Freitag, April 19, 2024

Unterbringungs-Streit: Keine Einigung nach Asyl-Sondergipfel

Unterbringungs-Streit:

Das spontane Gespräch zwischen Ländern und Innenminister Gerhard Karner am Mittwochabend hat keine Einigung im Streit um die Unterbringung Geflüchteter gebracht. Immerhin könnte es nun Unterstützung für private Quartiergeber geben.

Wien, 10. November 2022 | Ein Gespräch zwischen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und den Landeshauptleuten hat am Mittwochabend noch kein greifbares Ergebnis zur Unterbringung von geflüchteten Menschen gebracht. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) pochte darauf, dass seine Kollegen ihre Vorgaben aus der Bund/Länder-Vereinbarung einhalten. Denn bisher erfüllen nur Wien und Burgenland die Unterbringungsquote, sogar zu über 100 Prozent.

„Einhellige politische Willensbildung erzielt“

Aus dem Innenministerium hieß es Mittwochabend auf APA-Anfrage, man sei dankbar, dass eine einhellige politische Willensbildung darüber erzielt werden konnte, alles zu tun, um kurzfristig Obdachlosigkeit zu verhindern und mittelfristig auf europäischer Ebene klare Akzente gegen “die derzeitige Aushöhlung des Asylsystems zu setzen”.

Derzeit kommen durch Visa-Freiheit in Serbien unüblich viele Inder und Nordafrikaner über die Balkan-Route nach Österreich. Diese reisen zwar zum größten Teil weiter, stellen aber bei einem Aufgriff Asylanträge und beschäftigen so die Behörden und brauchen zumindest vorübergehend Unterkünfte. Dazu kommt, dass der größte Teil der Grundversorgung derzeit von Vertriebenen aus der Ukraine in Anspruch genommen wird.

Unterstützung für private Quartiergeber

Immerhin wurde ein “Teuerungsausgleich” besprochen, um private Quartiergeber zu entlasten – eine von Hilfsorganisationen wie der Asylkoordination längst geforderte Maßnahme. Denn der größte Teil von Ukrainern in der Grundversorgung ist bei privaten Unterkunftgebern untergebracht, die dadurch nach Monaten nicht zuletzt durch die allgemeine Teuerung stark belastet sind. Details zu diesem ergänzenden Teuerungsausgleich sollen folgen.

Zwist um die Quote

Derzeit ist das gesamte System von Wien abhängig, das seine Vorgabe in der Grundversorgung zu 182 Prozent erreicht, zuletzt auch noch ein Quartier für 350 ukrainische Geflüchtete im Hotel de France in der Innenstadt eröffnete. Außer der Bundeshauptstadt hat nur das Burgenland die an sich verbindliche Aufnahmequote erfüllt. Mehrere andere Länder hinken weit hinter den Vorgaben zurück, speziell Tirol und Kärnten.

In manchen anderen Nachzügler-Ländern wie Vorarlberg und Oberösterreich wurden zuletzt wieder mehr Quartiere geschaffen. Oberösterreichs zuständiger Landesrat Wolfgang Hattmansdorfer (ÖVP) ist dennoch unzufrieden. Bezüglich der Berechnung der Länderquoten forderte er Klarheit, und betonte, dass einzig die Berechnung ohne vertriebene Ukrainer logisch sei. Ein Großteil der vertriebenen Ukrainer sei in den östlichen Bundesländern untergebracht, was die Quote zu deren Gunsten beeinflusse. Tatsächlich ist es so, dass die Ukrainer durch ihren Sonderstatus im Gegensatz zu Asylwerbern nicht beliebig im Bundesgebiet verteilt werden können. Offenbar bleibt der Großteil lieber in Wien und Umgebung.

