Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl hat den 100 reichsten Österreichern einen Brief geschrieben und sie aufgefordert, sich öffentlich für eine Vermögenssteuer einzusetzen.
Wien, 08. November 2022 | Die laut „trend“-Magazin 100 reichsten Menschen in Österreich haben am Montag Post von Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl bekommen. Darin konfrontiert Anderl sie mit der Vermögens- und Steuerlastverteilung in Österreich: 100 Menschen in Österreich haben so viel Vermögen wie 5,5 Millionen Menschen in Österreich, unter ihnen auch 1,5 Millionen arme oder armutsgefährdete Personen. Gleichzeitig stammen knapp 85 Prozent des Staatsbudgets aus Steuern auf Konsum und Arbeit, aber nur 1,4 Prozent aus vermögensbezogenen Steuern. „Das ist auch im internationalen Vergleich sehr wenig“, schreibt Anderl.
Die Pipifax-Steuern, die die Reichen derzeit zahlen, sind nicht gerecht. Da geht mehr. Deshalb bekommen die 100 Reichsten Post von mir. Ich lade sie ein, sich gemeinsam mit der @Arbeiterkammer für ein gerechtes Steuersystem auszusprechen. #FAIRsteuern #SomussSozialstaat pic.twitter.com/1xyp0yiePp
— Renate Anderl (@renate_anderl) November 7, 2022
Appell an die Vermögenden
In ihrem Brief fragt Anderl ganz offen, ob die reichsten 100 gerne mehr beitragen wollen: „Um die zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen, sind wir alle gefordert – vor allem jene, die es sich leisten können. In einer gerechten, solidarischen Gesellschaft gebe es keine Armut. „In einer solidarischen Gesellschaft müssen die Wenigen mit sehr viel Vermögen mehr zum allgemeinen Wohlstand beitragen“, schreibt Anderl und appelliert für eine Vermögenssteuer „auf Basis international anerkannter Vermögenskonzepte und Bewertungsregeln“. Das brächte jährlich etwa 5 Milliarden Euro mehr, so Anderl. „Aus diesem Grund würde ich mich sehr freuen, wenn Sie öffentlich und gegenüber der Politik erklären, dass Sie es gerecht finden, wenn Reiche künftig mehr Steuern bezahlen als bisher.“
Kein „Charity-Staat“
Sie wolle nicht in einem „Charity-Staat“ wie den USA oder Großbritannien leben, in dem „soziale Sicherheit von privatem Wohlwollen abhängt und nicht für alle als Menschenrecht gewährleistet ist.“ Österreich brauche Geld für bessere Schulen, bessere Gesundheitsversorgung, für die Pflege, den Klimaschutz und zur Absicherung Arbeitsloser. „Mehr Sozialstaat bedeutet mehr Sicherheit für alle, er stärkt den sozialen Frieden und ermöglicht ein gutes Zusammenleben für alle“, so Anderl. Dieser läge bestimmt auch den reichsten Österreichern am Herzen.
Von Reichen und Armen
Auf der „trend“-Liste der reichsten Österreicher sind Familien neben Einzelpersonen aufgeführt. Auf Platz 1 liegt der Familien-Clan Porsche und Piëch (Vermögen von 41,6 Milliarden Euro), dahinter lag bis zu seinem Tod im Oktober auf Platz 2 und damit als reichste Einzelperson Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz (Vermögen von 24,9 Milliarden Euro). Den Großteil seines Vermögens erbt laut „trend“ nun sein einziger Sohn Mark. Auf Platz 3 liegen mit ordentlichem Abstand Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg, die hinter Zuliefer-Unternehmen für die Automobil- und Maschinenbauindustrie stehen (Vermögen von 6,4 Milliarden Euro). Auf Platz 4 liegen die Erben von Billa-Gründer Karl Wlaschek (Vermögen von 5,4 Milliarden Euro), dahinter auf Platz 5 der Bauunternehmer und Investor Georg Stumpf (Vermögen von 5 Milliarden Euro).
Im krassen Gegenteil dazu stehen die Steckbriefe fünf armer oder armutsgefährdeter Personen, die Anderl ihren Briefen beigelegt hat. Aufgrund von Schicksalsschlägen müssen sie sich und teils auch Kinder mit unter 1.400 Euro monatlich versorgen.
(pma)
Titelbild: TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com