die vor allem eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen bieten soll, liegt der mächtige ÖVP-Gemeindeverband quer und wird eine Umsetzung am St.Nimmerleinstag erzwingen, die Mattle zwar als Landeshauptmann in sein Regierungsprogramm schreiben kann. Für die Umsetzung wird frühestens der nächste Landeshauptmann (wohl eher keine Landeshauptfrau) ein Bandl durchschneiden und ein paar Pädagogenhände schütteln. Frauenpolitik Fehlanzeige? Ein guter Grund, zum Schein zwei Frauen zu den beiden verhandelnden Männer dazuzusetzen.

4. Und jetzt kann man natürlich sagen: Sauerei, der Tirol-Insider von Zackzack macht da mit und nennt die beiden hochrangigen weiblichen Politikerinnen nicht, die da mit Mattle und SPÖ-Chef Dornauer an einem Tisch sitzen? Also nennen wir die beiden: Die eine ist Cornelia Hagele, Vizebürgemeisterin von Telfs, sie wird als Landesrätin gehandelt. Die andere ist Innsbrucks Bildungsstadträtin Elisabeth Mayr, ebenfalls mit großen Regierungsambitionen, weil ihre Innsbrucker Fraktion demnächst in Richtung ÖVP auseinanderbricht.

Namenlos lächeln

Aber die ÖVP selbst, die das Foto ausschickt, die nennt die beiden Frauen nicht: 468 Wörter hat die Aussendung zum Foto, doch die beiden Frauen dürfen nichts sagen. Cornelia Hagele und Elisabeth Mayr sitzen daneben und dürfen namenlos lächeln, während sich die beiden Männer vertrauensvoll unterhalten. Es ist die unfreiwillig komische Pointe dieser Posse, dass beim Versuch einer gleichberechtigten Darstellung zum Verschleiern der wahren Macht- und Politikverhältnisse zwischen Männern und Frauen in Tirol dann gerade so ein Bild herauskommt.

Mattles Ehefrau bäckt Kuchen für Journalisten und wartet bis spät abends, dass ihr Mann aus Innsbruck ins abgelegene Galtür heimkommt und ihr von seinem Tag erzählt, konnte man jüngst lesen. Und Georg Dornauer hat der SPÖ-Parteichefin ausrichten lassen, ihr Doppelname sei im Wahlkampf hinderlich.

Frauen gehen leider leer aus

Es ist kein Wunder, dass eine von diesen beiden Politikern geführte Koalition so ein Pressefoto produziert, ohne dass irgendjemand sagt: Hey, sollten wir vielleicht die beiden Frauen auch was sagen lassen? Schlimmer für die Tiroler Frauen ist aber, was sie sich von der neuen Landesregierung erwarten können: Nämlich nichts außer Blumen zum Muttertag.

Der Tirol-Experte ist ein Insider, der sich regelmäßig aus Tirol zu Wort meldet und die Landespolitik analysiert. Er bleibt anonym.

Titelbild: ZackZack/Christopher Glanzl, Montage

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16 Kommentare

  1. Ein Schelm der böses dabei denkt 🙂 …. Und wer wundert sich da wirklich? Die beiden Verlierer dieser Wahl machen sich jetzt ganz wichtig und werden das Land Tirol keinen Schritt weiter bringen. In diesem Fall “leider” wird es auch keine rote Klientellpolitik geben, denn Herr Dornauer wäre bei den schwarzen oder blauen viel besser aufgehoben. Als Sozialist geht er auf keinen Fall durch. Als Tiroler*innen haben wir das Pech an dieser uralten “schwarzen Pampe” zu kleben….. Ich dachte immer dass es nicht schlimmer werden kann als unter diesem komischen Sesselkleber Platter – aber wie man sieht – es geht noch viel schlimmer!!

    • Die Paten von Tirol wollen eben Teile des Vokles klein halten. Und solche geistigen Nichtschwimmer wie der Dornauer helfen dabei doch gern.

  2. Unser Hoamatl… Das Foto zeigt eindrucksvoll, was der Duden unter Beiwagerl versteht:
    *An den Rahmen eines Motorrades(1) angebrachtes Teilfahrzeug zur Mitnahme einer Person oder von Lasten(2)*
    1 = Mann, wichtiger Entscheidungsträger, Bauer Wirt, Bürgermeister, Landeshauptmann…
    2 = Frau Pröll o.ä. als Vorbild, jedenfalls stumm, lieb, nett, adrett, unterwürfig, Jasager, die die nichtgewürdigten Lasten schleppen darf: Köchin, Putzfrau, Kindererzieherin, still, verweinte überschminkte Augen, immer lächelnd. Das österreichische Familienidyll im 3. Jahrtausend.