Bundeskapazitäten am Anschlag

Das Hauptproblem besteht jedenfalls darin, dass dem Bund die Kapazitäten ausgehen. Tatsächlich ist es so, dass bei der letzten großen Fluchtbewegung von 2015 deutlich mehr Plätze zur Verfügung standen als jetzt. Laut Berechnung der Asylkoordination waren es rund 15.000 mehr. Das würde nahelegen, dass durchaus noch Kapazitäten zur Verfügung stünden, um die von der Bundesbetreuungsagentur (BBU) befürchtete Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Recht viel tun können BBU und Innenministerium aktiv nicht, denn das Durchgriffsrecht gegenüber den Ländern, das die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei der Fluchtbewegung von 2015 hatte, ist längst ausgelaufen.

Traiskirchen stark überfüllt

Zu leiden hat auch das überfüllte Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Die Situation dort droht laut Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) “trotz der monatelangen Verbesserungszusagen des Innenministeriums nunmehr völlig zu eskalieren”. Innenminister Karner wurde vom Stadtchef am Mittwoch per Aussendung aufgefordert, leerstehende Bundesressourcen zu öffnen. Zudem sollten freie Kapazitäten in Kasernen herangezogen werden.

(pma/apa)

Titelbild: HERBERT P. OCZERET / APA / picturedesk.com

Pia Miller-Aichholz
Pia Miller-Aichholz
Hat sich daran gewöhnt, unangenehme Fragen zu stellen, und bemüht sich, es zumindest höflich zu tun. Diskutiert gerne – off- und online. Optimistische Realistin, Feministin und Fan der Redaktions-Naschlade. @PiaMillerAich
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12 Kommentare

  1. Wer genau hinschaut, stellt fest dass dieses ganze Theme nur benutzt wird um den Wähler*Innen Sand in die Augen zu streuen. Ablenken von den Problemen die unsere zerstrittenen PolitikerInnen nicht lösen wollen oder können. Postenschacher und Korruption. Ausverkauf Österreichs für Betongold an allen Ecken. Ich bin ein Kind der großen “Jugo-Welle” — gar nichts hat es uns getan und viele “gute Österreicher” sind uns geblieben. Mensche die zu uns kommen weil sie zu Hause keine Zukunft sehen sollten wir schnell und unkompliziert in unsere Gesellschaft integrieren. Wir brauchen jede fleißige Hand ganz dringend!! Okay, bleibt das “Gsindel” das dann für die Berichterstattung herhalten muss. Die Hälfte davon sind Österreicher. Ist sicher ein Problem und muss eine Gesellschaft wie unsere aushalten und Lösungen finden. Aber “Ausländerfeindlichkeit” geht in Österreich gar nicht. Wer seinen Stammbaum durchforstet wird feststellen, dass auch er/sie vor einigen Generationen noch ein Ausländer war.

  2. Innenministerium im Alleingang höhere Kostenersätze versprochen ohne demokratischen Parlamentsbeschluss. Und der Bundespräsident 220 Mio. Beim Klimagipfel im Urlaubsort Ägypten. Ja der Hofer hat gesagt „sie werden sich noch wundern was alles geht“ und wurde kritisiert!

  3. Man braucht nur die ganzen Marokkaner Afrikaner Afghanen und alle anderen die kein Recht haben auf Asyl abschieben dann ist Platz genug.

    • So geht Integration. Scheinheiligkeit, wir sind gegen Massenquartiere und bieten keine Alternativen.
      Und wir maschieren mit Nazis, bravo, gut gemacht, Vorbild.
      Wo sind die alternativen Quartiere?
      Worum geht’s dem SPÖ -Bürgermeister, um die nächste Wahl? Mit SPÖ hat das nichts mehr zu tun, schämt euch.
      Und den Leichtfried kann man gleich mit verwurschten.

  4. Jetzt werden sich die privaten nö. Elendsquartiergeber (Rückblick zum Skandal mit den ausländischen Pflegekräften und Erntehelfersklavenarbeitern) wieder eine goldene Nase verdienen.

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