  3. Oh, eine schöne und gehaltvolle Gegenüberstellung von Bild:Text:Realien. Danke dafür.

    Beim Lesen bin ich immer mehr in den Film “Saving private Ryan” gerutscht. Dieser Film um den D-Day zeigt auch Frauen. Aber sie kommen nie zu Wort, sie haben einfach nichts zu sagen. Sie sind Ausführende im Hintergrund. Das ist durchaus auch eine Botschaft. 80 Jahre zurück und Krieg: Da haben Frauen einfach nichts zu reden. Und nun kommen Frauen ins Bild: Ansonsten blieb alles gleich.

    Es ist traurig. Es ist erbärmlich.

  4. Dümmlich grinsende Quotenfrauen, schreckliches Bild, da fehlt nur mehr der “Jacobs Monarch” und das 70 iger Jahre Kaffeeservice…..

    • Diese Quotenfrauen sind eine Beleidigung für jede Frau, egal ob in der Politik oder in sogenannten “Vorzeigefirmen”. Es gibt genug Frauen die so etwas nicht nötig haben und sich meiner Meinung nach auch für so etwas schämen oder ärgern.

  5. Als Tiroler muss ich schon sagen, dass ich es super schade finde, dass die progressive feministische Politik der Grünen jetzt mit ihrem Rauswurf aus der Regierung ein Ende findet. Ich muss heulen, weil der “Anstand” nicht mehr in der Regierung sitzen wird (hoffentlich).

    Nur für die langsamen Grün-Anhänger, das war von mir sarkastisch gemeint.

    Frau Felipe kommt in dem Artikel ja auch nicht gut weg, oder habe ich das falsch verstanden?

    Aber ja, als Roter tut es schon weh, dass die SPÖ in Tirol wieder mit dem Schwarzen im Bett liegt. Aber immer noch besser als mit den Grünen, nur meine Meinung.

    • Es wäre auch ohne die Verwelkten möglich gewesen die Schwarzen auf die Strafbank zu schicken. Aber der Sellrainer Dorfjäger steckt eben gern beim Matt(sch)le im Hinterteil. Und diese Eli Mayr bestätigt bereits in Innsbruck ihre Unfähigkeit.

    • Alles, außer eine Zusammenarbeit mit den Blaunen, wäre besser wie die VP in Tirol in der Regierung.
      Aber die Oppositionsparteien sind leider feig.

  6. Wie heute in der TT( TrottelTimes) zu lesen ist, wird die “neue” Landesregierung als SchwarzRot am 25.10.2022 bestätigt,
    Vielen, vielen Dank Hr. Dornauer, Dank Ihrem “tollen” Einsatz beim Kriechen in den A…h vom Toni Matt(sch)le und den Granden der Tiroler Mafia,geht das Verarschen der Tiroler weiter. Sie als “Jäger” hätten es zusammen mit der FPÖ, der Liste Fritz und den Neos in der Hand gehabt, die Schwarze Mafia “abzuschiessen” zusammen mit den grünen Helfern auf die Strafbank zu schicken. Ihnen ist aber das eigene, dreckige Hemd wichtiger und näher als die Tiroler Bevölkerung.

      • Bleib beim Höhle/Loch graben, aber mach Dich nicht immer mit deinen ewig gestrigen Kommentaren wichtig.

          • Da ich nicht Blau wähle, sind nicht meine BlauBraunen die den Schwarzen die”Stange” halten, es sind Deine RotBraunen die die Mafia amLeben erhalten. Um irgend ein Pöstchen zu erhalten biedern sie sich gleich wie die jetzt ziemlich Welken den Paten von Tirol an. Sie hätten die Möglichkeit gehabt mit den anderen Parteien auf augenhöhe zu regieren, aber sie sind lieber die Steigbügelhalter für Matt(sch)le und Konsorten. Aber was sollten wir den vom Sellrainer Dorfkaiser anderes erwarten? Vielleicht ist er ja auch über die Agrargemeinschaft von der Famiglia abhängig? Who Knows.

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